Sport ist Krebsmedizin: Wachsende Evidenz, konkretere Empfehlungen

Autor: Friederike Klein

Auch Sportmuffel sollten über positive Effekte von Sport auf Nebenwirkungen der Krebstherapie informiert werden. Auch Sportmuffel sollten über positive Effekte von Sport auf Nebenwirkungen der Krebstherapie informiert werden. © istock/HappyNati

Im letzten Monat sind die neuen Empfehlungen zum körperlichen Training bei Krebs des American College of Sports Medicine erschienen. Diese können mit Evidenz untermauern, dass Sport auch bei Krebs hilfreich ist. Sie bauen auf stattlichen 700 randomisiert-kontrollierten Untersuchungen auf.

Einige der aktuellen Empfehlungen1 des American College of Sports Medicine (ACSM) zum Einsatz von Sport bei Krebs stellte Privatdozent Dr. Joachim Wiskemann vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen in Heidelberg vor. Wie er berichtete, wurde für das körperliche Training wie für Medikamente das FITT-Prinzip angelegt: Je nach adressiertem Symptom muss demnach die Häufigkeit, die Intensität, der Zeitpunkt und die Art der Anwendung definiert werden.

So kann bei Fatigue ein zwei- bis sechsmal wöchentliches Training mit dreimal 30 Minuten aerobem Ausdauertraining und zweimaligem Krafttraining empfohlen werden. Dieses war in Studien umso effektiver, je ausgeprägter die Fatigue war. Alle in der Leitlinie definierten Trainingsempfehlungen müssen zudem individuell an die jeweilige Situation im Behandlungsverlauf angepasst werden.

Supervidiertes Training ist effektiver als Selbstmotivation

Für die tägliche Routine empfiehlt Dr. Wiskemann, die Patienten dezidiert nach ihrer Bewegung im Alltag zu fragen. Die Auskunft sollte man mit aktuellen Empfehlungen abgleichen, wobei der Referent als Faustregel 100–120 Minuten pro Woche mit Ausdauer- und Kraftanteilen nannte.

Besteht ein Bewegungsmangel, sollten die Patienten hinsichtlich der günstigen Effekte von körperlichem Training auf Nebenwirkungen der Therapie und das körperliche und seelische Befinden beraten werden. Auch Empfehlungen für ein entsprechendes Sportangebot gehören dazu.

Die Evidenzlevel variieren

Eine starke Evidenz gibt es für Effekte körperlicher Aktivität auf Ängstlichkeit, depressive Symptome, Fatigue, gesundheitsbezogene Lebensqualität, Lymphödeme und körperliche Funktionalität. Eine mäßige Evidenz besteht zudem für günstige Auswirkungen auf Knochengesundheit und Schlafqualität, während die Wirksamkeit hinsichtlich Kardiotoxizität, chemotherapie-induzierter peripherer Neuropathien, Kognition, Sturzneigung, Übelkeit, Schmerzen, Sexualfunktion und Therapieverträglichkeit noch unzureichend ist.

Wenn möglich, sollten Patienten in ein supervidiertes Training vermittelt werden. Dieses war in Studien häufig effektiver als das selbstmotivierte Training. Wie bei Medikamenten auch sollte man regelmäßig Teilnahme und Therapieerfolg des Trainings erfragen, rät Dr. Wiskemann.

Quellen:
1. Patel AV et al. Med Sci Sports Exerc 2019; 51: 2391–2402
DGHO-Jahrestagung 2019

Informationen für Patienten und Beratungsmaterial für Ärzte sind beim Netzwerk OnkoAktiv erhältlich. Das NCT in Heidelberg hat auch eine Informationsbroschüre zu Sport, Bewegung und Krebs herausgegeben, die online verfügbar ist. www.netzwerk-onkoaktiv.de www.nct-heidelberg.de/onkoaktiv