Coronakrise: Nacktfotos von Hausärzten sollen Blick auf Probleme in der Krisen-Versorgung lenken
In Italien gibt es eine Liste der „gefallenen Ärztinnen und Ärzte“: 145 sind es aktuell, davon über 40 Hausärzte. In Deutschland hieß es im Februar noch, man sei „gut vorbereitet“. Doch schnell waren Schutzkleidung, Desinfektionsmittel und Einmal-Masken weitgehend aufgebraucht. Und trotz der Bedenken, sich selbst und ihre Patientinnen und Patienten nur ungenügend vor einer Ansteckung mit dem neuen Coronavirus schützen zu können, versorgen Hausärztinnen und Hausärzte samt ihren Praxisteams bundesweit die Menschen weiter.
Mit der spektakulären Aktion „Blanke Bedenken“ macht jetzt eine Gruppe von Hausärztinnen und Hausärzten auf diese Schwierigkeiten aufmerksam: Die Allgemeinmediziner zeigen sich nackt in ihren Praxen. „Die Nacktheit soll symbolisieren, dass wir ohne Schutz verletzlich sind“, so Hausarzt Ruben Bernau, der mit seinem Praxisteam nach wie vor nur unzureichend über Schutzausrüstung verfügt. Hausarzt Dr. Christian Rechtenwald ergänzt: „Inspiriert wurden wir von dem französischen Arzt Alain Colombié, der sich nackt in seiner Praxis fotografiert und als ‚Kanonenfutter‘ bezeichnet hat.“
Unnötige Ansteckungen seien zu befürchten
Man wolle und müsse die Patienten weiter gut versorgen, betont Hausärztin Dr. Jana Husemann. Und zwar gerade diejenigen, die nicht auf eine persönliche Untersuchung verzichten können. Dazu würden solche mit chronischen Krankheiten, akuten Wunden oder Pflegebedürftige gehören, aber auch Menschen, die aufgrund einer Corona-Erkrankung Hilfe benötigen.
Erleichtert ist man jetzt darüber, dass die Ausnahmeregelung zur telefonischen Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit bei Atemwegsinfekten nach massivem Protest der Ärzteschaft doch verlängert wurde. Dass die Verlängerung allerdings nur bis 4. Mai ausgesprochen wurde, das sei viel zu kurz. „Anfang Mai ist die Pandemie noch lange nicht vorbei. Warum sollten wir potentiell infektiöse Patientinnen und Patienten, denen es gut genug geht, dass sie eigentlich keinen ärztlichen Rat brauchen, in der Praxis untersuchen?“, so Moritz Eckert. Dort würden diese dann auf ältere oder chronisch kranke Patientinnen und Patienten treffen. Unnötige Ansteckungen seien zu befürchten, auch der Praxis-Teams.
Wichtig ist den Initiatoren, dass sie mitgestalten wollen. Sie sehen sich als Expertinnen und Experten für die ambulante Betreuung – in der Praxis, zu Hause und im Heim. „Ein sinnvoller Pandemie-Plan muss unbedingt die Expertise und Erfahrung von Hausärztinnen und Hausärzten mit einfließen lassen“, bekräftigt Dr. Sandra Blumenthal.
Hausärzte, die die Initiative unterstützen möchten, können:
- auf der Homepage www.blankebedenken.org ein „blankgezogenes“ Foto von sich selbst in der Praxis hochladen
- die entsprechende Petition an die Gesundheistminister*innen der Länder unterschreiben
- dem Twitter-Hashtag #blankebedenken folgen.
Medial-Tribune-Bericht