Corona mit simplem Asthmaspray aufhalten?

Autor: Birgit Maronde

Laut Studie zeigt das Asthmaspray bei milden Verläufen der Coronaviruserkrankung durchaus Wirkung. (Agenturfoto) Laut Studie zeigt das Asthmaspray bei milden Verläufen der Coronaviruserkrankung durchaus Wirkung. (Agenturfoto) © iStock/Pheelings Media

Man hat sich schon fast daran gewöhnt: Eine Therapiestudie zu COVID-19 liefert positive Ergebnisse und schon wird sie medial gehypt. Inhalative Steroide können die Hospitalisationsrate senken, heißt es. Gemach, gemach, warnen dagegen Experten.

Die offene, randomisierte und kontrollierte Phase-2-Studie zum Einsatz inhalativer Kortikosteroide in der frühen Phase der SARS-CoV-2-Infektion ist durchaus hochrangig publiziert. In einer „Tochter“ des Lancet stellen Dr. ­Sanjay ­Ramakrishnan von der Universität Oxford und Kollegen ihre Ergebnisse vor. Sie hatten 146 erwachsene Patienten, die milde ­COVID-19-Symptome zeigten, entweder standardmäßig behandelt oder ihnen innerhalb der ersten sieben Tage nach Krankheitsbeginn das ICS Budesonid (zweimal täglich 800 µg) verordnet. Das Medikament sollten die Teilnehmer der Verumgruppe solange anwenden, bis sie symptomfrei waren.

Als primärer Endpunkt galten notfallmäßige ärztliche Konsultationen einschließlich Hospitalisationen. Dieser wurde gemäß der Intention-to-treat-Analyse von elf Patienten der Kontrollgruppe (15 %), aber nur von zwei der Budesonidgruppe (3 %) erreicht. Der Unterschied war signifikant. Die number needed to treat, um eine Krankheitsverschlechterung zu verhindern, errechneten die Studienautoren mit acht. Die Zeit bis zur klinischen Erholung verkürzte sich durch die inhalative Therapie von im Mittel acht auf sieben Tage. Persistierende Symptome nach 14 sowie 28 Tagen traten bei den mit Budesonid behandelten Patienten signifikant seltener auf.

Ist also ein banales Asthmaspray der „Gamechanger“ in der Pandemiebekämpfung? Für solch eine Schlussfolgerung ist es viel zu früh, warnen die Deutschen Gesellschaften für Pneumologie und Beatmungsmedizin bzw. Allergologie und klinische Immunologie sowie die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie in einer gemeinsamen Stellungnahme. Die vorliegende Arbeit eigne sich lediglich dazu, Hypothesen zu generieren, da sie einige Schwächen aufweise.

Sauerstoffsättigung und Viruslast ohne Unterschiede

Zum einen war sie nicht verblindet, zum anderen gab es insgesamt nur 146 Teilnehmer, die „über einen auffällig langen Zeitraum (Juli bis Dezember 2020) trotz hoher Infektionszahlen in Großbritannien rekrutiert wurden.“ 16 % der ­COVID-19-Patienten litten an Asthma und profitierten womöglich deshalb von dem ICS. Dessen Dosis lag mit 1600 µg/d in eher unüblichen Regionen. Asthma- und COPD-­Patienten kommen in der Regel mit deutlich niedrigeren Dosierungen aus. Ob diese auch für die Corona­patienten gereicht hätten, wurde in der Studie gar nicht erst getestet, schreiben die Experten. Auch an den Studienendpunkten üben sie Kritik: Diese seien subjektiv geprägt und damit anfällig für einen Placebo­effekt. In den objektiven Parametern Sauerstoffsättigung oder Viruslast hätten sich keine deutlichen Unterschiede gezeigt.

„Derzeit ist von einer breiten ICS-Behandlung abzuraten“

„Im besten Fall gibt die Studie Hinweise, dass die Zeit bis zur klinischen Besserung durch eine Therapie mit inhalativen Kortikosteroiden bei milden bis mittelschweren­ Verläufen möglicherweise verkürzt werden kann“, heißt es in der Stellungnahme. Ob schwere Verläufe der Coronaviruserkrankung oder gar Todesfälle verhindert werden könnten, sei völlig unklar. Derzeit müsse man von einer breiten ICS-Behandlung von COVID-19-Patienten und vor allem von der Selbsttherapie abraten.

Quellen:
1. Ramakrishan S et al. Lancet Respir Med 2021; DOI: 10.1016/S2213-2600(21)00160-0
2. Stellungnahme der DGP, der DGAKI und der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie