Telematikinfrastruktur Müssen die Konnektoren in den Arztpraxen wirklich ausgetauscht werden?
Die ersten, die das Problem trifft, sind Praxen mit einem Konnektor von CGM, einer KoCoBox. 15.000 dieser Konnektoren wurden 2017 installiert. Sie haben ihr Verfallsdatum erreicht, heißt es, und müssen ausgetauscht werden. Den anderen Modellen auf dem Markt – RISE und Secunet – soll es nicht anders gehen, sie trifft das Schicksal nur zu einem späteren Zeitpunkt.
Jetzt haben IT-Experten des c’t-Magazin sich eine der KoCoBoxen, wie sie in tausenden Praxen zu finden ist, zur Brust genommen. Ins Innere der Box zu gelangen war nicht schwer: Es gebe nur zwei Klebesiegel, die sich leicht und spurlos manipulieren lassen, heißt es in dem Magazin.
Und siehe da: Die Sicherheitszertifikate sind vielleicht gar nicht das Problem
Die Sicherheitszertifikate, die für den Zwangsaustausch verantwortlich sein sollen, sitzen auf Secure Module Cards (SMC), die aussehen wie Sim-Karten aus dem Smartphone. Die Experten sagen, sie konnten die Karten ohne Probleme entfernen und wieder einsetzen. Die Box bootete anschließend klaglos, schreibt das Magazin - der Hersteller hatte dagegen von fest verbauten Zertifikaten gesprochen.
Auf den Widerspruch hingewiesen habe der Hersteller dann seine Aussage verändert und von Funktionsverlust der Karten bei physischer Trennung gesprochen. Doch auch diese Aussage konnten die Sicherheitsexperten nicht nachvollziehen. Auf die Anfrage beim Hersteller, ob Sicherungen vorhanden wären, die ein erneutes Pairing der Hardware mit neuen Karten verhindern könnte, habe man keine Antwort bekommen.
„Nach unseren Erkenntnissen spricht alles dafür, dass die gSMC-K-Karten zwar an die Konnektor-Hardware gebunden sind, aber offenbar nicht die Konnektor-Hardware an die Karten“, heißt es in dem Bericht. Demnach könnte man also wohl einen neuen Kartensatz mit frischen Zertifikaten erstellen und den teuren Hardware-Tausch vermeiden.
Was sich damit vermeiden ließe, wäre also einmal ein Haufen Elektroschrott, wie z.B. Thomas Kriedel, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) mal die Konsequenzen des Austauschs vor Augen führte, sowie auch durchaus nennenswerte Kosten für die Arztpraxen, die früher oder später den Tausch durchführen müssten.
Kartentausch statt Konnektortausch scheint möglich
Wie das Magazin durchrechnet, verlangt der Hersteller laut offizieller Preisliste für einen Vor-Ort-Austausch des Konnektors zwischen 2.161 und 2.330 Euro netto. Davon entfallen 1.586 Euro auf die Hardware.
Über die Höhe der Kosten für das Gerät selbst zeigten sich die IT-Experten des Magazins übrigens verwundert: Das Mainboard der KoCo-Box sei ein nur unwesentlich angepasstes Standard-Industriemodell. Auch die weiteren Bestandteile des Konnektors seien wenig kostenlastig – alles in allem ließen sich „400 Euro als Obergrenze für die Herstellungskosten der Konnektor-Hardware schätzen“.
Doch auch wenn man davon mal absieht: Bei gegebener Preislage ließen sich den Kalkulationen der IT-Experten zufolge pro KoCoBox über 1.500 Euro sparen, wenn statt einem Austausch des Gerätes nur ein Kartentausch erfolgen würde – einschließlich der Kosten für die entsprechenden Technikereinsatz vor Ort.
Alles in allem entstehen durch den Austausch aller Konnektoren, wie er im Moment geplant ist, Kosten von 300 Millionen Euro. Bislang soll diese Summe von den Arztpraxen gestemmt werden: Eine Kostenübernahme des "Gatekeepers in die TI", zu dessen Anschaffung die Arztpraxen alternativlos verpflichtet sind, ist bis heute nur für die Ersteinrichtung vereinbart. Ob auch der Austausch eines Konnektors nach Ablauf des Sicherheitszertifikats erstattet wird, steht derzeit noch in den Sternen. Die Verhandlung zwischen der KBV und dem GKV-Spitzenverband dazu sind gescheitert. Jetzt muss das Schiedsamt entscheiden.
Doch ob die Ärztinnen und Ärzte zur Kasse gebeten werden oder die Krankenkassen einen Teil der Kosten übernehmen – bezahlt wird der Austausch immer aus dem Topf des Gesundheitswesens.
Medical-Tribune-Bericht