Autounfälle: Viele Ärzte während der Rufbereitschaft übermüdet
Der Unfalltod eines Assistenzarztes auf dem Nachhauseweg weckte das nationale Interesse an der Arbeitsbelastung von Fachärzten, berichtet Dr. Laura McClelland, Abteilung für Intensivmedizin und Anästhesiologie, Royal Gwent Hospital in Newport, Wales. Da die Spezialisten einen großen Teil der Patientenversorgung abdecken, hat sie gemeinsam mit Kollegen die Mitglieder von anästhesiologischen und pädiatrisch-intensivmedizinischen Berufsverbänden zu ihren Dienst- und Ruhezeiten sowie den Ursachen und Folgen von Übermüdung befragt.
Kaum ein Kollege schafft elf Stunden Ruhezeit
84 % der Ärzte nahmen am Rufbereitschaftsdienst teil. Von den mehr als 3800 Befragten aus Großbritannien und Nordirland gaben 47 % an, mehrmals pro Nacht durch Telefonanrufe geweckt zu werden. 48 % benötigen nach einer Störung im Schnitt über 30 Minuten, bis sie wieder einschlafen können. Nur wenigen gelingt es dabei, bis zum folgenden Klinikeinsatz die empfohlenen elf Stunden Ruhezeit einzuhalten. Insgesamt 91 % der Teilnehmer fühlten sich angesichts der Arbeitsbelastung übermüdet und klagten über gesundheitliche Folgen sowie negative Auswirkungen auf das Familienleben (72 %).
Bei jedem Zweiten kam es fast zum Crash
Besonders deutlich zeigte sich dies an der Verkehrsunfallstatistik: Nahezu jeder zweite Facharzt war bereits einmal infolge von Müdigkeitserscheinungen auf der Autofahrt in eine Gefahrensituation geraten. Angesichts der Ergebnisse fordern die Autoren, Mediziner umfassend über die Gefahren übermüdeter Autofahrten aufzuklären und ihnen konkrete Hilfe zur Schlafhygiene zu geben.
Durch fehlende Erholungsmöglichkeiten gefährden Ärzte sowohl sich selbst als auch ihre Patienten. Die Autoren fordern eine offene Diskussion der Problematik sowie die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Arbeitszeitgestaltung.
Quelle: McClelland L et al. Anaesthesia 2019; doi: doi.org/10.1111/anae.14819