IT-Vernetzung macht Ärztenetze erfolgreich
Eine Praxis, ein Telefonanschluss, ein Fax, ein paar Telefone und der Briefkasten um die Ecke – wenn die Versorgung bisher so bestens funktioniert hat, warum sollten sich Arztpraxen jetzt vernetzen? Die Frage ist angesichts des Aufwands und der Risiken, die eine schlechte Vernetzung mit sich bringen kann, berechtigt – trotzdem entscheiden sich immer mehr Praxen dafür, warum?
Praxisberater Jörg Hassenpflug sammelt seit einigen Jahren Erfahrungen mit der Vernetzung von Arztpraxen. Unter anderem ist er seit drei Jahren Geschäftsführer eines Ärztenetzes in der Eifel, zu dem mittlerweile 63 Ärzte in 43 Praxen gehören.
Zu den Zielen des Praxisnetzes gehört es:
- Durch Synergien in Bestellwesen und QM, Vermeidung von Doppeluntersuchungen sowie generell größere Effizienz eine Kostenreduzierung zu erreichen und so die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
- Durch den Aufbau regionalen „Best Practice“-Know-hows, die Implementierung praxisübergreifender Leitlinien sowie ein Qualitätsmonitoring durch Versorgungsstudien Behandlungsabläufe zu verbessern.
- Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen zu können.
- Versorgungsverträge mit Krankenkassen schließen zu können.
Welche Möglichkeiten bietet die gemeinsame elektronische Plattform dem Praxisnetz?
Der erfahrene Praxisberater sieht die entscheidenden Vorteile einer Vernetzung in den Möglichkeiten, die eine gemeinsame IT-Kommunikationsplattform mit sich bringen kann:
1. Sichere gerichtete Kommunikation mit den Mitgliedern des Praxisnetzes. Dazu gehört der E-Mail-Verkehr zwischen den Kollegen sowie mit weiteren abgesicherten Kommunikationsteilnehmern (nicht aber die Kommunikation z.B. mit Patienten, die einen E-Mail-Account bei einem der kostenlosen Anbieter haben).
Dadurch verbessern sich auch die Übergänge an den Schnittstellen ambulant-stationär, Reha sowie Pflege. Die Übermittlung von Befundberichten verläuft schneller und effektiver. Soll die multimorbide Patientin mit Anzeichen einer KHK zum Kardiologen, kann der Hausarzt diesem vorab die Informationen z.B. zur bestehenden Medikation zukommen lassen, sodass der Facharzt die Patientin in der Dokumentation bereits anlegen und die Informationen zuordnen kann.
2. Standardisierte gerichtete Kommunikation mit den Mitgliedern des Praxisnetzes. Standardisierte Vorlagen unterstützen die Abläufe und die Dokumentation des Behandlungspfades im Rahmen eines gemeinsamen Versorgungsvertrages. Beispiel: Abbildungen von Organen mit Markierungsmöglichkeit, die dem Facharzt zentrale Informationen auf einen Blick vermitteln. Eventuell bietet der Ärztedienst hierzu sogar Vorlagen an, die von dem Netz auf die eigenen Bedürfnisse angepasst werden können.
3. Ständig aktuelle Vorlagen für das gemeinsame Netz- und Praxismanagement. Beispiele: QM-Handbücher, Bestellformulare, Vorlagen zur Schweigepflichtentbindung.
4. Elektronische Patientenakte mit automatisiertem Datenexport. Wichtige Daten wie z.B. Dauerdiagnosen werden automatisiert ausgelesen und können von den entsprechenden Praxen aktuell eingesehen werden. Eine spezielle Chipkarte kann als Schlüssel dienen, mit dem der Patient die Datenweitergabe an einen anderen Arzt freigibt.
5. Gemeinsamer Terminkalender und gemeinsame Adressdatei mit den Kollegen des Netzwerkes. Diese Funktion kann auch Outlook erfüllen, sofern ein Exchange-Server vorhanden ist – eine arztspezifische Insellösung ist also nicht unbedingt vonnöten. Interessant wird der gemeinsame Kalender erst recht, wenn das Praxisnetz gemeinsames Personal einsetzt, etwa eine Verah oder eine andere speziell geschulte MFA.
6. Praxisübergreifende Datenanalyse, um das Netz attraktiv für Krankenkassen zu machen und Verträge der Integrierten Versorgung umsetzen und abbilden zu können. Neben der reibungslosen und aufwandsarmen Abwicklung wird engmaschiges Controlling möglich.