Nichtinvasive Screeningmethoden Neues für die Darmkrebsvorsorge?

Autor: Dr. Elke Ruchalla

Neue Stuhltests könnten die Darmkrebsvorsorge ebenfalls voranbringen. Neue Stuhltests könnten die Darmkrebsvorsorge ebenfalls voranbringen. © Ming - stock.adobe.com

Kolon- und Rektummalignome sind relativ einfach in Vor- und Frühstadien nachweisbar. Als Goldstandard für die Diagnose gilt die Endoskopie – doch die ist nicht jedermanns Sache. Sind Bluttests eine Alternative?

Nichtinvasive Screening-Methoden für kolorektale Malignome sind im Prinzip nichts Neues – Beispiel ist der altbekannte Test auf okkultes Blut, der auf einer chemischen Reaktion beruht, schreibt Dr. John Carethers vom Moores Cancer Center in San Diego. Auf immunologische Mechanismen zurückgreifende FIT (fäkal-immunologische Tests) vereinfachen die Untersuchung und weisen außerdem eine höhere Sensitivität und Spezifität auf. 

Einen weiterentwickelten Stuhltest, der sowohl DNA-Marker als auch Blut nachweist, prüften Dr. Thomas Imperiale vom Indiana University Melvin and Bran Simon Comprehensive Cancer Center und Kollegen bei mehr als 20.000 asymptomatischen Personen ab dem 40. Lebensjahr. Bei positivem Testergebnis folgte eine Koloskopie. Die Wissenschaftler entdeckten 98 Kolon- bzw. Rektumkarzinome und 2.144 fortgeschrittene Präkanzerosen. 

Damit wies der Stuhltest eine Sensitivität von 93,9 % für ein manifestes Malignom (43,4 % für fortgeschrittene Präkanzerosen) und eine Spezifität für fortgeschrittene Neoplasien von 90,6 % auf (92,7 % für fehlende Malignome bzw. unauffällige Koloskopien). Allerdings sank die Spezifität für fortgeschrittene Neoplasien mit dem Alter, von 92,7 % bei Menschen bis zu 65 Jahren auf 88,2 % bei über 65-Jährigen.

Während der neue Test im Vergleich zum herkömmlichen FIT eine deutlich bessere Sensitivität für Malignome und Prä-Malignome zeigte, erwies sich seine Spezifität für fortgeschrittene Neoplasien als wesentlich schlechter. Darüber hinaus war die Spezifität des FIT über alle Altersgruppen hinweg hoch.

So läuft der Test auf zellfreie DNA ab

In allen Körperflüssigkeiten finden sich extrazelluläre DNA-Moleküle, die aus verschiedenen Geweben stammen können, erklärt Dr. Lo. Der cfDNA-Bluttest untersucht zum einen die Fragmentierung der DNA und Charakteristika der Fragment-Enden. Zum anderen bestimmt er das Muster der DNA-Methylierung. Und schließlich sucht der Test nach Mutationen des KRAS- und des APC-Gens, die mit der Malignomentstehung zusammenhängen. Kombiniert errechnet sich ein Score, der für normale (negative) oder abnorme (positive) Testergebnisse steht.

Einen Bluttest auf Darmkrebs prüfte das Team um Dr. Daniel Chung vom Massachusetts General Hospital Boston. Sie suchten bei den fast 7.900 Teilnehmern ihrer Validierungsstudie im Plasma nach zellfreier DNA (cfDNA), die auf einen kolorektalen Krebs hinweist (Verfahren s. Kasten). 65 Patienten litten laut Koloskopie an einem solchen Malignom, bei 54 von ihnen war der cfDNA-Test positiv ausgefallen. Daraus ergibt sich eine Sensitivität der Blutuntersuchung von 83,1 %. Die Sensitivität für fortgeschrittene präkanzeröse Läsionen lag allerdings bei nur 13,2 %. Umgekehrt war der Test bei 457 Patienten positiv, denen die Endoskopie keinerlei neoplastische Befunde oder fortgeschrittene Adenome bescheinigte, woraus sich eine Spezifität für jegliche fortgeschrittene Neoplasie von 89,6 % errechnete. 

Auch beim Bluttest nahm die Spezifität mit dem Alter ab

Ein einfacher Bluttest zur Diagnose von kolorektalen Malignomen ist womöglich machbar, kommentiert Dr. Dennis Lo von der Abteilung für chemische Pathologie der chinesischen Universität Hongkong die Ergebnisse von Dr. Chung und Kollegen. Allerdings seien die gefundenen DNA-Bestandteile nicht für einen Darmkrebs spezifisch, sondern könnten auch bei anderen Malignomen auftreten. Zudem gab es auch bei dem Bluttest eine Abnahme der Spezifität mit dem Alter, vermutlich durch altersbedingte Veränderungen im Methylierungsmuster. Ebenso hinterfragt er das Drei-Jahres-Intervall, das der Hersteller für die Wiederholung des Tests empfiehlt. 

Nichtsdestotrotz können die neuen nicht-invasiven Ansätze in der Zukunft dazu beitragen, die Aussagekraft der Screenings zu verbessern, findet Dr. Carethers. Die Untersuchungen an Blut statt an Stuhlproben durchzuführen, könne zusätzlich mehr Patienten dazu veranlassen, an einem Screening teilzunehmen. 

Quelle: 1. Carethers JM. N Engl J Med 2024; 390: 1045-1046; DOI: 10.1056/NEJMe2400366
2. Imperiale TF et al. N Engl J Med 2024; 390: 984-993; DOI: 10.1056/NEJMoa2310336
3. Chung DC et al. N Engl J Med 2024; 390: 973-983; DOI: 10.1056/NEJMoa2304714
4. Lo YMD. N Engl J Med 2024; 390: 1047-1050; DOI: 10.1056/NEJMe2311101