Welcher Blutdrucksenker für COPD-Patienten?
Da COPD und Bluthochdruck oft gemeinsam auftreten, müssen Ärzte regelmäßig Therapieentscheidungen für beide Erkrankungen zugleich treffen – und dabei weitere Komorbiditäten wie Diabetes, Herzinsuffizienz und koronare Herzkrankheit im Blick haben. In einer Übersichtsarbeit fassen Professor Dr. Shannon W. Finks vom University of Tennessee Health Science Center in Memphis und Kollegen den aktuellen Wissensstand zur Bluthochdruck-Behandlung von COPD-Patienten zusammen.
Grundsätzlich sollte sich die medikamentöse Blutdrucksenkung bei diesen Patienten an den Hypertonie-Leitlinien für die Allgemeinbevölkerung orientieren. Allerdings müssen Lungenfunktion und Begleiterkrankungen des Kranken berücksichtigt werden, da sich die pulmonalen Effekte der verschiedenen Wirkstoffe unterscheiden. Für die initiale antihypertensive Behandlung schlagen die Autoren folgende Substanzklassen vor:
- ACE-Hemmer
- Angiotensin-Rezeptorblocker
- Kalziumantagonisten
- Thiazide
Als blutdrucksenkende Erstlinientherapie sollten bei COPD-Patienten Thiaziddiuretika erwogen werden. Es gibt keine Hinweise, dass diese Substanzen mit einer Erhöhung von COPD-Exazerbationen assoziiert sind.
Regelmäßig die Elektrolyte messen
Auch konnte gezeigt werden, dass eine antihypertensive Kombinationstherapie, die ein Thiazid enthielt, das Risiko für eine Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz senkt. Obwohl es früher entsprechende Bedenken gab, scheinen sich die Thiaziddiuretika nicht negativ auf die Atemwege auszuwirken.
Hypokaliämien unter Thiazidtherapie treten bei höheren Dosierungen häufiger auf. Arrhythmien sind selten, müssen bei Patienten mit Hypokaliämie (Kalium < 3,5 mmol/l) jedoch bedacht werden. Bei COPD-Patienten sollten die Elektrolytwerte daher wiederholt bestimmt werden, insbesondere wenn Glukokortikoide oder Bronchodilatatoren erstmals verabreicht oder in der Dosis erhöht werden.
Beobachtungsstudien lassen vermuten, dass ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptorblocker bei COPD-Patienten kardiovaskuläre und pulmonale Schutzeffekte entfalten können. In einer unkontrollierten Studie ging der Einsatz von ACE-Blockern oder Sartanen nach der Klinikeinweisung von Patienten mit COPD-Exazerbationen mit einer signifikanten Reduktion der 90-Tage-Mortalität einher. Jedoch gibt es hierzu keine Daten aus randomisierten, kontrollierten Studien.
Mehr Angioödeme bei über 65-Jährigen
Auch wenn es Hinweise auf einen pulmonalen Nutzen von ACE-Hemmern gibt, können Nebenwirkungen deren Einsatz limitieren: Denn bis zu 35 % der so behandelten Patienten entwickeln Husten. Das durch die Medikamente induzierte Angioödem ist in der Allgemeinbevölkerung selten, aber die Inzidenz steigt unter anderem bei über 65-Jährigen, Rauchern sowie bei Patienten an, die systemische Glukokortikoide nehmen. Angiotensin-Rezeptorblocker können bei COPD-Patienten günstiger sein, weil sie besser verträglich sind und seltener zu Husten führen.
Im Gegensatz zu Thiaziddiuretika können ACE-Hemmer und Sartane die Kaliumspiegel erhöhen, was das Hypokaliämierisiko aufgrund des häufigen Einsatzes inhalativer Beta-2-Agonisten senken kann. Bei Patienten mit bekanntem Hypokaliämierisiko dürfte ein ACE-Blocker oder ein Angiotensin-Rezeptorblocker die bevorzugte Arznei sein.
Der Einsatz von Kalziumantagonisten bei Asthmapatienten wurde auf der Basis theoretischer Daten vorgeschlagen, aber ihr Effekt auf die Lungenfunktion von COPD-Patienten nicht spezifisch untersucht. Beobachtungsstudien weisen darauf hin, dass Kalziumantagonisten bei COPD-Patienten mit Rechtsherzinsuffizienz mit einem reduzierten Sterblichkeitsrisiko assoziiert sind. Nach Ansicht der Autoren ist diese Medikamentenklasse eine praktikable Wahl für die Erstlinientherapie bei Hypertonie.
Kardioselektive Betablocker werden bei COPD-Patienten mit überzeugenden Indikationen wie Herzinsuffizienz oder kürzlich erlittenem Herzinfarkt zu selten eingesetzt. Sie können bei diesen Patienten Exazerbationen und Mortalität verringern.
Quelle: Finks SW et al. N Engl J Med 2020; 382: 353-363; DOI: 10.1056/NEJMra1805377