Elektronische Patientenakte Welche Risiken und Chancen sehen Praxen bei der Einführung im kommenden Jahr?

Praxismanagement , Praxis-IT Autor: Jan Helfrich

Der Großteil der Befragten sieht den größten Vorteil der ePA im elektronischen Medikationsplan und den elektronischen Entlassungs- und Arztbriefen. Der Großteil der Befragten sieht den größten Vorteil der ePA im elektronischen Medikationsplan und den elektronischen Entlassungs- und Arztbriefen. © Monet – stock.adobe.com

Die ePA kommt – der Start im Februar wackelt jedoch. Die PVS-Hersteller halten das zweite Quartal für realistischer. Wie stehen die Praxen zu der Akte? Das „Praxisbarometer Digitalisierung“ der KBV liefert Antworten. 

Die elektronische Patientenakte (ePA), die ab nächstem Jahr flächendeckend starten soll, wurde von der KBV im „Praxisbarometer Digitalisierung“ aufgegriffen. 76 % der Befragten sehen den größten Nutzen der ePA im elektronischen Medikationsplan, dicht gefolgt von den elektronischen Entlassungs- und Arztbriefen, die 70 % als nützlich bewerten. 90 % der Praxen erwarten jedoch einen hohen Zeitaufwand durch die neue Anwendung. „Die Praxen sehen der Einführung der elektronischen Patientenakte für alle mit gemischten Gefühlen entgegen“, sagte Dr. Sibylle Steiner, Mitglied des Vorstands der KBV.

E-Rezept und eAU haben sich inzwischen etabliert

„Aus unserer Sicht ist es ganz zentral, dass die ePA, sobald sie in den Systemen umgesetzt ist, nutzerfreundlich und aufwandsarm ist. Das erwarten wir auch bei einer flächendeckenden Einführung. Diese soll ab dem 15. Februar 2025 beginnen, doch das sehen die Hersteller der Praxisverwaltungssoftware aktuell noch kritisch. Es spricht einiges dafür, dass die ePA erst im zweiten Quartal flächendeckend eingeführt wird“, erklärte Dr. Steiner. Das Bundesgesundheitsministerium hält hingegen am bisherigen Terminplan fest.

Eine positive Bilanz ergab sich für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und das E-Rezept. „Bei allen Praxisarten nutzen sie mehr als 95 % der Befragten“, betonte Dr. Martin Albrecht, Geschäftsführer des Berliner Forschungs- und Beratungsinstituts IGES, das die Untersuchung für die KBV durchgeführt hat.

Mehrheit erwägt keinen PVS-Wechsel

Ein gefürchtetes Thema bleibt der Wechsel des Praxisverwaltungssystems. Mehr als 40 % der Befragten gaben an, diesen Schritt zu erwägen, einen Wechsel bereits gemacht zu haben oder derzeit dabei zu sein. Ein überraschend großer Teil (61 %) der erfolgreichen Wechsler berichtet, dass bis auf kleinere Probleme alles gut funktionierte. Zeitlich und finanziell sei es jedoch aufwendig gewesen. Mehr als die Hälfte aller Befragten gab an, keinen Wechsel zu erwägen, unter anderem aufgrund des hohen Aufwands und der Befürchtung, dass eine andere Software die bestehenden Probleme nicht löst. 

72 % der Praxen empfinden, dass die eAU bis auf kleinere Probleme gut funktioniert. Auch das E-Rezept ist in der Regelversorgung angekommen. Mit einem Wert von 63 % gebe es auch einen Anstieg der Zufriedenheit der Praxen bei der Nutzung des digitalen Rezepts, so Dr. Albrecht. Allerdings gaben zahlreiche Praxen an, zusätzlich das Muster 16 zu nutzen, meist aufgrund von Problemen mit der Telematik-Infrastruktur.

„Durch die Befragung sehen wir aber auch, dass wir den digitalen Prozess optimieren müssen. Beispielsweise gaben 60 % der Praxen an, dass die elektronische Signatur mehr als zehn Sekunden dauert. Es gibt leider immer noch eine zu hohe Fehlerhaftigkeit in der Infrastruktur der Telematik“, so Dr. Steiner.

80 % der Praxen schätzen sich zwar digitalen Innovationen gegenüber aufgeschlossen ein, doch bei den Hemmnissen der Digitalisierung werden der hohe Anpassungsbedarf mit 67 %, das ungünstige Kosten-Nutzen-Verhältnis mit 66 % und die Fehleranfälligkeit der IT-Systeme mit 51 % genannt.

Die digitale Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten nimmt laut Barometer aber weiter zu. Die Online-Rezeptbestellung und -Terminvereinbarung werden mit 43 % bzw. 39 % am meisten von den hausärztlichen Praxen genutzt, aber auch die elektronische Erinnerung an Termine (36 %) oder die Übermittlung von Dokumenten seitens der Patientinnen und Patienten (26 %). Psychotherapeutische Praxen sehen hingegen – wenig überraschend – mit 70 % den größten Nutzen der digitalen Kommunikation in der Videosprechstunde.

Quelle: Medical-Tribune-Bericht