Das Steuer abzugeben fällt schwer – Schulungskonzept für Closed-Loop-Nutzung
Zur Nutzung des ersten kommerziellen Hybrid-Closed-Loop-Systems in den Vereinigten Staaten liegen Resultate einer prospektiven Beobachtungsstudie vor.1 Die Untersuchung erfasste den Gebrauch der Automodus-Funktion im Verlauf eines Jahres. Daten von 79 Menschen mit Typ-1-Diabetes konnten ausgewertet werden, die Teilnehmer waren 9 bis 61 Jahre alt, berichtete Professor Dr. Olga Kordonouri, Ärztliche Direktorin des Kinder- und Jugendkrankenhauses Auf der Bult, Hannover.
Verschiedene Gründe führten zurück zur manuellen Kontrolle
Die Auswertungen ergaben, dass die Nutzer im Laufe der Zeit den Automodus signifikant seltener aktivierten, obwohl eine längere Zeit im Automodus mit niedrigeren HbA1c-Werten assoziiert war, erklärte die Expertin. In der ersten Anwendungswoche verbrachten die Studienteilnehmer noch die meiste Zeit im Automodus und nur 1 % der Zeit ohne Aktivierung dieser Funktion.
Diese Prozentzahl stieg auf 31 % im dritten Monat, auf 40 % im sechsten Monat, betrug 44 % in Monat neun sowie 46 % nach einem Jahr. Warum die Anwender zunehmend nicht mehr dem System ihre Insulintherapie überließen, hatte zahlreiche Ursachen. So gaben die Nutzer etwa folgende Gründe an:
- Probleme mit dem Sensor (62 %)
- kein Materialzugang (12 %)
- Angst vor Unterzuckerung (12 %)
- Bevorzugung intensivierter konventioneller Insulintherapie (8 %)
- sportliche Aktivitäten (8 %)
Diese praktischen Erfahrungen zeigen, wie wichtig Schulungen sind, damit die Einführung eines Hybrid-Closed-Loop-Systems zum Erfolg führt, kommentierte Prof. Kordonouri. Sie stellte eine strukturierte Herangehensweise für die Diabetesberatung und Schulung von Menschen mit Typ-1-Diabetes vor.
Eigens entwickelt wurde dafür das sogenannte CHECK-IT-Konzept.2 Es setzt auf eine umfassende Aufklärung und adressiert schwerpunktmäßig folgende Fragen: Was muss das Diabetesteam wissen und was der Anwender des Hybrid-Closed-Loop-Systems?
Neben technischem „Know how“ wie etwa der sicheren Anlage und Kalibrierung eines Sensors geht es auch um Erwartungen, Ängste und Zweifel von Therapeuten und Patienten bezüglich der Technik. Sowohl das Diabetesteam als auch die Nutzer müssen mit verschiedensten alltagsrelevanten Fragen sicher umgehen können, zum Beispiel: Wie werden die Daten analysiert und interpretiert oder welche Komplikationen können sich ergeben? „Letztlich geht es auch um eine Visualisierung der Diabetologie“, resümierte die Expertin.
Quellen:
1. Lal RA et al. Diabetes Care2019; 42(12):2190- 2196. DOI: 10.2337/dc19-0855
2. Biester T et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2020; 15: 147-156. DOI: 10.1055/a-1079-4577
Diabetes Update 2020