Widersprüchliche Daten zum Coronarisiko von Krebspatienten
Vor einigen Wochen deuteten Studien aus China und Italien darauf hin, dass Krebspatienten ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe von COVID-19 aufweisen. In der Zwischenzeit gibt es weitere Daten zu dem Thema. So berichtete Prof. Dr. Carsten Brokemeyer vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf von einem Krebspatienten mit akuter Leukämie.1 Die Kollegen hatten sich dazu entschieden, Chemo und antivirale Behandlung parallel laufen zu lassen – mit Erfolg: Der Patient überstand die Viruserkrankung und befindet sich in Bezug auf die Leukämie in kompletter Remission. Ein Einzelfall?
Insgesamt existieren noch immer wenig Daten über den Verlauf von COVID-19 bei Krebspatienten, gab der Onkologe zu bedenken. In einer Registerstudie war die 30-Tagesmortalität der knapp 1000 untersuchten Krebspatienten mit COVID-19 aus den USA, Spanien und Kanada im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich erhöht. Die Viruserkrankung verlief in dem Kollektiv signifikant schwerer als bei Patienten ohne Malignome.
Höheres Mortalitätsrisiko unter Chemotherapie?
In einer anderen Untersuchung, die sich auf 400 Patienten mit Bronchialkarzinomen konzentrierte, hatten 35 % der Teilnehmer ein signifikant erhöhtes Risiko, an COVID-19 zu sterben. Darüber hinaus war in dieser Arbeit die Prognose unter einer Chemotherapie deutlich schlechter als unter einer Immuntherapie.
Auch in einer weiteren Studie mit 800 an COVID-19 erkrankten Tumorpatienten ging die Chemo mit einem höheren Mortalitätsrisiko einher als die Immuntherapie. Ganz anders die Ergebnisse einer Arbeit von Dr. Elizabeth V. Robilotti vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center (MSK) in New York und Kollegen.2 Sie hatten die Daten von 423 positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Krebskranken analysiert. 40 % der Patienten wurden wegen der Viruserkrankung hospitalisiert, 20 % entwickelten einen schweren Verlauf, insgesamt 9 % waren beatmungspflichtig. 12 % starben innerhalb der ersten 30 Tage.
Unter den häufigsten Krebsarten waren solide Tumoren wie Brustkrebs, Kolorektal- und Lungenkarzinom. Über die Hälfte der Patienten hatte Metastasen. Lymphome gehörten zu den häufigsten hämatologischen Entitäten. Insgesamt hatten die onkologischen Patienten ein erhöhtes Risiko für eine Hospitalisierung und einen schweren Verlauf, schreiben die Autoren.
In Sachen Behandlung waren die Ergebnisse uneinheitlich. Während Chemotherapie und chirurgische Eingriffe in dieser Arbeit keine Auswirkung auf die Viruserkrankung hatten, sah es beim Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren anders aus. Die Antikörpertherapie war Prädiktor für einen schweren Verlauf bzw. die Hospitalisierung.
Quellen:
1. 15. COVID-19 Update: News – Pädiatrie/Infektiologie – Onkologie vom 25.06.2020, streamed-up.com
2. Robilotti EV et al. Nat Med 2020; DOI: 10.1038/s41591-020-0979-0