ANCA-Vaskulitiden: Komplexe Symptomatik erfordert interdisziplinäre Untersuchung
© ustas – stock.adobe.com
Zu den ANCA*-assoziierten Vaskulitiden zählen die Granulomatose mit Polyangiitis (GPA, früher Morbus Wegener), die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA, früher Churg-Strauss-Syndrom) und die mikroskopische Polyangiitis (MPA). Gekennzeichnet sind alle diese Erkrankungen durch die Gegenwart von Autoantikörpern gegen Proteinase 3 (PR3-ANCA) oder Myeloperoxidase (MPO-ANCA).
Die autoimmunen Vaskulitiden in Kürze
- Mikroskopische Polyangiitis: reine Vaskulitis, häufig rasch progrediente Glomerulonephritis, MPO-ANCA überwiegen die PR3-ANCA
- Granulomatose mit Polyangiitis: Granulome plus Vaskulitis, häufig pulmonale Granulome, PR3-ANCA häufiger als MPO-ANCA
- eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis: Eosinophilie plus Vaskulitis, häufig Asthma, vorwiegend MPO-ANCA
Die Inzidenz der ANCA-Vaskulitiden ist deutlich höher als früher angenommen, berichtete Professor Dr. Bernhard Hellmich von der Medius Klinik Kirchheim. Eine Analyse von Krankenkassendaten der Jahre 2013 bis 2016 hat für Deutschland eine jährliche Inzidenz von 47 und eine Prävalenz von 256 pro einer Million Einwohner ergeben.
Die Entzündung kann zu Infarkten oder Ischämien an Koronar-, Mesenterial- und Hirngefäßen führen sowie zu einer alveolären Kapillaritis mit Hämoptysen. Um Leitsymptome in den verschiedenen Organsystemen abzuklären, ist man auf eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Neurologen, Pneumologen, Nephrologen, Augen- und HNO-Ärzten angewiesen. Die Hautvaskulitis z.B. geht mit Purpura und akralen Nekrosen einher. Eine blutig-borkige Rhinitis, die typisch für die GPA ist, kann zur Destruktion der Nasenscheidewand und des Knochens führen.
Die vaskulitische Neuropathie ist häufig sehr schmerzhaft und tritt meist akut mit motorischen Defiziten auf. Typischerweise handelt es sich um die sonst eher seltene Schwerpunktneuropathie. Am Auge können sich die Kleingefäßvaskulitiden als Episkleritis, retinale Vaskulitis oder als retroorbitales Granulom manifestieren.
Im Mittelpunkt der Labordiagnostik steht die Bestimmung der ANCA per Immunoassay. Bei der GPA sind in 90 % der Fälle PR3-ANCA nachweisbar, bei der MPA in 80 %. Bei der EGPA muss man zwei genetisch und klinisch unterschiedliche Subtypen differenzieren, eine mit MPO-ANCA assoziierte Form und die ANCA-negative Variante. Generell gilt: Je höher die ANCA-Titer, desto wahrscheinlicher die Erkrankung.
Um die für die EGPA typische Eosinophilie zu erfassen, benötigt man ein Differenzialblutbild und bestimmt das eosinophile kationische Protein. Zudem sollten Surrogatparameter einer Organbeteiligung erfasst werden: Urinuntersuchung, Nieren- und Leberfunktion, Muskelparameter.
Mit dem MRT lassen sich orbitale Granulome bei der GPA gut nachweisen, mit dem CT pulmonale Granulome oder flüchtige pulmonale Infiltrate bei der EGPA. Die gastrointestinale Endoskopie spürt eine ischämische Kolitis oder eine mesenteriale Vaskulitis auf.
Stets histologische Sicherung der Diagnose versuchen
Goldstand der Diagnostik bleibt die Histologie von Biopsiematerial aus pathologisch verändertem Gewebe aus Haut, Muskel, Niere, Nasenschleimhaut oder Lunge. Sie sollte immer angestrebt werden, vor allem bei wenig typischer Klinik und grenzwertigen ANCA-Befunden.* Antineutrophile zytoplasmatische Antikörper
Kongressbericht: 127. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (Online-Veranstaltung)