LDCT-Früherkennung „Lungenkrebs-Screening ist auf einem guten Weg“

Autor: Mascha Pömmerl

Mittels risikoadaptierten Screenings lassen sich Tumoren bereits in frühen Stadien detektieren. Mittels risikoadaptierten Screenings lassen sich Tumoren bereits in frühen Stadien detektieren. © iStock/mr.suphachai praserdumrongchai, jchizhe – stock.adobe.com

Kosteneffizient und ohne negative Auswirkungen: So beurteilen Experten die Lungenkrebsvorsorge für Risikopatienten. Zum Einsatz sollte dabei eine Niedrigdosis-CT kommen. Erste Projekte hierzu laufen bereits.

Jährlich sterben in Europa etwa 240.000 Menschen an Lungenkrebs – das sind deutlich mehr als an Mammakarzinomen, trotz ähnlicher Inzidenz. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Einer davon ist die meist späte Diagnose eines Lungentumors, konstatierte Professor Dr. Ugo Pastorino­ vom Fondazione IRCCS Istituto Nazionale dei Tumori in Mailand.

Der Onkologe gab einen Überblick über den derzeitigen Stand von Lungenkrebs-Screeningprogrammen mit Niedrigdosis-CT. Zielgruppe seien Raucher im Alter von 55–75 Jahren mit mindestens 30 Packungsjahren. Geht man von einer um 30 % reduzierten Mortalität aus, ließen sich in Europa mit der Untersuchung 22.000 lungenkrebsassoziierte Todesfälle vermeiden, erklärte der Kollege. Einige Untersuchungen untermauern den Benefit.

Je länger der Zeitraum, desto geringer die Mortalität

So haben die US-amerikanische Studie NLST1 und die niederländische Studie NELSON2 bestätigt, dass ein Screening mit Niedrigdosis-CT die lungenkrebsspezifische Mortalität reduziert. In NLST wurde die Vorsorgeuntersuchung drei Mal in zwei Jahren durchgeführt. Damit verringerte sich innerhalb von fünf Jahren die Sterblichkeit um 20 %. In NELSON­ reduzierte sie sich bei Männern um 24 % und bei Frauen um 30 % nach zehn Jahren Follow-up mit vier Niedrigdosis-CT über einen Zeitraum von 5,5 Jahren.

Je länger der Zeitraum, über den die Screeningmaßnahme durchgeführt wird, umso geringer die Sterblichkeit, berichtete Prof. ­Pastorino und verwies in diesem Zusammenhang auf die reduzierte Zehn-Jahres-Mortalität in der MILD-Studie. Das über sechs bis zehn Jahre laufende Screening hatte die lungenkrebsspezifische Mortalität um 39 % gesenkt.3 Zudem reduzierte sich die Gesamtmortalität um 20 %.

Neben der Dauer der Vorsorgemaßnahmen spielen auch die Untersuchungsintervalle eine Rolle. In den neueren Studien sind diese nicht mehr fix, sondern risikoadaptiert, wie z.B. in der laufenden Studie Bio-MILD­, bei der auch ein Bluttest auf MicroRNA herangezogen wird. Auf diese Weise verringert sich die Zahl der durchgeführten Niedrigdosis-CT, wie der Referent erklärte. Auch weitere Studien ziehen molekulare Biomarker zur Risikoabschätzung der Patienten heran, z.B. Autoantikörper oder zellfreie DNA. Doch wie werden die Programme bislang implementiert? Großbritannien führe in der Umsetzung von Lungenkrebs-Screeningmaßnahmen in Europa, sagte Prof. ­Pastorino. Das Land sei besonders erfolgreich, Bevölkerungsschichten mit niedrigem sozio-ökonomischen Status einzubeziehen. Derzeit sei der National Health Service dabei, ein mit 70 Millionen Britischen Pfund ausgestattetes Programm namens “Targeted Lung Health Checks” in sozial benachteiligten Regionen mit hoher Lungenkrebsmortalität umzusetzen. 142.000 Menschen sollen einbezogen werden.

Auch in Italien und Polen werden nationale Screening-Programme durchgeführt. Die europäische Untersuchung 4-IN-THE-LUNG-RUN soll 24.000 Teilnehmer mit einem hohen Lungenkrebsrisiko einschließen, um eine risikoadaptierte und (kosten-)effektive Screeningstrategie zu erarbeiten. Beteiligt sind Zentren aus Großbritannien, den Niederlanden, Spanien, Italien und Frankreich. Mit dem DKFZ Heidelberg und der Ruhrlandklinik Essen machen auch zwei deutsche Zentren mit.

„Das Lungenkrebs-Screening in Europa ist auf einem guten Weg“, war Prof. ­Pastorino überzeugt. Er erachtet es als wichtig, v.a. Menschen mit erhöhtem Risiko einzubeziehen und risikoadaptierte Intervalle zu wählen.

„Keine Effekte auf die Psyche“

Professor Dr. John Field, Molecular & Clinical Cancer Medicine, University of Liverpool, stellte die UKLS-Studie vor. Hierin wurde die Niedrigdosis-CT mit dem Standardvorgehen ohne CT bei Hochrisikopatienten verglichen. Es kam ein Risiko-Prädiktions-Modell zum Einsatz, um Betroffene zu selektieren. Mit 67 % erhielten die meisten Personen die Lungenkrebsdiagnose im Stadium 1, für eine OP eigneten sich insgesamt 83 %. Zwischen Männern und Frauen gab es keinen Unterschied. In der Interventionsgruppe wurden 1.987 Teilnehmer und in der Kontrolle 1.981 Personen median 7,3 Jahre beobachtet. Im Prüfarm starben in diesem Zeitraum 30 Patienten an Lungenkrebs, im Standardarm 46 (RR 0,65; p = 0,062). Laut Prof. Field beeinflusste das Screening nicht die Psyche Betroffener. Zudem war es kosteneffektiv. Die Ergebnisse bestätigten den in NLST und NELSON gezeigten Nutzen der Niedrigdosis-CT. Zudem bekräftigt eine von Forschern um Dr. Field durchgeführte Metaanalyse von neun Studien den Benefit. Laut dieser reduziert die Niedrigdosis-CT die lungenkrebsspezifische Mortalität um relativ 16 % (RR 0,84; p = 0,31).

Field J et al. IASLC WCLC 2021; LBA384

Quellen:
1. National Lung Screening Trial Research Team et al. N Engl J Med 2011; 365: 395-409; DOI: 10.1056/NEJMoa1102873
2. de Koning HJ et al. N Engl J Med 2020; 382: 503-513; DOI: 10.1056/NEJMoa1911793
3. Pastorino U et al. Ann Oncol 2019; 30: 1162-1169; DOI: 10.1093/annonc/mdz117

Pastorino U et al. IASLC WCLC 2021; Plenary Session 3