Schneller Honorarabschluss, doch im EBM bleibt noch viel zu tun
Der Orientierungspunktwert steigt 2019 um magere 1,58 % auf 10,8226 Cent. Zusammen mit der Veränderungsrate bei der Morbidität erhöht sich die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) um rund 620 Millionen Euro. Positiv ist: Aufgrund dieser schnellen Einigung im Erweiterten Bewertungsausschuss können die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen nun sehr früh über ihre Honorarverträge 2019 verhandeln. Deren Inhalte könnten damit schon zum Jahreswechsel feststehen.
Allerdings hat die KBV dafür ihre Forderung nach einer Aufwertung des Hausbesuchshonorars zum 1.1.2019 hinten angestellt. Dabei hält die Vergütung der Hausbesuche und der zuwendungsintensiven „sprechenden Medizin“ keiner betriebswirtschaftlichen Betrachtung stand. Zudem werden die im EBM ausgewiesenen Euro-Beträge für Besuche und Gespräche in der Regel nur budgetiert ausgezahlt. Und diese verkürzte Bezahlung kann dann noch Opfer von Honorarregressen werden. Dass die KBV ihren flotten Handel mit den Kassen als Zeichen der Funktionsfähigkeit der Selbstverwaltung würdigt, ist entlarvend. Offenbar fühlt sie die Faust des Gesetzgebers im Nacken, der mit dem geplanten Terminservice- und Versorgungsgesetz massiv in die Spielräume der KBV eingreifen will.
Gesundheitsminister will im März informiert werden
So sieht der Referentenentwurf im § 87 SGB V eine „Überprüfung und Aktualisierung des EBM bezüglich der Bewertung medizinisch-technischer Leistungen zur Nutzung von Rationalisierungsreserven zur Förderung der ,sprechenden Medizin‘ bis 30. September 2019“ vor. Ein Konzept soll dem Bundesgesundheitsministerium bis zum 31. März 2019 vorgelegt werden.
Dem entgegnet die KBV in einer Stellungnahme lapidar, dass das verlangte Konzept ohne sachliche Rechtfertigung einen weitgehenden Eingriff in die Selbstverwaltung darstelle. Die KBV meint, dass die Kompetenzen für die Instrumente des Leistungserbringerrechts unangetastet bleiben sollten. Die getroffenen Vorgaben würden der derzeit im Bewertungsausschuss diskutierten EBM-Reform grundsätzlich entsprechen. Eine Fixkostendegression lehnt die KBV in den Bereichen ab, in denen bereits lange Wartezeiten existieren oder wo aufgrund der Erkrankungen eine kurzfristige Behandlung, z.B. Strahlentherapie, erforderlich ist.
Das bedeutet im Grunde genommen, dass die KBV für die dringende Lösung des Problems bei der zuwendungsintensiven Medizin kein Konzept hat. Notwendige Anpassungen beim Bewerten technischer Leistungen werden abgelehnt, wohl wissend, dass die Kalkulationsgrundlage auf der Neuanschaffung der Geräte basiert und deshalb nicht dauerhaft gleich hoch sein kann.
Auch der schnelle Rückzug beim höheren Hausbesuchshonorar zum 1.1.2019 nährt den Verdacht, dass unsere Selbstverwaltung bei den Verhandlungen zur EBM-Weiterentwicklung die Hausärzte „verkaufen“ will. Der Hausbesuch soll nun – nach dem Willen der Kassen – im Rahmen des EBM neu bewertet werden. Das dauert und wird dazu führen, dass ein ggf. erreichtes Anheben des Wertes in Punkten durch die verbleibende Budgetierung gleich wieder aufgehoben wird.
Was die Stellungnahme der KBV zum Gesetz alles verrät
Es scheint so, als sei dies nicht nur ein Kalkül der Kassen, sondern auch der KBV. Auch hierfür liefert die Stellungnahme der KBV zum Referentenentwurf Indizien. So verlangt die KBV neben mehr Ärzten in der Versorgung eine Stärkung der wirtschaftlichen Basis der ärztlichen Tätigkeit, insbesondere der Grundversorgung. Dafür bedürfe es des Entbudgetierens der Grund- und Versichertenpauschalen.
Kein Umschichten innerhalb der Gesamtvergütung!
Irgendwie scheinen die „Experten“ in der KBV aber weder die Grundstruktur der Gebührenordnung noch die eigenen Vorgaben zur Honorarverteilung zu kennen. Natürlich wäre das Entbudgetieren der fachärztlichen Grundpauschalen ein Gewinn, da diese Leistungen unter das Regelleistungsvolumen (RLV) fallen und deshalb regelhaft durch die im fachärztlichen Bereich hoch angesiedelten technischen Leistungen verdrängt und so budgetiert werden.
Anders ist es im hausärztlichen Bereich: Hier zählt die Versichertenpauschale zwar auch zum Budget, sie ist aber deutlich niedriger bewertet als das RLV-Volumen und wird deshalb schon immer de facto extrabudgetär vergütet.
Ins Honorarbudget fallen bei Hausärzten aber auch typische Leistungen wie Gespräche und Hausbesuche. Hierher müsste die KBV ein konsequentes Entbudgetieren fordern. Sollte sie sich im nächsten Jahr bei den EBM-Gesprächen mit den Kassen auf eine angemessene Vergütung von Hausbesuchen einigen, wäre das allerdings ein Scheinerfolg.
Denn die vereinbarte Gesamtvergütung 2019 führt nur zu einer prozentualen Anhebung des hausärztlichen Anteils. Eine Höherbewertung der Hausbesuche würde deshalb zulasten der Honorierung anderer hausärztlicher Leistungen, wie z.B. Chronikerpauschalen und Gesprächen, gehen und damit lediglich eine Honorarverlagerung bewirken.
Die Lösung kann nur eine komplett extrabudgetäre Vergütung von Hausbesuchen sein. Das weiß die KBV. Nur hat sie diesbezüglich bisher kein ernsthaftes Konzept erkennen lassen.