Entbindung erhöht Risiko für anale Inkontinenz
Rund ein Viertel bis ein Drittel aller Frauen erleidet während der vaginalen Entbindung eine okkulte Sphinkterläsion – so heißt es zumindest in der Literatur. Bei den wenigsten von ihnen kommt es aber zu symptomatischen Kontinenzstörungen, erklärte Professor Dr. Alexander Herold vom Deutschen End- und Dickdarm-Zentrum in Mannheim. Die Kaiserschnitt-Entbindung wird zunehmend empfohlen, um analer Inkontinenz vorzubeugen. Bisherige Studien zu dem Thema lieferten aber „eher verwirrende Ergebnisse“, so der Proktologe.
In einem systematischen Review von 24 Studien, in denen die Outcomes von 29.597 vaginalen Entbindungen und 6821 Kaiserschnitten untersucht wurden, konnte lediglich ein Trend für eine höhere Inkontinenzrate nach vaginaler Entbindung gezeigt werden. Ein Kaiserschnitt schützte in diesen Studien aber auch nicht zuverlässig vor Inkontinenz.
Aus einer großen Beobachtungsstudie mit Daten des schwedischen Geburtsregisters sowie allen Inkontinenzdiagnosen der Jahre 2001–2015 aus dem schwedischen Patientenregister ergibt sich ein anderes Bild. Insgesamt 3.755.110 Frauen waren in die Studie einbezogen. Davon hatten 185.219 einen Kaiserschnitt erhalten und 1.400.935 vaginal entbunden. Das Risiko, eine Analinkontinenz zu entwickeln, war in beiden Gruppen im Vergleich zu nicht-gebärenden Frauen um den Faktor zwei erhöht. Die Rate nach Kaiserschnitt betrug etwa 0,2 %, nach vaginaler Entbindung hatten rund 0,4 % entsprechende Beschwerden.
Auch Nullipara öfter inkontinent als Männer
Schwangerschaft und Entbindung scheinen also per se Risikofaktoren zu sein, fasste Prof. Herold zusammen. Daher hält er es für gerechtfertigt, einen Kaiserschnitt zum Schutz des Sphinkters zumindest in Erwägung zu ziehen. Zudem plädiert er dafür, Patientinnen nach der Entbindung auf Sphinkterverletzungen zu untersuchen. Allerdings sei zu beachten, dass auch nicht-gebärende Frauen ein im Vergleich zu Männern deutlich erhöhtes Risiko haben. Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens eine Analinkontinenz zu erleiden, liegt für Frauen um 89 % höher als für Männer.
Quelle: 28. Gastroenterologie-Update-Seminar