Kraft, Ausdauer, Lebensqualität: Von der Lungen-Reha profitieren auch Krebspatienten
Über mehrere Effekte entfaltet körperliches Training bei pneumologischen Patienten seine positive Wirkung:
- Die Leistungsfähigkeit der Skelettmuskulatur nimmt zu (Hauptmechanismus).
- Die maximale Sauerstoffaufnahme steigt.
- Die Atemmechanik kann sich verbessern.
- Es erfolgt eine gewisse Desensibilisierung gegenüber der Dyspnoe.
- Angstzustände im Zusammenhang mit der geforderten Trainingsleistung verringern sich.
- Das psychische Wohlbefinden nimmt zu, Angst und Depression werden weniger.
- Die Selbstwirksamkeit wird gestärkt.
Für die COPD konnte man zeigen, dass die Lungenreha Dyspnoe, Gesundheitszustand, Belastungstoleranz und physische wie emotionale Teilhabe an Alltagsaktivitäten bei stabilen Patienten verbessert. Zudem verminderten sich Hospitalisierungen nach einer kürzlich durchgemachten Exazerbation, berichtete Privatdozent Dr. Marc Spielmanns vom Zürcher RehaZentrum Wald in der Schweiz.
Evidenz gibt es auch für günstige Effekte bei interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD). Über den gesamten Erkrankungsverlauf hinweg können Dyspnoe, Belastungsfähigkeit und Lebensqualität gebessert werden. In einer eigenen Studie hatten insbesondere die Patienten mit geringer 6-Minuten-Gehstrecke in der Eingangsuntersuchung durch die Reha ihre Leistungsfähigkeit gesteigert. Allerdings waren die Effekte etwas weniger ausgeprägt als bei COPD-Kranken. Andere Studien weisen darauf hin, dass die Vorteile der Lungenreha bei ILD dann am dauerhaftesten sind, wenn die Reha früh im Krankheitsverlauf erfolgt.
Stationäre Reha für die vulnerablen PAH-Patienten
Für die pulmonale Hypertonie (PAH) hat man eindeutig nachgewiesen, dass eine Lungenrehabilitation Leistungsfähigkeit und Körperkraft der Betroffenen steigert, sofern die Erkrankung stabil ist. In der Praxis sieht Dr. Spielmanns die Patienten allerdings fast immer in einer instabilen Situation. Er warnte davor, die Reha für diese vulnerable Klientel ambulant anzubieten. Sie sollte besser in spezialisierten Zentren erfolgen.
Bei Patienten mit Bronchiektasen verbessert die Lungenrehabilitation Leistungsfähigkeit und Lebensqualität, „scheitert“ aber hinsichtlich Exazerbationsraten, hustenabhängiger Lebensqualität, Angst und Depression. In den Leitlinien der European Respiratory Society wird eine Lungenrehabilitation für erwachsene Patienten mit Bronchiektasen und beeinträchtigter Leistungsfähigkeit ausdrücklich empfohlen, wobei die Maßnahmen individuell an die Symptome, körperlichen Fähigkeiten und Erkrankungscharakteristika angepasst werden sollten.
Auch Patienten mit Lungenkarzinom profitieren von einer pulmonalen Rehabilitation, wenn auch die Evidenz für günstige Effekte etwas schwächer ist als beispielsweise die für Patienten mit Prostatakarzinom oder Brustkrebs. Belegt sind Verbesserungen von Leistungsfähigkeit und Muskelkraft, eine Reduktion der krebsbedingten Symptome und günstige Effekte auf die Lebensqualität.
Rehamaßnahmen können bereits vor Therapiebeginn erfolgen, um die Ausgangssituation des Kranken zu verbessern. In Studien untersucht wurden aber auch Rehamaßnahmen während und nach der Operation, Chemo- oder Strahlentherapie sowie bei fortgeschrittener Erkrankung. Die S3-Leitlinie Lungenkarzinom empfiehlt aerobe Ausdauerprogramme zur schnellen Wiedererlangung der Leistungsfähigkeit während der onkologischen Therapie, wobei sie von ambulanten Rehabilitationsanbietern die gleiche pneumologische Fachkompetenz fordert wie von stationären.
Nach kardiotoxischer Chemo 24 Stunden Sportkarenz
Matthias Limbach, Sportwissenschaftler von der Klinik Bad Reichenhall, ergänzte, dass der Karnofski-Index der Patienten vor der Reha mindestens 60 betragen sollte und die Reha den individuellen Zustand des Patienten berücksichtigen muss. So sei der maximale Sauerstofffluss nach Lobektomie und Pneumektomie dramatisch reduziert und viele Patienten hätten wenig Kraft in den unteren Extremitäten.
Kontraindiziert ist das Training bei Lungenkrebspatienten in den ersten 24 Stunden nach einer kardiotoxischen Chemotherapie, bei Thrombopenie, akuten Blutungen oder hoher Blutungsneigung, nicht abgeschlossener Wundheilung und frakturgefährdeten Knochenmetastasen oder Osteolysen.
Möglichst 150 Minuten pro Woche trainieren
Limbach empfiehlt frühestens 6–12 Wochen nach der OP eine moderat-intensive Aktivität zu beginnen. Ziel ist eine Trainingsdauer von 150 Minuten pro Woche, wobei Ausdauer- und Kraftelemente kombiniert werden. Die Intensität ist nach dem subjektiven Belastungsempfinden anhand der BORG-Skala zu steuern. Bei therapieinduzierter Polyneuropathie sollte zusätzlich ein sensomotorisches Training erfolgen.
Kongressbericht: 51. Bad Reichenhaller Kolloquium