MFA fordern Wertschätzung in der Corona-Krise: „Wir würden für die Patienten alles geben“
Wenn es um die Corona-Pandemie geht, häuft sich das militärische Vokabular. Von einem „Krieg“ ist in den USA zu hören, hierzulande von Ärzten an der „Coronafront“. Die Metapher hinkt nicht nur, weil es um die Bewahrung von Leben durch möglichst große Rücksichtnahme geht. Sie vernachlässigt auch viele Menschen, die an der vermeintlichen Front stehen. So auch diejenigen, die ängstliche Patienten am Telefon beruhigen, am Empfang als erstes Kontakt zu infizierten Personen haben und teils ohne Schutzausrüstung arbeiten: Medizinische Fachangestellte.
„Wir riskieren momentan unsere Gesundheit, schlimmstenfalls sogar unser Leben. Wir machen das gerne. Aber Wertschätzung erfahren wir dafür nicht“, berichtet Barbara Kronfeldner, Referatsleitung für MFA im Verband medizinischer Fachberufe e.V. Sie selbst arbeitet in einer Hausarztpraxis und erlebt dort, wie wenig sich ihre Berufsgruppe dem Infektionsrisiko entziehen kann. Blutabnahmen, Wundverbände, Infusionen – das alles geht nicht aus anderthalb Metern Entfernung. Es sei daher wichtig, dass Praxen ihr Angebot reduzieren und nur noch notwendige Behandlungen vornehmen. So etwa für chronisch kranke Patienten, Menschen mit Krebs, Notfälle und akut Erkrankte.
Kontakt zu Patienten auf das Nötigste reduzieren
Der Verband Medizinischer Fachberufe hat sich in zwei offenen Briefen an ärztliche Arbeitgeber, Gesundeitsministerium und KBV gewandt, um auf die Gefährdung der MFA aufmerksam zu machen. Beispielsweise wird darin berichtet, dass sich einige Angestellte trotz angeordneter häuslicher Quarantäne in Praxen aufhielten oder ohne Schutzkleidung Abstriche für Tests auf COVID-19 machten. Der Verband appelliert daran, die Mitarbeiter-Patienten-Kontakte auf das Notwendigste zu reduzieren.
Eine Zahnmedizinische Fachangestellte fordert wegen der Risiken sogar die Schließung aller Zahnarztpraxen. Bislang haben rund 74 000 Menschen ihre Petition auf der Kampagnenplattform change.org unterschrieben (Stand: 30.03.2020).
„Es kann sich momentan keiner vorstellen, was in den Praxen los ist“, sagt Kronfeldner. Neben Terminverschiebungen und Anfragen für telefonische AU-Bescheinigungen müssten MFA beispielsweise auch dafür sorgen, dass Patienten Abstand zueinander halten. Einige von diesen würden die gesundheitlichen Risiken ignorieren und auf Termine bestehen, die keinesfalls nötig wären.
Besonders ungehalten seien Personen, die sich unbedingt auf das neue Coronavirus testen lassen wollen, berichtet Kronfeldner. „Auch hier muss man betonen: Wir haben die wütenden Patienten am Telefon.“ Wenn man die Situation gut erkläre, könne man bei den meisten Verständnis wecken. Allerdings gibt es auch viele dankbare Patienten. „Manche kommen und sagen ‚Gott sei Dank seid ihr für uns da!‘“, erzählt die Referatsleiterin. „Solche Momente sind dann die Entschädigung für die Gefahr, der wir uns aussetzen.“
Große Hilfsbereitschaft ist quasi Berufsvoraussetzung
Kronfeldner selbst hat weniger Angst um sich, als davor, möglicherweise ihre Angehörigen anzustecken. Grundsätzlich handele ihre Berufsgruppe oft selbstlos. „Wir würden für die Patienten alles geben. Sonst würden wir unter diesen Bedingungen gar nicht mehr in den Praxen arbeiten.“ Dafür sei etwas mehr Wertschätzung geboten: „Momentan wird vergessen, welche enorme Leistung wir bringen.“
Das Robert Koch-Institut hat angesichts der zu erwartenden Infektionen von MFA seine Empfehlungen zum Umgang mit COVID-19-Patienten aktualisiert: Im Fall eines relativen Personalmangels sollen Praxisinhaber „in absoluten Ausnahmefällen“ positiv getestete MFA einsetzen, um COVID-19-Fälle zu versorgen.
Die Neuerung soll Versorgungsengpässen vorbeugen. Der vmf fordert, dass bei der Feststellung des Personalmangels zwingend das Gesundheitsamt einzubinden ist und das betriebliche Konzept geprüft werden muss.
Medical-Tribune-Bericht