Versicherung Berufshaftpflicht ist nachzuweisen
Für Ärztinnen und Ärzte ist es Zeit, in den Ordnern zu wühlen: Das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz, das am 20. Juli in Kraft trat, verdonnert sie zu einer Berufshaftpflichtversicherung über bestimmte Mindestsummen. Für Einzelpraxen ohne angestellte Ärzte liegt diese bei drei Millionen Euro je Versicherungsfall. Die Leistungen der Assekuranz dürfen für alle innerhalb eines Jahres verursachten Schäden nicht weiter als auf den zweifachen Betrag der Mindestversicherungssumme reduziert werden.
Der Wiesbadener Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Maximilian Broglie empfiehlt Einzelpraxen sogar einen höheren Versicherungsschutz: „Um ruhig schlafen zu können, sollte man sich über fünf Millionen Euro versichern, insbesondere wenn man invasiv tätig ist.“ Er habe schon erlebt, dass Mediziner auf vier bis fünf Mio. Euro verklagt wurden, aber nur mit einer Million abgesichert waren. Das sei eine bittere Situation für alle Beteiligten. Patienten (oder ggf. Sozialversicherungsträger, auf die die Ansprüche übergegangen sind) würden leer ausgehen. Der Arzt könne bis auf die Pfändungsgrenze – auch bei seinen späteren Versorgungsbezügen – gepfändet werden. Oft sei der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung über fünf Mio. Euro nicht teurer als bei drei Millionen. „Eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung ist für Ärzte existenziell“, betont Broglie.
Für Berufsausübungsgemeinschaften, MVZ sowie ermächtigte Einrichtungen gilt nun ohnehin eine gesetzliche Mindestversicherungssumme von fünf Mio. Euro je Versicherungsfall. Die Leistungen des Versicherers dürfen für alle innerhalb eines Jahres verursachten Schäden nicht weiter als auf den dreifachen Betrag der Mindestversicherungssumme reduziert werden.
Fachgebietsbeteiligung der Antragsgegner 2020 | |||
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Niedergelassener Bereich | 1.989 | Krankenhausbereich | 6.205 |
Orthopädie/Unfallchirurgie | 466 | Orthopädie/Unfallchirurgie | 2.033 |
Hausärztlich tätiger Arzt | 274 | Allgemeinchirurgie | 779 |
Augenheilkunde | 200 | Innere Medizin | 489 |
Frauenheilkunde | 167 | Frauenheilkunde | 297 |
Innere Medizin | 144 | Neurochirurgie | 283 |
Allgemeinchirurgie | 119 | Anästhesiologie und Intensivmedizin | 257 |
Radiologie | 102 | Urologie | 209 |
Urologie | 69 | Geburtshilfe | 193 |
HNO-Heilkunde | 63 | Kardiologie | 176 |
Haut- und Geschlechtserkrankungen | 58 | Neurologie | 171 |
Quelle: BÄK, Behandlungsfehler-Statistik der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen 2020 |
Die häufigsten fehlbehandelten Krankheiten 2020 | |||
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Niedergelassener Bereich | 564 | Krankenhausbereich | 1.727 |
C50: BN Mamma | 18 | M17: Gonarthrose | 71 |
M17: Gonarthrose | 15 | S52: Unterarmfraktur | 54 |
S83: Kniebinnenschaden (traumatisch) | 12 | M16: Koxarthrose | 56 |
S92: Fußfraktur [ausg. ob. Sprunggelenk] | 11 | S82: Unterschenkel- und Sprunggelenkfraktur | 47 |
H26: Kataract, sonst. | 11 | S72: Femurfraktur | 41 |
M20: Deformität, Zehen/Finger | 11 | S42: Schulter- und OA-Fraktur | 39 |
M54: Rückenschmerzen | 11 | S62: Hand- und Handgelenkfraktur | 37 |
C34: BN Bronchien | 10 | K80: Cholelithiasis | 33 |
O00: Extrauteringravidität | 9 | K57: Divertikulose des Darmes | 26 |
S62: Hand- u. Handgelenkfraktur | 8 | S32: Beckenfraktur | 25 |
Quelle: BÄK, Behandlungsfehler-Statistik der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen 2020 |
Bescheinigung des Versicherers vorlegen
Ärzte müssen dem Zulassungsausschuss spätestens bis zum 20. Juli 2023 eine Bescheinigung ihrer Assekuranz vorlegen, die den Policenschutz in der geforderten Höhe bestätigt. Andernfalls droht das Ruhen der Zulassung. Die Nachweise können ab sofort eingereicht werden. Einige KVen bieten auf ihren Homepages Mustervorlagen an. Auch das Nichtbestehen oder eine Änderung des Versicherungsstatus müsse angezeigt werden, erklärt Jurist Broglie. Insbesondere wenn Mediziner sich zu einer Berufsausübungsgemeinschaft zusammenschließen und zum selben Anbieter wechseln, würden oft Haftungslücken entstehen. Es sei dringend davon abzuraten, solche unversicherten Zeiträume zu riskieren. Die Bescheinigung muss auch bei neuen Zulassungen sowie bei Ermächtigungen und der Genehmigung von Anstellungen vorliegen. Den Bundesverband Medizinischer Versorgungszentren stört das: „Es ergibt sich ein maßgebliches organisatorisches Problem, weil direkt zum Zeitpunkt der Antragstellung z.B. auf Nachbesetzung eines angestellten Arztes oder bei Bewerbung auf einen freien Sitz die geforderte Versicherungsbescheinigung beizubringen ist“, heißt es auf der Homepage. Broglie schätzt jedoch, dass die Versicherungswirtschaft schnell reagieren wird. Dies sei ein großer Markt, gibt er zu bedenken. Noch bis zum 20. Januar 2022 können der GKV-Spitzenverband, die Bundesärzte- und die Bundespsychotherapeutenkammer höhere Mindestversicherungssummen verhandeln. Es ist unklar, ob sie hiervon Gebrauch machen werden.Medical-Tribune-Bericht