Praxen halten an Brief und Fax fest
In ländlichen Gegenden wird künftig ohne Online-Sprechstunden keine flächendeckende Versorgung mehr zu leisten sein, meint Dr. Klaus Reinhardt, Vorsitzender des Hartmannbundes. Sein Verband wolle daher „Taktgeber sein für diejenigen, die die Chancen der Digitalisierung sehen“, sagte der Allgemeinarzt in einer Online-Pressekonferenz.
Dieses Format war ein bewusstes Statement, denn es ging um die Ergebnisse der Umfrage „Gesundheit 4.0 – Wie Ärzte die digitale Zukunft sehen“ des Hartmannbundes und des Verbandes der Digitalwirtschaft, Bitkom. Demnach begrüßen Ärzte zwar mehrheitlich, nämlich zu 69 %, die positiven Seiten der Digitalisierung in der Medizin. Allerdings werden vor allem bei den Niedergelassenen kaum digitale Kommunikationsmöglichkeiten genutzt.
63 % der Ärzte erstellen digitale Patientenakten
477 Ärzte aller Fachrichtungen und aus dem niedergelassenen und stationären Bereich nahmen an der Umfrage teil. Dabei zeigte sich oft eine Zweiteilung, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. So verwalten laut Umfrage 52 % der Befragten ihre Praxisnotizen analog, 44 % tun es digital. Ähnliche Verhältnisse gibt es beim Schriftwechsel mit ärztlichen Kollegen (47 zu 51 %) und bei der Erstellung von Medikationsplänen (42 zu 43 %). Deutlich häufiger werden von den Befragten Patientenakten digital erstellt (63 %).
Exemplarisch hob der studierte Politikwissenschaftler die Beliebtheit des Faxes und des Briefes in der Ärzteschaft hervor. „In der Wirtschaft haben viele Unternehmen gar kein Faxgerät mehr. Das ist in der Ärzteschaft noch anders.“ Nur 4 bis 6 % der Befragten gaben an, per E-Mail mit Patienten, Kollegen, Apotheken und Krankenkassen zu kommunizieren – Mittel der Wahl sind meist der Brief und das Fax (13 % bis 16 %).
Sorge um Datenmissbrauch und Fehleranfälligkeit
In Praxen scheinen digitale Anwendungen weniger verbreitet zu sein als in Kliniken. 93 % der Krankenhausärzte geben laut Umfrage Untersuchungsergebnisse auf CD heraus, bei den Niedergelassenen machen das nur 37 %. Kaum genutzt werden telemedizinische Überwachungen (Kliniken: 10 %, Praxen: 3 %), Online-Patientenakten (9 und 3 %), Online-Sprechstunden (3 und 4 %) und Online-Terminvereinbarungen (10 und 20 %). Telemedizin für den fachlichen Austausch nutzen 39 % der Klinik- und 12 % der Vertragsärzte.
Etwas mehr als die Hälfte der befragten Ärzte hofft, mit digitalen Angeboten Zeit sparen zu können. 44 % glauben, sie bekommen mehr Behandlungsmöglichkeiten. Immerhin 39 % teilen die Auffassung von Dr. Reinhardt, dass die Digitalisierung der medizinischen Versorgung auf dem Land nützen kann.
Deutlich wurde in der Umfrage aber auch Skepsis. Rund zwei Drittel der Befragten fürchten den Missbrauch von Patientenakten und die Fehleranfälligkeit bei Medizintechnik. Beim Datenschutz sei zwar besondere Sensibilität angebracht, das dürfe „aber kein Vorwand sein, die Entwicklung zu bremsen“, warnte Dr. Reinhardt.
Zu dieser Entwicklung gehöre auch eine zunehmende Zahl von Onlineangeboten, in denen sich Patienten über Krankheiten und Symptome informieren können. Auch hier zeigten die befragten Ärzte eine gewisse Ambivalenz. So erklärten 64 % von ihnen, sie empfänden den Umgang mit Patienten, „die meinen, durch das Internet alles besser zu wissen, als anstrengend“. 48 % meinten, die Patienten würden durch Internetangebote „mündiger“. 51 % gaben an, „durch den Austausch mit gut informierten Patienten schon mal dazu gelernt“ zu haben.