Kommunikation am Arbeitsplatz „Wer Konflikte unbearbeitet lässt, riskiert hohe Kosten“

Praxismanagement , Team Autor: Isabel Aulehla

Je weiter ein Konflikt fortschreitet, desto weniger geht es um das ursprüngliche Problem. (Agenturfoto) Je weiter ein Konflikt fortschreitet, desto weniger geht es um das ursprüngliche Problem. (Agenturfoto) © vectorfusionart – stock.adobe.com

Ein Praxisinhaber hört, wie zwei MFA abfällig über ihn reden – wie sollte er reagieren: ignorieren oder einschreiten? Letzteres, rät eine Kommunikationsexpertin.

In fast allen Praxen dürfte es gelegentlich vorkommen, dass MFA über ihren Chef oder ihre Chefin tratschen. „Das kann befreiend sein“, gibt Elli Lessmann zu bedenken. Sie ist Kommunikationsexpertin bei der Praxisberatung „MediKom Consulting“ in Nürnberg. Ob die Praxisleitung reagieren sollte, hänge davon ab, wie wohlwollend oder abwertend gesprochen werde. „Wenn es um Lästerei geht, würde ich schnell eingreifen“, rät Lessmann. Denn dahinter verberge sich oft ein tieferer Grundkonflikt. „So etwas unbearbeitet zu lassen, bedeutet indirekt hohe Kosten, weil die Arbeit nicht rund läuft“, betont die Expertin. Noch dazu macht Getratsche einen schlechten Eindruck vor Patienten.

Ein typischer Grundkonflikt, der in Praxen auftrete, betreffe die Selbst- und Fremdbestimmung jüngerer Beschäftigter, erklärt Lessmann. Diese wollen ihre Ideen einbringen, die meist etwas älteren Praxisleitungen wischen sie jedoch pauschal vom Tisch. Argument: „Wir haben das schon immer so gemacht.“ Die Spannung lasse sich lösen, indem Arzt bzw. Ärztin sich neue Vorschläge anhört und sich damit ausei­nandersetzt. Junge MFA hingegen sollten geduldig sein, viel erklären und die Vor- und Nachteile ihrer Idee umfassend vorstellen, empfiehlt die Kommunikationstrainerin.

Wie weit ist die Situation bereits eskaliert?

Hat die Praxisleitung bemerkt, dass über sie gelästert wird, sollte sie sys­tematisch an das Problem herangehen. Lessmann empfiehlt, zunächst zu analysieren, wie weit der Konflikt bereits fortgeschritten ist, etwa anhand der „Eskalationsstufen“ nach Friedrich Glasl. Das Modell bildet in neun Stufen ab, in welcher Dynamik sich Konflikte steigern können.

Zu Beginn polarisieren sich zwei Parteien heraus, die noch recht sachlich um ein Streitthema kreisen. Dann treten Sorgen um das eigene Image in den Vordergrund, über die „gegnerische“ Partei werden Gerüchte gestreut. Das Ziel ist keine sachliche Lösung mehr, sondern der Sieg. Auf den letzten Stufen geht es darum, die andere Partei zu „zerstören“, auch wenn dafür eigene Schäden in Kauf genommen werden müssen. Je nach Eskalationsstufe kann die Praxisleitung entscheiden, wie sie vorgeht. Geht es um harmlose Meinungsverschiedenheiten mit einer Einzelperson, kann bereits ein vernünftiges Gespräch reichen. Sind aber im ganzen Team Verstimmungen spürbar, sollte ein Meeting anberaumt werden, so Lessmann. In gemeinsamer Runde können die Spannungen benannt werden. Die aufkommende Diskussion helfe, den Streit auf der Metaebene zu betrachten und Distanz zu gewinnen. Die Beschäftigten könnten etwa erarbeiten, wie künftig hinsichtlich der strittigen Abläufe zu verfahren ist. Sind Lästereien ein häufigeres Problem, sollten auch Standards für die interne Kommunikation festgehalten werden. Bei festgefahrenen Konflikten sei möglicherweise externe Hilfe sinnvoll, berichtet Lessmann. Beispielsweise sei eine Mediation denkbar. Es brauche meistens viel Zeit, bis wieder ein normales Betriebsklima etabliert ist. „Das ist richtig Arbeit, aber es lohnt sich.“

Medical-Tribune-Bericht