Schönheitswahn am Geschlechtsorgan: 13 % wollen Penisverlängerung

Autor: Dr. Michael Brendler

Patienten mit peniler Dysmorphophobie sind häufig auch nach einem gelungenen Eingriff noch unzufrieden mit ihrem Glied. Patienten mit peniler Dysmorphophobie sind häufig auch nach einem gelungenen Eingriff noch unzufrieden mit ihrem Glied. © mauritius images/BSIP SA/Alamy

Der gesellschaftliche Optimierungswahn macht auch vor den Geschlechtsorganen nicht halt. Labia zu groß oder Penis zu klein – ästhetische Operationen liegen im Trend. Dabei können sie die sexuelle Gesundheit beeinträchtigen oder steigern.

Sexuelle Gesundheit ist ein Zustand körperlichen, emotionalen, geistigen und sozialen Wohlbefindens in Bezug auf das eigene Geschlechtsleben – jedenfalls laut Definition der WHO. Köpermodifikationen können diese beeinflussen und finden immer mehr Anklang. Nicht nur Tatoos und Intimpiercings, sondern auch die genital ästhetische Chirurgie sind zu „massenkompatiblen Phänomenen“ avanciert, schreiben die Kieler Sexualmediziner Professor Dr. Aglaja Valentina­ Stirn,­ Zentrum für integrative Psychiatrie und Ronja­ Zannoni­, Christian-Albrechts-Universität.

So stieg die Nachfrage nach einer Labioplastie beispielsweise in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren enorm. 6 % der Frauen unter 1110 befragten Studentinnen berichteten, dass sie gerne eine Scheidenverengung oder Schamlippen-OP vornehmen lassen würden. Und auch Brustvergrößerungen, -verkleinerungen oder -straffungen liegen weiterhin im Trend. Unter den Männern waren 13 % mit ihrem Glied so unzufrieden, dass sie es entweder gerne operativ verlängern oder verdicken lassen würden.

Die Medien konfrontieren die Menschen hierzulande immer wieder mit einem weiblichen und männlichen Idealbild und lassen sie am eigenen Aussehen zweifeln. Weiterhin habe die zunehmend verbreitete Internetpornografie einen neuen genitalen Standard geschaffen, glauben die Autoren.

Penile Dysmorphophobie lässt sich nicht wegoperieren

Generell lässt sich festhalten: Laut Studien sind vor allem sexuell weniger aktive Männer oder Frauen derart mit Penis, Scham oder auch dem ganzen Körper so unzufrieden, dass sie eine OP an den Geschlechtsorganen erwägen. Zudem beeinflusst die Fähigkeit der unbefangenen intimen Berührungen das Denken, Fühlen und die Bewertung der eigenen Genitalien.

Die Unzufriedenheit nimmt manchmal krankhafte Formen an, wie im Falle einer penilen Dysmorphophobie, die sich durch eine „exzessive Fixierung auf einen imaginären oder geringfügigen körperlichen Mangel am männlichen Geschlechtsteil“ auszeichnet. Eine solche Störung gehe oft nicht nur mit einem erheblichen Leidensdruck einher, erklären die Kieler Kollegen, sondern zusätzlich mit operativen Korrekturversuchen, deren Ergebnisse dann oft subjektiv als enttäuschend empfunden werden. „Hier sollte eine patientengerechte Aufklärung und Gesprächstherapie erfolgen“, fordern die Experten.

Vaginales Tuning steigert die sexuelle Funktionsfähigkeit

Frauen fühlen sich hingegen nach einem Eingriff häufig attraktiver und geben in Studien eine gesteigerte sexuelle Zufriedenheit an. „Auch die sexuelle Funktionsfähigkeit und das genitale Selbstbild wurden nach einem chirurgischen Eingriff als verbessert erlebt“, berichten die Sexualmediziner.

Für körperlich gesunde Frauen und Männer, die aufgrund psychischer Probleme chirurgische Eingriffe im Intimbereich in Erwägung ziehen, empfehlen die Autoren eine psychologische Beratung. Weiterhin wünschen sie sich bei solchen kosmetischen Operationen eine informative Einwilligungserklärung, „um sowohl Chirurgen als auch Patienten auf mögliche Risiken und undefinierte Nutzerpotenziale hinzuweisen“.

Quelle: Stirn AV, Zannoni R. Bundesgesundheitsbl. 2017; 60: 1009-1015

Pro Jahr werden weltweit bei rund 100 000 Frauen die inneren Schamlippen gekürzt. Etwa halb so viele lassen sich die Vagina straffen. Pro Jahr werden weltweit bei rund 100 000 Frauen die inneren Schamlippen gekürzt. Etwa halb so viele lassen sich die Vagina straffen. © wikipedia/Labioplasty