Keto Aware: Neues Schulungsprogramm klärt über Ketoazidosen auf
Trotz vieler Erfolge in der Diabetologie hat sich an der Häufigkeit der Ketoazidosen kaum etwas geändert, so Professor Dr. Dipl.-Psych. Bernhard Kulzer vom Diabetes Zentrum Mergentheim. Mit Zulassung der SGLT2-Hemmer auch bei Typ-1-Diabetes hat das Problem noch an therapeutischer Relevanz gewonnen.
Meist wenig Erfahrung mit Ketoazidosen
Die Gründe für die Unterschätzung des Ketoazidoserisikos sind vielfältig: Da sie insgesamt seltener auftreten, haben Patienten und auch Ärzte weniger Erfahrung damit, sie beginnen oft schleichend ohne Symptome, und die meisten Patienten haben keine Teststreifen zur Ketonkörpermessung zur Hand, erklärte der Referent.
Einige Risikogruppen sind besonders durch eine Ketoazidose gefährdet. Dazu gehören z.B. Kinder und Jugendliche, bei denen Ketoazidosen sogar etwa viermal häufiger auftreten als schwere Hypoglykämien. Auch bereits durchgemachte diabetische Ketoazidosen sind ein wichtiger Risikofaktor, da sie häufig wiederholt auftreten und dann mit einer höheren Mortalität assoziiert sind. Als weitere Risikofaktoren nannte Prof. Kulzer psychiatrische Komorbiditäten (insbesondere Essstörungen und „Insulinpurging“), die fehlende Anbindung an diabetologische Praxen, verminderte Insulinadhärenz, Alkohol- und Drogenkonsum, einen geringeren sozioökonomischen Status und nicht zuletzt ein Schulungsdefizit.
Eine besondere Risikogruppe stellen auch Patienten mit Typ-1-Diabetes dar, die mit SGLT2-Inhibitoren behandelt werden. Bis zu 6 % entwickelten in einer Studie eine Ketoazidose, die in diesem Fall auch bei kaum erhöhten Glukosespiegeln auftreten kann.
Schulungsmaterial für Ärzte, App für Patienten
Ein spezielles Schulungsprogramm – Keto Aware – soll es Ärzten ermöglichen, Patienten über das Risiko einer Ketoazidose aufzuklären und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, berichtete Prof. Kulzer. Die Inhalte sind in einem Foliensatz aufbereitet, der kostenfrei heruntergeladen werden kann – mit separatem Angebot für Patienten mit Insulinpumpe und mit SGLT2-Hemmern.
Für Patienten werden die Informationen nicht als Patientenbroschüre, sondern in Form einer App zur Verfügung gestellt. Neben den Schulungsinformationen sind hier auch ein Notfallmanagement, Informationen für Angehörige und eine SOS-Funktion (Standort teilen, Information des nächsten Krankenhauses etc.) integriert.
Quelle: Diabetes Herbsttagung 2019