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Nervenläsionen können typische PAVK-Symptome kaschieren

Autor: Maria Weiß

Bei Patienten mit PAVK sind die Füße tatsächlich kalt. Bei Patienten mit PAVK sind die Füße tatsächlich kalt. © iStock/photoschmidt
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Die periphere arterielle ­Verschlusskrankheit (PAVK) zeichnet sich bei Menschen mit Diabetes ­infolge typischer Komorbiditäten durch eine spezifische Morphologie und Lokalisation der Gefäßläsionen aus. Dies erfordert besondere Aufmerksamkeit bei der Diagnostik.

Anders als bei der „klassischen“ PAVK des Rauchers sind bei Dia­betes die Gefäßstenosen eher distal betont und langstreckig diffus, erklärte Dr. Roderich­ Rietig­, niedergelassener Angiologe aus Stuttgart. Als Faustregel gilt, dass Patienten die entsprechenden Schmerzen beim Gehen immer eine Etage unter der Stenosierung verspüren – bei Menschen mit Diabetes also häufiger in Unterschenkel oder Fuß. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass der typische belastungsabhängige Schmerz durch eine diabetische Neuropathie maskiert werden kann.

Neben den Schmerzen können auch Temperaturdifferenzen wichtige diagnostische Hinweise geben. Bei der PAVK sind die betroffenen Extremitäten tatsächlich kalt, Patienten mit Neuropathie hingegen haben oft nur das subjektive Gefühl von kalten Füßen. Die Palpation der Pulse, In­spektion der Füße, Untersuchung auf trophische Störungen, Untersuchung der Oberflächensensitivität mit Mi­krofilamenten und Pallästhesie mit der Stimmgabel gehören bei Verdacht auf PAVK immer mit zur Untersuchung. Bei Diabetes kommt der Abgrenzung einer Ischämie gegenüber der Neuropathie eine besondere Bedeutung zu. Schon bei der Inspektion der Füße lassen sich hier deutliche Unterschiede erkennen. Häufiger bestehen aber gerade beim diabetischen Fuß auch Mischbilder.

Fußinspektion: Differenzierung zwischen Neuropathie vs. Ischämie
NeuropathiePAVK
Hauttrocken, warm, rosig Venenfüllung auch bei 30 °C Hochlagerung ohne Farbänderungatrophisch, dünn, kühl, blass-livide, Erblassen des Vorfußes bei Hochlagerung
Gewebehäufig Ödeme nachweisbarÖdeme eher selten
Hyperkeratoseausgeprägt an exponierten Stellen, Fersenrisseverlangsamtes Hautwachstum sandpapierartige Hyperkeratose
NägelMykose, subunguale Blutungenverdickt, Hyperonychie
ZehenKrallen/Hammerzehen, Hühneraugenkeine Haare, livide, akrale Läsionen
FußrückenAtrophie der Mm. interossiiallgemeine Atrophie
FußsohleHyperkeratosen, Rhagaden, DruckulzeraHaut in Falten abhebbar

Einen hohen Stellenwert hat der Knöchel-Arm-Index (ABI). Bei einem ABI unter 0,9 kann von einer PAVK ausgegangen werden. Relevant z.B. für Wundheilungsstörungen sind Werte über 0,7, bei Werten unter 0,5 besteht eine kritische Ischämie. Spätestens ab Werten unter 0,7 sollten die Patienten einem Gefäßmediziner vorgestellt werden.

Dies gilt auch für Patienten mit Werten über 1,3, da hier wahrscheinlich eine Mediasklerose vorliegt. Dann müssen zusätzliche diagnostische Methoden zum Einsatz kommen wie z.B. der Zehen-Arm-Index (TBI). Hier wird ausgenutzt, dass die Mediasklerose nur größere Gefäße betrifft. Schwierig ist die Diagnose bei Patienten mit Mediasklerose, die eine „Nullkurve“ bei der ABI-Messung aufweisen. Dies ist nicht unbedingt mit einer kritischen Ischämie gleichzusetzen. Diagnostisch hilft die Duplexsonographie von der Bauchschlagader bis zum Fuß weiter, bei der perlschnurartige Veränderungen der Gefäßwand sichtbar werden können.

Diagnostische Angiographien möglichst vermeiden

Allerdings sollten dazu alle digitalen Bildoptimizer ausgeschaltet werden, da sie diese Veränderungen verschleiern können, riet der Angiologe. Kommt man mit der Duplexsonographie nicht weiter, kann die MR-Angiographie eine Alternative sein. Die Messung des transkutanen Sauerstoffpartialdrucks (tcpO2) dient der Abschätzung der lokalen Sauerstoffversorgung im Gewebe. Dies ist vor allem für die Frage wichtig, ob bei Läsionen überhaupt noch eine Wundheilung möglich ist. Diagnostische Angiographien sollten möglichst vermieden und wenn, dann nur in Interventionsbereitschaft durchgeführt werden.

Quelle: Diabetes Herbsttagung 2020