Rechtsgrundlage Wann eine krankheitsbedingte Kündigung erfolgen darf
Zentral sind dabei eine negative Gesundheitsprognose, eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen, wozu auch hohe Kosten zählen können, und eine abschließende Interessenabwägung. Die Kündigung kann demnach nur in Betracht gezogen werden, wenn zu erwarten ist, dass die Fehlzeiten des Mitarbeitenden auch zukünftig den Praxisablauf erheblich stören.
Die Rechtsprechung fordert von den Arbeitgebern eine sorgfältige Prüfung und Dokumentation der Krankheitsfälle und ihrer Auswirkungen auf den Betrieb. Es genügt nicht, lediglich auf die Anzahl der Fehltage zu blicken; vielmehr muss eine umfassende Betrachtung der Situation erfolgen. Nur wenn keine anderen zumutbaren Alternativen, wie etwa eine Umsetzung oder eine Anpassung des Arbeitsplatzes, möglich sind, darf die Kündigung als letzter Ausweg gewählt werden.
Weniger hoch sind die Anforderungen in kleinen Betrieben mit höchstens zehn Mitarbeitenden in Vollzeit. Hier gilt z.B. der strengere Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht. Deshalb ist die Kündigung auch ohne Angabe eines Grundes möglich. Der gekündigte Mitarbeitende müsste dann beweisen, dass die Kündigung dennoch unwirksam ist. Das kann beispielsweise bei der Kündigung von Schwangeren der Fall sein, wenn die Maßnahme als Diskriminierung gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstößt oder wenn selbst das Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme missachtet wird.
Vor einer krankheitsbedingten Kündigung steht jedoch die Pflicht des Arbeitgebers, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen. Dieses zielt darauf ab, den betroffenen Mitarbeitenden nach längerer Krankheit wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern und künftigen Erkrankungen vorzubeugen.
Seine Rechtsgrundlage findet das BEM in § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Wie genau das BEM durchgeführt werden sollte, ist gesetzlich hingegen nicht normiert. Ein erfolgreiches BEM verlangt eine individuelle Herangehensweise und die aktive Mitwirkung aller Beteiligten, einschließlich des Mitarbeitenden, des Betriebsarztes und gegebenenfalls der Schwerbehindertenvertretung. Gut umgesetzt kann es zur Erhaltung des Arbeitsverhältnisses beitragen und gleichzeitig den Praxisablauf sichern.
Fazit: Die Themen krankheitsbedingte Kündigung und betriebliche Wiedereingliederung erfordern von Praxisinhabern ein hohes Maß an Sensibilität und rechtlichem Verständnis. Es geht darum, das Wohl der Mitarbeitenden mit den Anforderungen des Praxisalltags in Einklang zu bringen. Dabei sollten stets die Möglichkeiten der Wiedereingliederung ausgeschöpft und Kündigungen nur als letztes Mittel in Erwägung gezogen werden. In diesem komplexen rechtlichen Umfeld ist es für Praxisinhaber unerlässlich, sich fachkundig beraten zu lassen, um sowohl den Betriebsfrieden als auch die rechtliche Sicherheit zu gewährleisten.
Medical-Tribune-Gastbeitrag