Welche Folgeerkrankungen drohen durch schlafbezogene Atemstörungen?

Autor: Dr. Elke Ruchalla

Die klassischen Symptome nächtlicher Atemauffälligkeiten umfassen Atempausen, Schnarchen und Tagesmüdigkeit. Die klassischen Symptome nächtlicher Atemauffälligkeiten umfassen Atempausen, Schnarchen und Tagesmüdigkeit. © iStock/cherrybeans

Bei „Schlafstörungen“ denkt man zuerst an mangelnde Nachtruhe, zu frühes Erwachen und Ähnliches. Mit die größte Bedeutung haben aber schlafbezogene Atemstörungen, die erhebliche Schäden nach sich ziehen können.

Schlafbezogene Atmungsstörungen zählen zu den häufigsten Störungen des Schlafes. Gemäß einer internationalen Klassifikation unterscheidet man vier Formen:

  • obstruktive Schlafapnoe
  • zentrale Schlafapnoe
  • schlafbezogene Hypoxämie
  • schlafbezogene Hyperventilation

Die obstruktive Schlafapone (OSA) dominiert das Spektrum, etwa 40 % der Bevölkerung hierzulande leiden an einer OSA mit einem Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) > 5/h, erklären Professor Dr. Richard Schulz von der Medizinischen Klinik V an den Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken in Wiesbaden und seine Kollegen.

Hypertonie spricht mitunter nicht auf übliche Arzneien an

Die klassischen Symptome nächtlicher Atemauffälligkeiten umfassen Atempausen, Schnarchen und Tagesmüdigkeit. Dazu gesellen sich vielfach Nykturie, Nachtschweiß und Dyspnoe beim Erwachen. Nur berichten die Patienten oft nicht darüber, teils weil sie sich dessen nicht bewusst sind, teils weil sie das Problem ignorieren möchten. Hier helfen oft im gleichen Raum schlafende Partner, auch Fragebogen wie die Epworth Sleepiness Scale können Aufschluss geben.

Pathognomonische körperliche Anzeichen gibt es nicht. Bei ob­struktiven Atemaussetzern finden Sie unter Umständen vergrößerte Tonsillen oder Skelettfehlbildungen wie ein Retrognathie. Letztlich brauchen Sie für die Diagnose aber apparative Untersuchungen (s. Tabelle):

Apparative Diagnostik bei Verdacht auf schlafbezogene Atemstörungen
Polygraphie Polysomnographie
in der Praxis im Schlaflabor „im Schlaf“

Messparameter:

  • Atemfluss durch die Nase
  • Atemexkursionen von Thorax und Abdomen
  • Sauerstoffsättigung

Zusätzliche Messwerte:

  • EEG
  • Elektrookulogramm
  • Elektromyogramm
  • eventuell. transkutane Kapnometrie

Atembezogene Schlafstörungen können einige weitere Probleme nach sich ziehen. Gerade die OSA führt oft zur Tagesmüdigkeit, wodurch die Gefahr von Arbeits- und anderen Unfällen steigt. Außerdem muss man mit kognitiven Einschränkungen und kardiovaskulären Folgeerkrankungen, vor allem mit einer auf die übliche Medikation nicht ansprechende Hypertonie, rechnen. Bei der OSA im Vordergrund steht eine Verlegung der oberen Atemwege: Vor allem im Tief- und im REM-Schlaf macht die Muskulatur der oberen Atemwege schlapp und fällt in sich zusammen. Es kommt zur Apnoe, bis vom Gehirn gesteuerte Aufweckreaktionen (Arousals) den Betroffen (halb) wach werden und tief nach Luft schnappen lassen – das typische Schnarchen. Klassischerweise teilt man die Krankheit anhand des Apnoe-Hypopnoe-Indexes (AHI) ein. Der beschreibt, wie oft es pro Stunde zu Einschränkungen oder Aussetzern der Atmung kommt. Werte von 5– 15 gelten als leichte, Werte über 30 als schwere Erkrankung. Therapie der ersten Wahl ist und bleibt vor allem bei hohem AHI die nächtliche CPAP*-Maskenatmung. Leider ist sie bei Patienten deutlich weniger beliebt als bei ihren Ärzten. Folge: Der Patient trägt die Maske nicht oder nur einige Stunden. Und damit können Sie den positiven Effekt vergessen.

Schiene oder OP für Maskenverweigerer

Alternative Behaldlungen wirken meist weniger gut – andererseits akzeptieren Kranke sie eher, was diese Einschränkungen wieder wettmachen kann. Zu diesen Verfahren gehören
  • individuell angepasste Unterkiefer-Protrusionsschienen, die den Unterkiefer nach vorne ziehen und so den Oropharynx erweitern; sinnvoll vor allem bei weniger ausgeprägter Erkrankung
  • Operationen, beispielsweise eine Tonsillektomie plus Uvulopalatopharyngoplastik oder die Stimulation des N. hypoglossus; der schubst dann seinerseits den M. genioglossus an, wenn die Zunge kollabieren will
Bei zentralen Apnoen fehlt durch eine gestörte Atemregulation die Atemanstrengung. Diese Formen treten im Vergleich zur obstruktiven seltener auf, etwa wenn Tumoren, Blutungen, Infarkte o. Ä. den Atemantrieb in der Medulla oblongata oder der Pons lahmlegen. Häufigster Subtyp ist die Cheyne-Stokes-Atmung (Cheyne-Stokes Respiration, CSR) bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit monotonem Wechsel von zentralen Apnoen/Hypopnoen und spindelförmigen, crescendo-/decrescendoartigen Hyperventilationsphasen. Hier muss vor allem die Grundkrankheit optimal eingestellt werden, zusätzlich kommen CPAP- oder BiPAP**-Atmung infrage. Die adaptive Servoventilation (ASV), bei der ein Atemassistenzsystem den Inspirationsdruck antizyklisch zum Muster der CSR moduliert, emp­fiehlt sich nur für Patienten mit guter kardialer Pumpfunktion, bei einer linksventrikulären Ejektionsfraktion < 45 % fand sich in einer Studie eine erhöhte Mortalität. Schlafbezogene Hypoxämien und Hypoventilationen gehen nicht mit Atempausen, sondern mit einer länger andauernden Verminderung der Atmungsaktivität, vor allem im REM-Schlaf, einher. Ihnen liegt grundsätzlich eine erschöpfte Atemmuskulatur zugrunde; und je länger sie besteht, desto eher manifestieren sich die Störungen auch am Tag. Zu den klassischen Ursachen gehört die COPD, aber auch neurologische Erkrankungen wie Muskeldystrophien und die amyotrophe Lateralsklerose können dazu führen. Therapeutisch steht ebenfalls die Behandlung der ursächlichen Krankheit im Vordergrund, falls möglich. Symptomatisch hilft evtl. zusätzlicher Sauerstoff, aber Vorsicht: Wenn die Hypoxie den einzigen erhaltenen Atemantrieb darstellt – typisch bei COPD –, kann der Patient damit schnell das Atmen einstellen und gerät in die Hyperkapnie. Meist brauchen die Betroffenen eine nicht-invasive Heimbeatmung, im Allgemeinen als kontrollierte BiPAP-Atmung.

* Continuous Positive Airway Pressure
** Bilevel Positive Airway Pressure

Quelle: Schulz R et al. Hess Ärztebl 2020; 81: 532–537