Interviews „Die Chancen überwiegen die Risiken“

Autor: Nicole Finkenauer

Referierende der DDG Fortbildung Digitalisierung im Interview: Dr. Oliver Schubert-Olesen, Alexandra Bartl, Claudia Sahm, Diabetesberaterin, Fabian Lechner und Dr. Marcus Rothsching. Referierende der DDG Fortbildung Digitalisierung im Interview: Dr. Oliver Schubert-Olesen, Alexandra Bartl, Claudia Sahm, Diabetesberaterin, Fabian Lechner und Dr. Marcus Rothsching. © Mike Fuchs Fotografie/privat/Thomas Stoll

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft bietet jährlich die „Fortbildung Digitalisierung“ für Ärzt*innen und Diabetesfachkräfte an. Mit dabei: Referierende, die in ihren Vorträgen praxisorientiert über aktuelle Themen in Klinik und Praxis sprechen. Was können die Teilnehmenden von ihnen erwarten? 

Kurzprofile der interviewten Referierenden

  • Dr. Oliver Schubert-Olesen, niedergelassener Diabetologe, Diabeteszentrum Hamburg City
  • Alexandra Bartl, Diabetesberaterin, Gemeinschaftspraxis Renningen
  • Claudia Sahm, Diabetesberaterin, Diabeteszentrum Ammersee
  • Fabian Lechner, Doktorand, Institut für KI in der Medizin, Universität Marburg
  • Dr. Marcus Rothsching, niedergelassener Diabetologe, Diabetologie Dr. Rothsching in Hanau

Welches Thema/welche Themen decken Sie ab?

Dr. Oliver Schubert-Olesen: Die Themen meiner Vorträge sind: „AID im Praxisalltag – Möglichkeiten und Grenzen – Tipps für spezielle Probleme“ und „AID – Teil 2: Sport, Krankheit, spezielle Einstellungen, Stolpersteine im Alltag“

Alexandra Bartl: Digitales Diabetes-Coaching.

Claudia Sahm: Meine Themen: „Datenmanagementsysteme im Überblick”; „Datenschutz im Praxisalltag mit juristischer Begleitung”; „AID-Systeme – Schulung und Beratung bleiben wichtig”

Fabian Lechner: Künstliche Intelligenz in der Medizin mit einem besonderen Fokus auf die Diabetologie der Zukunft. Besonders in der Zusammenführung von Sensordaten und der patientenorientierten Aufklärung kann KI neue Wege eröffnen und Zeit einsparen.

Dr. Marcus Rothsching: Ich spreche in erster Linie über Themen der Telematikinfrastruktur und IT-Sicherheit. Weiteres Thema ist der Datenschutz in all seinen Facetten.

Was möchten Sie den Teilnehmenden vermitteln?

Dr. Schubert-Olesen: AID-Systeme sind eine große Hilfe bei der Behandlung des Typ-1-Diabetes. Nach richtiger Einweisung in das jeweilige System können sehr schöne Therapieerfolge gefeiert werden. Die Nutzerinnen und Nutzer berichten von einer enormen Erleichterung. Aber ist so ein System für jeden geeignet? Für wen eignet sich welches System? Wie kann ich die Nutzerinnen und Nutzer schulen? Das versuche ich in meinen beiden Vorträgen herauszuarbeiten.

Bartl: Coaching ist eine neue Möglichkeit in der Diabetesberatung und Coaching im digitalen Raum eine gute Möglichkeit der ressourcensparenden, engen Begleitung unserer Menschen mit Diabetes.

Sahm: Zusammen mit Dr. Thaysen möchte ich die Wichtigkeit des Datenschutzes aufzeigen, aber auch die Schwere und Angst aus dem Thema nehmen. Diabetes-Technologie ist kein Hexenwerk, löst aber auch nicht alles und Beratung und  Begleitung von Mensch zu Mensch bleiben wichtig.

Lechner: Einen fundierten Einblick in die Welt der KI. Die Digitalisierung hat jeden erreicht, aber wir müssen weiterdenken. Es reicht nicht aus, nur Daten zu erheben und alles zu digitalisieren; wir müssen auch lernen, mit diesen Daten sinnvoll zu arbeiten. Ich hoffe, die Teilnehmenden dazu ermutigen zu können, weiter in Richtung Technik zu denken und sich nicht auf der bisherigen Digitalisierung auszuruhen.

Dr. Rothsching: Ich möchte spannende neue Informationen vermitteln, die nicht Frust, sondern Lust auf die Themen erzeugen. Der Zuhörer oder Teilnehmer soll am Ende der Veranstaltung neue Inhalte und Lösungswege erfahren haben.

Termine und Anmeldung

  • Präsenzveranstaltung in Berlin: 9. November, 9.00 bis 16.00 Uhr (CME-/Fortbildungspunkte beantragt)
  • Webinar: 23. Oktober, 15.30 bis 19.30 Uhr (4 CME-Punkte und 5 Fortbildungspunkte der VDBD AKADEMIE)
  • Präsenzveranstaltung in Berlin: 9. November, 9.00 bis 16.00 Uhr (CME-/Fortbildungspunkte beantragt)

Weitere Informationen/Anmeldung: medical-tribune.de/fortbildung/ddg-fortbildung oder ddg.info/ddg-akademie/fort-weiterbildungswelt-der-ddg-unser-angebot

Organisation durch MedTriX GmbH; die kostenfreie Teilnahme wird ermöglicht durch Unterstützung von Omnipod/Insulet, Roche und Abbott. 

Welche besonders wichtige Erkenntnis/Wissenserweiterung sollen die Teilnehmenden aus Ihrem Vortrag/Ihren Vorträgen mitnehmen?

Dr. Schubert-Olesen: AID-Systeme sind die größte Erfindung für Menschen mit Typ-1-Diabetes nach der Herstellung von Insulin – vorausgesetzt,  das richtige AID-System trifft auf den gut vorbereiteten und geschulten Menschen mit Diabetes!

Bartl: Die Lösung des Problems liegt in unseren Menschen mit Diabetes, wir begleiten und unterstützen sie dabei, diese Lösung für sich zu finden.

Sahm: Die Teilnehmenden sollen in der Lage sein, den roten Faden zu sehen (Datenmanagement-Systeme). Beim Datenschutz helfen Ruhe und Struktur. Und: Gut geplante Abläufe erleichtern die Schulung von AID-Systemen.

Lechner: KI stiehlt keine Jobs und ist nicht nur gefährlich. Unser Gesundheitssystem ist angespannt und wird in den nächsten 10 bis 20 Jahren an die Belastungsgrenze stoßen, mehr als es jetzt bereits tut. Es ist wichtig zu verstehen, dass nur durch die Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen Lösungen erarbeitet werden können, die diese Belastungsgrenze verschieben. KI kann dabei helfen, monotone oder ungeliebte Aufgaben zu übernehmen.

Dr. Rothsching: IT-Systeme und die Telematikinfrastruktur sollen den Arzt unterstützen und den Alltag erleichtern, nicht Frust erzeugen. In Arztpraxen schwingt aber immer das notwendigerweise hohe Niveau des Datenschutzes und der Sicherung, dass keine Daten von Hackern erbeutet werden, mit, sodass ein wenig Arbeit zu diesem Thema leider unvermeidbar ist. Die Teilnehmer sollen lernen, auf was sie achten müssen und ein Gefühl dafür bekommen, welche IT-Themen sie selbst bearbeiten wollen und welche sie an externe Dienstleister abgeben wollen.

Welche Chance und welches Risiko steckt – bezogen auf Ihr eigenes Thema/Ihre eigenen Themen – für Diabetesteams in der Digitalisierung?

Dr. Schubert-Olesen: Jedes Tool birgt – in den falschen Händen – auch Probleme. Daher müssen im Vorfeld Erwartungen abgefragt, Möglichkeiten erklärt werden. Die richtige Schulung ist enorm wichtig. Ebenso die richtige Kenntnis über die Systeme durch die Behandelnden. Dann überwiegen enorme Chancen, für Nutzerinnen und Nutzer sowie Behandelnde!

Bartl: Chance: Effektive, ressourcensparende Begleitung unserer Menschen mit Diabetes. Risiko: Einen vertrauensvollen Kontakt im digitalen Raum aufzubauen, kann herausfordernd sein.

Sahm: Chancen: Durch Fortbildung ein eigenes Profil finden. Technik soll unterstützen, nicht blockieren. Risiko: Perfektion und Angst sind bei meinen Themen die größten Stolpersteine.

Lechner: Chancen: Künstliche Intelligenz kann Diabetesteams dabei unterstützen, frühzeitig Anomalien zu erkennen und rechtzeitig zu intervenieren. Risiken: Es besteht die Gefahr, dass technische Lösungen nicht richtig implementiert werden und dadurch die Aussagenqualität leidet. Außerdem müssen Datenschutz und Datensicherheit stets gewährleistet sein, um das Vertrauen der Patienten nicht zu verlieren.

Dr. Rothsching: Die Chancen überwiegen die Risiken. Ich könnte meine eigene Arztpraxis gar nicht ohne moderne IT-Systeme führen. Alleine schon die hohe Behandlungsfrequenz, die heute vorherrscht, erfordert eine schnelle und gut funktionierende IT. Wenn man die Klippen und Fallen zum Thema Datenschutz, Telematik-Infrastruktur und IT-Sicherheit kennt, dann sind die Risiken überschaubar.