Jahresgespräch Wie das wertschätzende Feedback gelingt
In Feedbackgesprächen tauschen sich Angestellte mit ihrem Arbeitgeber über Defizite und Geleistetes in der Vergangenheit aus und besprechen gemeinsam Pläne für die weitere Zusammenarbeit. Während die Gespräche in vielen Kliniken längst zum Portfolio teambildender Maßnahmen gehören, tun sich manche Praxisinhaberinnen und -inhaber noch schwer damit. Gründe hierfür sind nicht nur die hohe Arbeitsbelastung, sondern auch Unsicherheiten über den Verlauf und die Folgen eines solchen Gesprächs. Dabei sind Instrumente zur Förderung des Miteinanders in Zeiten des Fachkräftemangels wichtiger denn je, um gute Angestellte gewinnen und so lange wie möglich binden zu können. Wie gelingt das Gespräch also?
Typische Fehler
- schlechte Vorbereitung
- fehlende Gesprächsstruktur
- Unsachlichkeit
- kein positives, nur negatives Feedback
- keine oder nicht-messbare Ziele
- keine verbindliche Vereinbarung
Vorbereitung
Damit das Feedbackgespräch allen Beteiligten einen Mehrwert bringt, sind eine klare Struktur und eine gute Vorbereitung unabdingbar, betont der Virchowbund. Das beginnt bereits damit, schriftlich einzuladen und das Gespräch nicht „zwischen Tür und Angel“ zu vereinbaren. Schon vorab sollten Vorgesetzte sich außerdem klarmachen, was sie mit dem Gespräch erreichen wollen, welche Bedürfnisse seitens der Angestellten an einem Feedback bestehen könnten und welche Aufgaben und Zielvorgaben es für den oder die jeweilige MFA gibt.
Am besten gelingt dies mit einer Checkliste, die einige Tage vor dem anberaumten Termin zur Verfügung gestellt werden sollte, damit auch Beschäftigte sich zu den einzelnen Punkten Gedanken machen und eigene Anregungen hinzufügen können. Muster für eine Checkliste finden sich bei uns und in der Anlage des Leitfadens für Jahresgespräche der Freien Universität Berlin.
Das Feedbackgespräch sollte grundsätzlich nur unter vier Augen und in einer ruhigen Atmosphäre, ohne störendes Telefon oder Unterbrechungen durch Kollegen, stattfinden – mindestens einmal im Jahr, besser noch quartalsweise. Auch sollte genügend Zeit eingeräumt werden, etwa eine Stunde. „Bei neu eingestellten Beschäftigten sollte das Mitarbeitergespräch geführt werden, sobald die Probezeit beendet ist“, rät Andrea Schannath, Rechtsberaterin beim Virchowbund.
Förderlich für einen entspannten und offenen Gesprächsverlauf ist es laut Arzt und Coach Dr. Stefan Frädrich, wenn der oder die Vorgesetzte auch eigene Fehler zugibt. Dies mache dann deutlich, dass es darum gehe, den Austausch nicht zu einseitiger Kritik, sondern zur Verbesserung der Arbeitssituation allgemein zu nutzen.
„Das Einholen der Erlaubnis, Feedback geben zu dürfen, kann zudem die Bereitschaft deutlich verbessern, negatives Feedback anzunehmen“, erklärt die Ärztin und Führungskräftetrainerin Dr. Sonja Güthoff. Der Ton sollte sachlich bleiben, Wertschätzung und Anerkennung ausdrücken und Ziele und Nutzen des Gesprächs sollten verständlich kommuniziert werden.
Ablauf
Für den Ablauf ist es empfehlenswert, mit einer Bestandsaufnahme zu beginnen. Hierbei sollte zum Beispiel zur Sprache gebracht werden, durch welche Tätigkeiten und Projekte sich der bzw. die Beschäftigte in den zurückliegenden Monaten hervorgetan hat, wie das Aufgabengebiet aussah, wie zufrieden der Chef oder die Chefin mit der Leistung war und wie die oder der MFA dies selbst beurteilt.
„Es hat sich bewährt, wenn Mitarbeiter zu Beginn ihre Leistungen und Arbeitssituation selbst einschätzen“, erklärt der Virchowbund. Ebenfalls bewährt hat sich die Wahl der Ich-Form, in der das Feedback herübergebracht werden sollte, indem der Arzt oder die Ärztin beispielsweise sagt: „Auf mich wirkt das folgendermaßen“ oder „Ich sehe das so oder so.“
Als Nächstes gilt es, die jeweilige individuelle Arbeitssituation zu analysieren, also zu klären,
- wie die Person ihre Belastung und ihr Arbeitsumfeld bewertet,
- welche Aufgaben sie schwerpunktmäßig bearbeitet,
- wo ihre Stärken liegen bzw. wo sie Unterstützung benötigt,
- wie gut die Arbeitsabläufe organisiert sind,
- wie sie den Führungsstil ihres oder ihrer Vorgesetzten wahrnimmt,
- wo sie Verbesserungspotenzial in der Zusammenarbeit und
- wo wiederum ihr Arbeitgeber Optimierungschancen sieht.
Weitere wichtige Fragen könnten sein: Gibt es persönliche Konflikte oder Mobbing? Wie geht das Team mit Konflikten um? Ist der oder die Angestellte ausreichend über alle relevanten Vorgänge informiert? Gibt es Probleme in der Zusammenarbeit mit externen Stellen, wie Krankenhäusern, Praxen, Krankenkassen, Apotheken oder der Hausverwaltung? Ist die Vertretung gut geregelt? Wie zufrieden ist die Person mit den Arbeitsbedingungen? Welche Belastungsfaktoren, wie Lärm, Unruhe oder unzureichende Beleuchtung, gibt es?
Möglichkeiten der beruflichen Entwicklung besprechen
Damit das Mitarbeitergespräch langfristig wirksam ist, sollten die Gesprächspartner schließlich noch thematisieren, was in den kommenden Monaten verändert und erreicht werden soll und welche beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten sich für die jeweilige Person bieten bzw. welche Wünsche sie diesbezüglich hat. Feedbackgespräche sollten unterm Strich betrachtet weder einseitig zu einer Generalabrechnung genutzt werden, noch als Applausstunde dienen, sondern als konstruktiver Austausch auf Augenhöhe erfolgen.
Zu guter Letzt empfiehlt der Virchowbund, die getroffenen Vereinbarungen in einem vertraulichen Protokoll schriftlich festzuhalten und von beiden Gesprächsteilnehmern unterschreiben zu lassen, um eine Orientierung und Grundlage für ein weiteres Feedbackgespräch zu haben. Der Zeitraum für den nächsten Termin kann dabei bereits festgehalten werden.
Medical-Tribune-Bericht