Impfnachweis und Bußgeld Zweite Stufe der Masernimpfpflicht: Diese Details müssen Ärzte kennen

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Privatrechnung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Bereits seit März ist die Masernimpfung Voraussetzung für den Kita- und Schulbesuch von Kindern. Bereits seit März ist die Masernimpfung Voraussetzung für den Kita- und Schulbesuch von Kindern. © maxbelchenko – stock.adobe.com

Seit dem 1. August gilt in Deutschland die zweite Stufe des Masernschutzgesetzes – und damit eine uneingeschränkte Impfpflicht gegen Masern. Niedergelassene Ärzte sind doppelt betroffen: Einerseits müssen sie Impfnachweise ausstellen, andererseits ungeimpftes Personal dem Gesundheitsamt melden.

Das Masernschutzgesetz hat erstmals seit langer Zeit wieder eine staatlich verfügte Impfpflicht eingeführt, wie dies in der Vergangenheit in Deutschland bisher nur bei der Pockenschutzimpfung der Fall war. Aufgrund der Nachweispflicht können auf die Praxen Bescheinigungsanforderungen zukommen, die man aber – zumindest in einigen Fällen – gesondert in Rechnung stellen kann (s.u.)

Wer muss den Impfschutz nachweisen?

Nach dem Gesetzestext müssen bereits seit dem 1. März 2020 alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr beim Eintritt in die Schule bzw. den Kindergarten die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Masernimpfungen vorweisen. Auch bei der Betreuung durch eine Tagesmutter muss in der Regel ein Nachweis erfolgen. Gleiches gilt für Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen oder medizinischen Einrichtungen tätig sind, etwa Erzieher, Lehrer, Tagepflegepersonen sowie medizinisches Personal und damit auch Ärzte und ihre Angestellten. Medizinisches Praxispersonal, das ab dem 1. März 2020 eingestellt wurde, musste sogar in jedem Fall einen ausreichenden Impfschutz gemäß der STIKO-Empfehlungen bzw. eine Immunität gegen Masern nachweisen. Lediglich für Mitarbeitende, die schon länger beschäftigt sind, endete diese Frist nun am 31. Juli 2022.

Weiterhin sind aber Personen, die vor 1970 geboren sind, von der Nachweispflicht ausgenommen. Asylbewerber und Flüchtlinge müssen den Impfschutz vier Wochen nach Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft nachweisen. Personen, die aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht an Schutzimpfungen oder an anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilnehmen können, sind von der (Pflicht-)Teilnahme an Schutzimpfungen oder an anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe befreit.

Wann droht ein Bußgeld?

Die Umsetzung des Gesetzes bei Kindern und Jugendlichen ist bisher keine besondere logistische Herausforderung gewesen, da die Durchimpfung der betreffenden Personen z.B. durch die im Abschnitt II 1.7.1 des EBM vorgesehenen Früherkennungsmaßnahmen gesichert ist. Eltern, die sich dieser Maßnahme bisher entzogen haben, dürften nach der strikten gesetzlichen Vorgabe kaum die Möglichkeit erhalten haben, ihre Kinder ohne Impfnachweis in einer Kita unterzubringen oder in einer Schule anzumelden. Dies insbesondere auch deshalb, weil eine solche Verweigerung nun als Ordnungswidrigkeit eingestuft und mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 2.500 Euro belegt werden kann. Die Geldbuße kann sogar gegen die Leitung von Kindertagesstätten verhängt werden, die nicht geimpfte Kinder zulassen. Auch bei nicht geimpftem Personal in Gemeinschaftseinrichtungen, Gesundheitseinrichtungen und Asylbewerberunterkünften sowie bei nicht geimpften Bewohnern solcher Unterkünfte kann ein Bußgeld fällig werden.

Wie kann der Nachweis geführt werden und was ist dabei zu beachten?

Da Impfbescheinigungen auch von niedergelassenen Ärzten ausgestellt werden dürfen, ist davon auszugehen, dass Arztpraxen erneut mit solchen Anforderungen konfrontiert werden. Laut Gesetzesvorgabe kann ein Nachweis durch den Impfausweis, das gelbe Kinderuntersuchungsheft oder – insbesondere bei bereits erlittener Krankheit – ein ärztliches Attest erbracht werden.

Da der Eintrag der Masernimpfung in den Impfpass, das Untersuchungsheft oder das unmittelbare Ausstellen einer Impfbescheinigung Bestandteil des Impfhonorars ist, kann dies nicht gesondert berechnet werden. In allen anderen Fällen ist das hingegen keine Kassenleistung und eine Impfbescheinigung oder ein Attest, das wegen einer Erkrankung von der Impfpflicht befreit, kann privat nach GOÄ in Rechnung gestellt werden. In der amtlichen Begründung zum Masernschutzgesetz ist hier erfreulicherweise eine klare finanzielle Vorgabe zur Abrechnung einer solchen Leistung enthalten (s. Tabelle).

Dabei wird auch die Sonderstellung bei Erwachsenen berücksichtigt, die zum impfpflichtigen Personenkreis zählen. Konkret sind das alle Personen, die nach 1970 geboren sind und einen Beruf ausüben, der sie mit vielen Menschen in Berührung bringt. Arbeitgeber werden, um sich selbst abzusichern, hier eher bei der Nachweisforderung „über das Ziel hinausschießen“. Was aber kann man als Ärztin oder Arzt tun, wenn jemand in so einem Beruf tätig ist und einen Impfnachweis liefern muss, aber keine Unterlagen (mehr) hat, die über den Impfstatus verlässlich Auskunft geben?

Dürfen Labornachweise zu Lasten der GKV veranlasst werden?

Der einfachste Weg, einen Masernimpfstatus verlässlich zu klären, ist die Antikörperbestimmung. Hier handelt es sich aber um eine kurative Maßnahme, der mit der Masernimpfung ein präventiver Anlass vorausgeht. Da derartige präventive Antikörperbestimmungen z.B. nur im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge – und dort auch nicht gegen Masernviren – oder in besonderen Fällen bei der Klärung des Impfstatus bei Hepatitis B als GKV-Leistung zulässig sind, muss dem Betreffenden im Zweifel eine Privatrechnung gestellt werden. Auch hier findet sich im amtlichen Begründungstext zum Gesetz eine eindeutige Vorgabe zur Abrechnung (s. Tabelle).

GOÄ

Leistungsbeschreibung

Euro

Faktor

70

Gesonderte Bescheinigung über den Impfstatus in Ermangelung eines Impfausweises und einer Impfbescheinigung nach § 22 IfSG (zum Beispiel wegen Verlust des Dokuments)

 

Gesetzestext (modifiziert):
Die Kosten können nach Nr. 70 (Kurze Bescheinigung oder kurzes Zeugnis, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) der Anlage zur GOÄ (Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen) mit einem Faktor von maximal 2,3 in Rechnung gestellt werden.

5,36

2,30

75

Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses über das Bestehen einer medizinischen Kontraindikation zur Befreiung von einer Masernimpfung

 

Gesetzestext (modifiziert):
Das Einholen einer solchen Bescheinigung kann nach Nr. 75 des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen (ausführlicher schriftlicher Krankheits- und Befundbericht, einschließlich Angaben zur Anamnese, zu dem(n) Befund(en), zur epikritischen Bewertung und gegebenenfalls zur Therapie) mit einem Faktor von maximal 2,3 berechnet werden.

18,05

2,30

Ärztliches Zeugnis über eine serologische Testung auf Masern-Antikörper zum Nachweis einer Immunität

 

Gesetzestext (modifiziert):
Die Kosten können nach Nr. 1 (Beratung), Nr. 5 (kleine körperliche/ symptomenbezogene Untersuchung) und Nr. 250 (Blutentnahme) des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen in Rechnung gestellt werden. Hinzu kommen die Laborkosten für die Serologie im Labor nach der Nr. 4396 für Masern-Antikörper vom Typ Immunglobulin-G des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen.

1

Beratung

10,72

2,30

5

Untersuchung

10,72

2,30

250

Blutentnahme

4,19

1,80

4396

Masern-Antikörper (Speziallabor)

20,11

1,15

Quelle: Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz)

Medical-Tribune-Bericht