Neue OP-Techniken beim benignen Prostatasyndrom
Fast jeder dritte Mann zwischen 50 und 80 entwickelt ein benignes Prostatasyndrom (BPS), das oft mit unangenehmen Symptomen des unteren Harntrakts (lower urinary tract symptoms, LUTS) einhergeht. Eine medikamentöse Behandlung brechen betroffene Männer häufig ab, weil sie nicht ausreichend wirkt oder zu störenden Nebenwirkungen führt, schreiben Dr. Dominik Stefan Schöb von der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Freiburg und Kollegen.
Als Goldstandard bei kleinen bis mittelgroßen Prostatadrüsen gilt dann die transurethrale Resektion der Prostata (TURP). Sie hat aber nicht nur eine perioperative Morbiditätsrate von ca. 20 %, sondern geht auch mit einer Reihe an postoperativen Komplikationen einher: retrograde Ejakulation (65 %), erektile Dysfunktion (10 %), Harnröhrenstrikturen (7 %) und Harninkontinenz (3 %). In den letzten Jahren wurden neue minimal-invasive Methoden entwickelt, die bei gleichem Erfolg mehr Sicherheit bieten sollen.
Stents werden nach fünf Tagen wieder entfernt
Zu den neuen mechanischen Verfahren zählen der temporäre Nitinol-Prostatastent und der urethrale Lift. Beide werden unter zystoskopischer Kontrolle durchgeführt. Um die Obstruktion durch das Prostataadenom zu reduzieren, kann ein Stent aus Nitinol eingesetzt werden. Für diese Prozedur reicht eine Analgosedierung oder potenziell auch eine lokale Betäubung aus. Zunächst führt der Urologe das Implantat, das aus einem Anker und mehreren Streben besteht, gefaltet in die Harnblase ein und entfaltet es dort. Anschließend zieht er den Stent so weit zurück, bis er den Anker in der Prostataloge fixiert hat. Die Streben des Stents drücken nun auf das umliegende Prostatagewebe und induzieren dort ischämische Drucknekrosen. Nach fünf Tagen folgt dann, wieder über eine Blasenspiegelung, die Entfernung des Implantats.
Erste Daten deuten darauf hin, dass der temporäre Stent eine gute Alternative zu anderen minimal-invasiven Optionen darstellt. Er kommt insbesondere für Patienten infrage, die sich eine bessere Symptomlinderung als durch Medikamente wünschen, ohne eine sexuelle Dysfunktion oder Ejakulationsstörungen durch konventionelle chirurgische Therapien zu riskieren. Aktuell laufen prospektive Studien, ihre Ergebnisse werden helfen, den Stellenwert des Verfahrens besser einzuschätzen.
Warum neue BPS-Therapien?
- die Sicherheit der Behandlung zu verbessern
- die sexuelle Funktion zu erhalten
- individuell maßgeschneiderte Therapien anbieten zu können
- eine rasche Rückkehr in den Alltag zu ermöglichen (ambulante Verfahren)
Hochdruckstrahl vom Roboterarm
Seit einiger Zeit kommen auch wassergestützte Ablationsverfahren zur Behandlung des BPS zum Einsatz, wie die mechanischen unter zystoskopischer Kontrolle. Bei der Wasserdampftherapie appliziert man minimalinvasiv Wasserdampf ins Prostatagewebe, was zu thermischen Zellnekrosen führt. Meist sind mehrere Applikationen erforderlich. Bisherige Studienergebnisse sehen vielversprechend aus und belegen eine Besserung auch bei moderaten bis schweren LUTS. Ein Vorteil der Wasserdampftherapie scheint der Erhalt der sexuellen Funktion zu sein. Ohne weitere prospektive Studien lässt sich aber die Effizienz der Therapie im Vergleich zum Standardvorgehen nicht abschließend beurteilen. Bei der Aquablation wird Prostatagewebe mithilfe eines Hochdruckwasserstrahls abgetragen. Zunächst führt der Urologe ein Handstück in die Harnröhre ein und fixiert es an einem Haltearm. Nun erfolgt mithilfe einer transrektalen Ultraschallsonde ein Mapping der Prostata, mit dem der Operateur festlegen kann, wie viel und an welchen Stellen er Prostatagewebe entfernt. Schließlich abladiert ein Hochdruckstrahl aus Kochsalzlösung die definierten Areale. Die Applikation des Strahls steuert ein Roboterarm. Studien ergaben, dass die Aquablation klinisch ähnlich wirksam ist wie die TURP und die sexuelle Funktion in der Regel erhalten bleibt. Bei großen Prostatadrüsen scheint sie ebenfalls gute Ergebnisse zu bringen – Langzeitdaten sollten jedoch noch abgewartet werden. Für große Volumina (> 80 cm) eignet sich auch die minimal-invasive Prostataarterienembolisation (PAE) gut. Dabei führen interventionelle Radiologen nach Punktion der Leistenarterie in Lokalanästhesie eine digitale Subtraktionsangiographie der Prostatagefäße durch. Anschließend verschließen sie – möglichst bilateral – die Arterien mit Mikropartikeln. Das Verfahren weist hohe technische Erfolgsraten und ein gutes Sicherheitsprofil auf. Allerdings kann die Prozedur zu einer relevanten Strahlenexposition führen und funktionell scheint sie der TURP noch unterlegen. Langzeitdaten für eine abschließende Evaluation stehen noch aus.Quelle: Schöb DS et al. Urologe 2020; 59: 347-358; DOI: 10.1007/s00120-020-01149-1