Darmkrebs Das Mikrobiom raucht mit
Dass der Konsum von Zigaretten zu einem erhöhten Darmkrebsrisiko führt, ist bereits bekannt – allerdings war bis jetzt nicht umfassend geklärt, welche Mechanismen dahinterstecken. Nun haben der Gastroenterologe Dr. Xaiowu Bai von der Chinese University of Hongkong und Kollegen die Rolle des Mikrobioms und dessen Auswirkungen untersucht. Mit einer Tiermodell-Studie brachten sie etwas mehr Licht ins Dunkel.
Dafür setzten sie 15 Mäuse täglich zwei Stunden Zigarettenrauch aus, während 15 weitere als Kontrollgruppe nur frische Luft zu schnuppern bekamen. Beide Gruppen erhielten vor der Exposition einmal wöchentlich für sechs Wochen intraperitoneale Injektionen mit dem Karzinogen AOM*, um kolorektale Neoplasien zu begünstigen. Nach 28 Wochen wurden der Darm, die chemische Zusammensetzung des Stuhls sowie das Mikrobiom auf Veränderungen im Vergleich zur Kontrollgruppe untersucht. Zu diesem Zeitpunkt hatten die rauchexponierten Mäuse signifikant mehr kolorektale Tumoren entwickelt und zeigten eine höhere Proliferationsrate im Darmepithel.
Während zu Studienbeginn keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Mikrobiomen der Mäuse bestanden, stellte man nach den 28 Wochen eine viel geringere Artenvielfalt bei den eingeräucherten Nagern fest. Außerdem kamen bei ihnen 20 Bakterienarten in deutlich veränderten Mengen vor: Eggerthella lenta und Staphylococcus-Arten waren beispielsweise öfter vertreten und Probiotica wie Lactobacillus reuteri, Parabacteroides distasonis und Bacteroides dorei in geringerer Zahl.
Hinweise auf reduzierte Barrierefunktion des Epithels
Die Analyse der mikrobiotaassoziierten Metaboliten zeigte zudem eine starke Veränderung der Konzentration für 41 Verbindungen. Darunter einen Anstieg des prokarzinogenen TDCA**. Bereits veröffentlichte Daten haben gezeigt, dass dieser Stoff die onkogene ERK-Signalkette*** ankurbelt. Zusätzlich fanden die Wissenschaftler Hinweise auf eine reduzierte Barrierefunktion des Epithels sowie eine Hochregulation proinflammatorischer Gene in den rauchexponierten Tieren.
Ähnliche Ergebnisse erhielten die Wissenschaftler bei keimfreien Mäusen, nachdem sie ihnen den Kot beider Gruppen transplantiert hatten. Damit liefern die Forscher erste Hinweise darauf, inwiefern die Veränderung des Mikrobioms Darmkrebs begünstigt.
* Azoxymethan
** Taurodeoxycholsäure
*** extrazelluläre signalregulierte Kinase
Quelle: Bai X et al. Gut 2022; DOI: 10.1136/gutjnl-2021-325021