Telematikinfrastruktur Prozess zu Strafzahlungen ist eine Ohrfeige für Datenschützer
Im November 2022 hatte der zuständige Richter am Sozialgericht München noch „mangelndes öffentliches Interesse“ an der Verhandlung der drei Musterklagen von Zahnärzten aus Bayern gegen diese TI-Sanktionierung bekundet. Jetzt fürchtet er wohl die Öffentlichkeit im weiteren Verfahren, meint der Medizinrechtler und Zahnarzt Dr. Eberhard Siegle aus Neumarkt-St. Veit. Denn Mitte Januar erließ der Richter eine Verfügung, nach der nur maximal 15 Zuhörer in den Sitzungsaal eingelassen werden, der eigentlich für 30 Zuhörer ausgelegt ist. Als Begründung führte er eine Gefahr für die „Saalöffentlichkeit“ an, sich mit SARS-CoV-2 oder anderen viralen bzw. bakteriellen Krankheitserregern anzustecken. Wenige Tage später erließ er eine weitere Verfügung: Nur maximal zehn Zuhörer und fünf Medienvertreter sind für den Verhandlungstag zugelassen.
Nicht an die TI angeschlossen sind in Bayern bis heute knapp 2800 Ärzte und Psychotherapeuten sowie circa 200 Zahnärzte. Mit einem Honorarabzug von anfangs 1 % und nun 2,5 % werden sie jedes Quartal bestraft, kritisiert Dr. Siegle. Dabei verweigerten die meisten der betroffenen Ärzte, Psychotherapeuten und Zahnärzte den Nicht-Anschluss aus triftigem Grund, betont der Bayerische Facharztverband (BFAV): Sie wollen ihre ärztliche Schweigepflicht schützen und weisen auf den „mangelhaften Datenschutz“ von TI-Anwendungen hin.
Inzwischen haben sich bei dem Verband bzw. der TI-Gruppe der Zahnärzte circa 70 Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten für diese Verhandlung als Zuhörer angemeldet. Von dem hohen öffentlichen Interesse an der Verhandlung unterrichtete der Klageführer Dr. Gernot Petzold, Augenarzt in Kulmbach und Vorstandsmitglied des BFAV, Anfang Januar den zuständigen Richter am Sozialgericht. Er bat um einen Verhandlungsraum, in dem alle angemeldeten Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten Platz finden. Doch es kam anders.
Nicht nur Klageführer Dr. Petzold bedauert die richterliche Entscheidung, einem Großteil der Zuhörerschaft kurzfristig den Einlass zu verwehren. „Das ist eine weitere Ohrfeige für all diejenigen, die für ärztliche Schweigepflicht und Datenschutz kämpfen.“ Dabei sei „die Corona-Pandemie sowohl medizinisch als auch politisch für beendet erklärt worden“, so Dr. Petzold. „Den Infektionsschutz als Argument für eine Zuhörerbegrenzung heute noch heranzuziehen, ist sehr weit hergeholt“.
Quelle: Information Bayerischer Facharztverband