Versicherung Berufshaftpflicht ist nachzuweisen

Praxismanagement , Geld und Steuern Autor: Isabel Aulehla

Hausärzte sind – für ambulante Verhältnisse – oft in Verfahren um Behandlungsfehler verwickelt. Hausärzte sind – für ambulante Verhältnisse – oft in Verfahren um Behandlungsfehler verwickelt. © iStock/yavdat

Damit Patienten nach Behandlungsfehlern nicht leer ausgehen, ist die Berufshaftpflicht nun gesetzlich geregelt. Ein Medizinrechtler rät, die Versicherungssumme noch ein gutes Stück höher anzusetzen als vorgeschrieben.

Für Ärztinnen und Ärzte ist es Zeit, in den Ordnern zu wühlen: Das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz, das am 20. Juli in Kraft trat, verdonnert sie zu einer Berufshaftpflichtversicherung über bestimmte Mindestsummen. Für Einzelpraxen ohne angestellte Ärzte liegt diese bei drei Millionen Euro je Versicherungsfall. Die Leistungen der Assekuranz dürfen für alle innerhalb eines Jahres verursachten Schäden nicht weiter als auf den zweifachen Betrag der Mindestversicherungssumme reduziert werden. 

Der Wiesbadener Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Maximilian Broglie empfiehlt Einzelpraxen sogar einen höheren Versicherungsschutz: „Um ruhig schlafen zu können, sollte man sich über fünf Millionen Euro versichern, insbesondere wenn man invasiv tätig ist.“ Er habe schon erlebt, dass Mediziner auf vier bis fünf Mio. Euro verklagt wurden, aber nur mit einer Million abgesichert waren. Das sei eine bittere Situation für alle Beteiligten. Patienten (oder ggf. Sozialversicherungsträger, auf die die Ansprüche übergegangen sind) würden leer ausgehen. Der Arzt könne bis auf die Pfändungsgrenze – auch bei seinen späteren Versorgungsbezügen – gepfändet werden. Oft sei der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung über fünf Mio. Euro nicht teurer als bei drei Millionen. „Eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung ist für Ärzte existenziell“, betont Broglie. 

Für Berufsausübungsgemeinschaften, MVZ sowie ermächtigte Einrichtungen gilt nun ohnehin eine gesetzliche Mindestversicherungssumme von fünf Mio. Euro je Versicherungsfall. Die Leistungen des Versicherers dürfen für alle innerhalb eines Jahres verursachten Schäden nicht weiter als auf den dreifachen Betrag der Mindestversicherungssumme reduziert werden.

Fachgebietsbeteiligung der Antragsgegner 2020
Niedergelassener Bereich
1.989
Krankenhausbereich
6.205
Orthopädie/Unfallchirurgie466Orthopädie/Unfallchirurgie2.033
Hausärztlich tätiger Arzt274Allgemeinchirurgie779
Augenheilkunde200Innere Medizin489
Frauenheilkunde167Frauenheilkunde297
Innere Medizin144Neurochirurgie283
Allgemeinchirurgie119Anästhesiologie und Intensivmedizin257
Radiologie102Urologie209
Urologie69Geburtshilfe193
HNO-Heilkunde63Kardiologie176
Haut- und Geschlechts­erkrankungen58Neurologie171
Quelle: BÄK, Behandlungsfehler-Statistik der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen 2020

Die häufigsten fehlbehandelten Krankheiten 2020
Niedergelassener Bereich
564
Krankenhausbereich
1.727
C50: BN Mamma18M17: Gonarthrose71
M17: Gonarthrose15S52: Unterarmfraktur54
S83: Kniebinnenschaden (traumatisch)12M16: Koxarthrose56
S92: Fußfraktur [ausg. ob. Sprunggelenk]11S82: Unterschenkel- und Sprunggelenkfraktur47
H26: Kataract, sonst.11S72: Femurfraktur41
M20: Deformität, Zehen/Finger11S42: Schulter- und OA-Fraktur39
M54: Rückenschmerzen11S62: Hand- und Handgelenkfraktur37
C34: BN Bronchien 10K80: Cholelithiasis33
O00: Extrauteringravidität9K57: Divertikulose des Darmes26
S62: Hand- u. Handgelenkfraktur8S32: Beckenfraktur25
Quelle: BÄK, Behandlungsfehler-Statistik der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen 2020

Bescheinigung des Versicherers vorlegen

Ärzte müssen dem Zulassungsausschuss spätestens bis zum 20. Juli 2023 eine Bescheinigung ihrer Assekuranz vorlegen, die den Policenschutz in der geforderten Höhe bestätigt. Andernfalls droht das Ruhen der Zulassung. Die Nachweise können ab sofort eingereicht werden. Einige KVen bieten auf ihren Homepages Mustervorlagen an. Auch das Nichtbestehen oder eine Änderung des Versicherungsstatus müsse angezeigt werden, erklärt Jurist Broglie. Insbesondere wenn Mediziner sich zu einer Berufsaus­übungsgemeinschaft zusammenschließen und zum selben Anbieter wechseln, würden oft Haftungslücken entstehen. Es sei dringend davon abzuraten, solche unversicherten Zeiträume zu riskieren. Die Bescheinigung muss auch bei neuen Zulassungen sowie bei Ermächtigungen und der Genehmigung von Anstellungen vorliegen. Den Bundesverband Medizinischer Versorgungszentren stört das: „Es ergibt sich ein maßgebliches organisatorisches Problem, weil direkt zum Zeitpunkt der Antragstellung z.B. auf Nachbesetzung eines angestellten Arztes oder bei Bewerbung auf einen freien Sitz die geforderte Versicherungsbescheinigung beizubringen ist“, heißt es auf der Homepage. Broglie schätzt jedoch, dass die Versicherungswirtschaft schnell reagieren wird. Dies sei ein großer Markt, gibt er zu bedenken.  Noch bis zum 20. Januar 2022 können der GKV-Spitzenverband, die Bundesärzte- und die Bundespsychotherapeutenkammer höhere Mindestversicherungssummen verhandeln. Es ist unklar, ob sie hiervon Gebrauch machen werden.

Medical-Tribune-Bericht