Männer als MFA „Nein, ich bin nicht der Doktor“
Hat sich in Ihrer Praxis mal ein Mann als MFA beworben? Wahrscheinlich nicht. Im März 2021 lag der Anteil der Männer unter den MFA nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit bei gerade mal 1,6 % (414.000 weibliche MFA, 6.500 männliche).
Dieses Ungleichgewicht ist mit Blick auf den ohnehin schon herrschenden Fachkräftemangel fatal, der sich in den kommenden Jahren noch verstärken könnte. Es zeigt zudem, wie stark die Wahl und die Wahrnehmung des Fachberufs in der Öffentlichkeit immer noch von tradierten Rollenvorstellungen geprägt ist. „Wir dichten Berufen ein Geschlecht an“, erklärt Miguel Diaz, Leiter der Servicestelle der Initiative „Klischeefrei“, die sich für eine klischeefreie Berufs- und Studienwahl einsetzt.
Männliche MFA werden oft für Ärzte gehalten
So ist es für viele Patientinnen und Patienten schier nicht vorstellbar, dass es sich bei einem Mann am Empfangstresen „nur“ um eine Fachkraft handeln könnte. „Anfangs musste ich einigen Patienten wirklich einige Male sagen, dass ich nicht der Arzt bin“, berichtet Andreas Wildt, der seit über 25 Jahren in einer Hautarztpraxis arbeitet. Andere männliche MFA kennt er nicht, auch in der Berufsschule sei er immer der einzige gewesen. „Ich hatte dadurch aber keine Vor- oder Nachteile. Ich habe mich ernst genommen gefühlt.“
Auch Adrian Klein, Auszubildender in einer Wiesbadener Hausarztpraxis, wird ab und an für einen Arzt gehalten. „Es ist schade, dass nur so wenige Männer MFA werden“, meint er. Er vermutet, dass einige sich davon abschrecken lassen, fast ausschließlich mit Frauen zusammenzuarbeiten. Anderen würde vielleicht auch der Nervenkitzel fehlen. Das Rote Kreuz oder die Klinik seien dann interessanter. Er hingegen fühlt sich in der Praxis wohl. „Ich mag das Miteinander und ich finde es toll, jemandem zu helfen und zu sehen, wie das Krankheitsbild sich bessert“, erzählt er. Er will sich nach der Ausbildung noch weiter qualifizieren.
In der Öffentlichkeit geht oft unter, dass der komplexe Beruf vielfältige Kompetenzen erfordert: „Die Palette reicht vom kommunikativen über das medizinische bis hin zum technischen und organisatorischen Wissen und Können“, betont Hannelore König, Präsidentin des Verbands medizinischer Fachberufe. Stattdessen wird der Beruf auf „Care“-Arbeit reduziert.Diese würde gesellschaftlich eher weiblich konnotiert, erklärt Diaz. Insbesondere Mädchen würden lernen, dass es wünschenswert sei, sich mitfühlend um andere zu sorgen – auch wenn die Bezahlung niedrig ist.
Das Berufsbild an sich scheint für Männer nicht unbedingt unattraktiv zu sein. So sei das Geschlechterverhältnis im Studiengang „Physician Assistance“ mit 60:40 fast ausgeglichen, berichtet Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Professorin für das Fach an der Hochschule für Gesundheit, Soziales und Pädagogik sowie Hausärztin in Pforzheim. Die Absolventen können einfache Behandlungen selbstständig durchführen und Ärzten unter anderem bei Operationen assistieren. Anders als der Ausbildungsberuf MFA hat der recht neue Studiengang nicht das Image eines „Frauenfachs“.
Berufsbild wird enorm unterschätzt
Der Beruf MFA ist hingegen historisch vorbelastet. Er entstand als Anlernberuf, den Frauen quasi nebenbei erlernen und ausüben können, erklärt Hannelore König. Doch es entstehe der Eindruck, dass der Beruf teilweise gar nicht als Beruf wahrgenommen werde. So sei es erstaunlich, dass, wenn über „Frauenberufe“ gesprochen werde, kaum jemand an MFA oder Arzthelferin denke. Erwähnt würden Krankenschwestern und Lehrerinnen, obwohl der Frauenanteil in diesen Berufen um einiges geringer sei.
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Medical-Tribune-Bericht