Arzt von Lokalpresse diskreditiert
Jetzt hat es Dr. Detlef Wassmann zum dritten Mal erwischt: Unter Nennung des vollen Namens und der Adresse des Hausarztes erscheint in der örtlichen Presse eine Meldung, in der sich ein Bauausschussmitglied der Freien Wählergemeinschaft Sorgen um die Parkplatzsituation vor der Praxis macht. Immer wieder werde da auf dem Seitenstreifen geparkt, was zu Beschädigungen führe. Das Bauausschussmitglied wird zitiert, er rege an, mit dem Allgemeinarzt über einen möglichen Ausbau seiner Parkflächen zu sprechen.
Nicht erklärt wird in der Veröffentlichung, warum der neugewählte Politiker nicht einfach den Kontakt zu dem Arzt gesucht hat, sondern diese Meldung in der Presse lancieren musste. Dr. Waßmann dazu: "Die Auflage war damals, 1990, sieben oder acht Parkplätze bereitzustellen. Wir haben zwölf Parkplätze gebaut – was soll ich machen?"
Einseitige Darstellung ohne Gelegenheit zur Gegenrede
Der erste Vorfall dieser Art ist zwar schon rund 20 Jahre her – aber schön ist das Gefühl für Dr. Waßmann immer noch nicht, wenn er sich daran erinnert, wie er die Tageszeitung aufschlug und in großen Lettern auf der Seite "Lokales" lesen musste: "Waßmann: ‚Dafür komme ich nicht raus‘ – Neu-Ekelser Arzt überließ Patientin ihren Schmerzen"
Auf rund 100 Zeilen breitet die örtliche Zeitung aus, dass der notdiensthabende Hausarzt Dr. Waßmann die Patientin E. J., deren Ehemann sich wegen ihrer "höllischen Schmerzen" im Rückenbereich an den Arzt gewandt habe, mit knappen Worten abgefertigt habe: Für Rückenschmerzen käme er nicht raus.
Dr. Waßmann, der damals von der Zeitung keine Gelegenheit erhalten hatte, seine Sicht auf die Dinge darzulegen, hat die Situation noch gut vor Augen: "Es waren bereits vier Notfallpatienten da, als der Eheman anrief und mich aufforderte, sofort zu kommen, um seiner Ehefrau wegen ihrer Lumboischialgie Diclofenac/Dexa i.m. zu spritzen. Ich habe versucht, den Mann zu überzeugen, zunächst die vorhandenen NSAR oral zu nehmen und abzuwarten."
Ähnliche Wehrlosigkeit ob der einseitigen Darstellung empfand er, als er vor ein paar Jahren Fahrräder von Schülern, die vor seinem Parkplatz in den Schulbus umstiegen, von seinem Parkplatz weg an einen Zaun an der Straße räumte, um die Räder nicht zu einer Gefährdung für seine Patienten werden zu lassen. Die örtliche Tageszeitung habe dann berichtet, dass eine Schülerin ausgesagt habe, er hätte die Fahrräder in den Graben vor seiner Praxis gelegt. Wieder war seitens der Zeitung keine Rücksprache erfolgt.
Widerspruch provoziert erst recht Emotionen
Unabhängig davon, inwieweit die Sachlage damals von der Presse richtig dargestellt wurde – die Frage ist: Was kann ein Arzt tun, wenn er in den Medien mit Veröffentlichungen zu seiner Person konfrontiert ist, die seinem Ansehen schaden können?
Werner Lamers von der Praxisberatung Lamers kennt diese Fragestellung. "In sehr vielen Fällen lautet der beste Rat an den Betroffenen: Füße stillhalten. Jeder Widerspruch und erst recht der Wunsch nach Gegendarstellung provoziert Emotionen und schaukelt damit die Geschichte höher als gewollt."
"Any promotion is a good promotion"
Stattdessen rät der Experte für Praxismarketing, sich ganz souverän für die Kritik zu bedanken und Abhilfe in Aussicht zu stellen. Eine ihm bekannte Praxis habe sich mal selbst leichtfertig den Zusatz "behindertengerecht" verliehen und einer nachfragenden Patientin die zwölf zur Praxis hinführenden Stufen verschwiegen. "Da hilft nur ein ehrlicher und ganz offener Umgang mit der Kritik!"
Sollte die Unterstellung allzu abwegig sein, könne man auch auf eventuelle Missverständnisse verweisen oder eindeutig nachweisbare Sachverhalte geraderücken, um keine Falschdarstellung zu bestätigen.
"Aber in sehr vielen Fällen gilt: Any promotion is a good promotion. Nach einem Jahr wissen die Leute in der Regel nur noch, dass Ihr Praxisname mal in der Zeitung stand – an den Grund dafür können sich die wenigsten erinnern", beruhigt der Praxisberater.
In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem es – zwar über lange Zeitspannen, aber doch wiederholt – zu unglücklichen Situationen kam, könne man auch versuchen, Kontakt mit dem Chefredakteur aufnehmen und nachzufragen, was denn eigentlich los sei. Möglicherweise hat dieser das Problem überhaupt nicht wahrgenommen. Handelt es sich tatsächlich um einen ins Verleumderische gehenden Vorgang, sollte er großes Interesse daran haben, davon zu erfahren. Am besten bietet man dabei gleich ein Kennenlernen an, sodass sich die Redaktion ein vollständigs Bild der Situation der Person machen kann. Geht es dann um eine schwerwiegende Form von Ansehensschädigung, ist die Redaktion vielleicht bereit, eine Richtigstellung zu schreiben.
Andernfalls gibt es die Möglichkeit, eine Gegendarstellung von der Zeitung zu verlangen. Ein Anspruch darauf besteht nach Landespresserecht, wenn eine Tatsache in Presse, Rundfunk oder Internet behauptet wurde und seitens des Betroffenen ein berechtigtes Interesse zur Erwiderung vorliegt. Die Gegendarstellung muss sich dann auf die Tatsachen beziehen, um die es in der Veröffentlichung ging, erklärt die Frankfurter Rechtsanwältin Henriette Marcus. Die Reaktion sollte zeitnah erfolgen und darf weder ausufernd noch irreführend, unwahr oder ihrerseits strafbar sein.
Gegendarstellungen müssen zeitnah erfolgen
Besteht ein Gegendarstellungsanspruch, muss dieser durch den Verlag bald veröffentlicht werden. Daneben können je nach Sachverhalt auch Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche bestehen.
Im Strafgesetzbuch ist darüber hinaus die Ehre geschützt, und zwar über die Paragrafen 185 (Beleidigung), 186 (Üble Nachrede) und 187 (Verleumdung). Da diese Verfahren aber oft wegen geringer Schuld eingestellt werden, bleibt einem Anzeigenerstatter de facto meist nur der kostenintensive Weg einer Privatklage, so Marcus.
Aber ob der juristische Weg nun eine Chance hat oder nicht: Wirklich zurückholen lässt sich eine diskreditierende Aussage auch darüber nicht. In Fällen, die sich so wenig greifen lassen wie bei Dr. Waßmann, ist es deswegen vielleicht das Sinnvollste, den Gerüchten positiv entgegenzutreten: mit seinem eigenen kontinuierlichen Qualitätsanspruch.
Quelle: Medical-Tribune-Recherche