Burnout bei zu hohen Ansprüchen an sich selbst

Autor: Judith Setz, Foto: thinkstock

Während Burnout früher als klassische Managerkrankheit galt, kann es heute jeden treffen. Laut einer Studie ist jeder vierte Erwerbstätige ziemlich oder sogar stark erschöpft.

"Vereinfacht gesagt entsteht ein Burnout aus einem Missverhältnis zwischen den täglichen Anforderungen und den eigenen Ressourcen", erklärt Dr. Andreas Canziani, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie in Zürich.


Die drei Stufen 
zum Burnout

Stufe 1: Erste Anzeichen der Erschöpfung

  • Vermehrte Arbeitsaktivität
  • Leichte Reiz- und Kränkbarkeit
  • Reduzierte Leistungsfähigkeit
  • Schlafstörungen
  • Kopfschmerzen, Tinnitus


Stufe 2: Voranschreitende Erschöpfung

  • Alles dreht sich nur noch um die Arbeit
  • Rückzug von Familie und Freunden
  • Ohnmachtsgefühle, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme
  • Aggressive Ausbrüche


Stufe 3: Burnout

  • Leistungsabfall, Erschöpfung, Apathie
  • Soziale Isolation
  • Depressionen, schwindender Lebensmut, Suizidgefahr


Oft sind es äußerst engagierte Mitarbeiter mit hohen Ansprüchen an sich selbst, die «auszubrennen» drohen. Erste Anzeichen werden von den Betroffenen jedoch meistens verdrängt. Denn zu groß ist die Furcht, vom Umfeld als nicht belastbar wahrgenommen zu werden.

Langanhaltende Überforderungssituation als Ursache

"Die Quelle des Burnouts ist häufig eine langandauernde Überforderungs­situation», so Dr. Canziani. "Faktoren wie Angst um den eigenen Arbeitsplatz, zu hohe Erwartungen an sich selber oder an andere oder eine Beschleunigung der Arbeitswelt spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung eines Burnouts."


Das Burnout beginnt oftmals mit einem gros­sen Engagement und dem Willen, die eigene Leistungsfähigkeit um jeden Preis aufrechtzuerhalten, koste es, was es wolle. Diese hohe Belastung, gepaart mit großem Engagement und wenig Erholungsphasen, überfordert früher oder später.


"Doch längst nicht jede vorübergehende Überlastung am Arbeitsplatz führt zu einem Burnout", betont der Psychiater. "Auch konflikthafte Auseinandersetzungen mit Vorgesetzten oder Mobbing löst nicht zwingend ein Burnout aus. Ausschlaggebend sind die Persönlichkeitsstruktur eines Menschen sowie die Dauer der Belastung."


Burnout-Kurzcheck

Beantworten Sie folgende Fragen. Wenn Sie drei oder mehr mit „JA“ beantworten, sind Sie wahrscheinlich Burnout-gefährdet. Das heisst jedoch nicht, dass Sie bereits an einem Burnout leiden.
Sie haben jedoch ein höheres Risiko, daran zu erkranken.


  • Haben Sie hohe berufliche Ziele und sind bereit, viel Zeit und Engagement dafür zu opfern?

  • Sind Pausen für Sie ein Zeitverlust?

  • Haben Sie Mühe damit, Nein zu sagen, wenn jemand Sie um die Erledigung einer Arbeitsaufgabe bittet, obwohl Sie im Moment mehr als ausgelastet sind?

  • Müssen Sie auch im Privatleben, z.B. bei der Ausübung eines Hobbys, möglichst produktiv, leistungsfähig und effizient sein?

  • Schlucken Sie beruflichen oder privaten Ärger und Frust eher herunter als ihn offen und direkt auszusprechen?

  • Schwanken Sie stark in Ihrer arbeitsbezogenen Selbsteinschätzung? Mal halten Sie sich für äusserst fähig und kompetent, ein anders Mal für völlig inkompetent und haben Angst, zu versagen?

Jeder Burnout ist individuell

Die Symptome eines Burnouts sind so verschieden wie die Ursachen, ein einheitliches Krankheitsbild gibt es nicht. "Die Betroffenen wirken erschöpft, können aber auch überaktiv sein", erklärt Dr. Canziani. "Sie sind oft reizbar, ungeduldig oder stur. Entspannte Gespräche über Beruf und Freizeit zu führen, ist kaum mehr möglich.
Ratschläge oder Alarmzeichen wie Schlafstörungen, unspezifische körperliche Beschwerden oder Stimmungstiefs werden oftmals missachtet." Aus Angst um den Arbeitsplatz oder die Karriere zögern die Betroffenen zudem meist lange, Hilfe oder Unterstützung zu suchen.

Verhaltensänderungen direkt ansprechen

"Betrachtet man die Zahlen aus der Studie der Gesundheitsförderung Schweiz, sind burnout-artige Erschöpfungssyndrome in einer alarmierenden Verbreitung vorhanden", so Dr. Andreas Canziani. "Dazu passt, dass die moderne Arbeitswelt für viele Berufsgruppen immer größere Anforderungen an Flexibili­tät und Multitasking-Fähigkeiten stellt und sich die Arbeitnehmer immer schneller an neue Umstände und Technologien anpassen müssen. Längst nicht jeder Mitarbeiter kann damit gleich gut umgehen."


Umso wichtiger ist es deshalb, rechtzeitig zu reagieren, wenn bei einem selbst oder bei einem Mitmenschen die ersten Erschöpfungsanzeichen auftreten. "Sprechen Sie dies unbedingt an, egal ob in der eigenen Familie oder am Arbeitsplatz", sagt Dr. Canziani. Einmal angesprochen, sollten verschiedene Maßnahmen zum Stressabbau besprochen und umgesetzt werden, betont Dr. Canziani: "Dazu gehören ein gesunder Lebensstil sowie eine möglichst konsequente Abgrenzung zwischen dem Arbeits- und dem Privatleben. Nehmen Sie sich Zeit für sich selber und hören Sie auf Ihren eigenen Körper."

So schützen Sie sich 
gegen Burnout:

1. Balance herstellen: Finden Sie ein gesundes Gleichgewicht zwischen beruflicher/privater Belastung sowie Entspannung bzw. Freizeit. Hören Sie auf Ihren Körper.

2. Lernen «Nein» zu sagen: Sagen Sie sowohl im Beruf wie im Privatleben einmal «Nein», anstatt sich für andere aufzuopfern. Delegieren Sie Aufgaben auch mal.

3. Gesunde Lebensweise: Achten Sie auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung. Regelmässige Bewegung hilft zudem, Stress abzubauen.

4. Entspannung suchen: Entspannungstechniken wie z.B. Shiatsu, Meditation, Yoga oder autogenes Training helfen, dem Alltagsstress gelassener zu begegnen. Achten Sie darauf, im Alltag regelmäßig Ruhepausen einzulegen.