Klinik- und KV-Funktionäre streiten über den Notdienst und die ambulante Versorgung
Die doppelte Facharztschiene in Praxis und Klinik hat keine Zukunft. Davon ist der Präsident der Krankenhausgesellschaft, Dr. Gerald Gaß, überzeugt. Schon heute würden die Kliniken nicht nur die Notfallversorgung, sondern auch die fachärztliche Grundversorgung in vielen ländlichen Regionen übernehmen. Durch den Mangel an Fachkräften werde es auch personell nicht mehr möglich sein, weiterhin in Doppelstrukturen zu denken.
Daran werde auch die „Abwehr der Kassenärztlichen Vereinigungen“ mit der Ankündigung, kleinere Krankenhäuser aufzukaufen, nichts ändern. Folgerichtig sollten Zulassungsbeschränkungen fallen und Kliniken zur ambulanten Versorgung zugelassen werden. Ohnehin seien die Zulassungsbestimmungen überholt, so Dr. Gaß.
KV-Notdienst im Niedergang? Dr. Nordmann: So ein Quatsch!
Dr. Josef Düllings, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren sowie Kongresspräsident des 41. Krankenhaustages, beklagt, dass die Kliniken immer mehr Anteile am ambulanten Notdienst übernehmen müssten. In manchen KV-Bezirken wie etwa in Paderborn würden 70 % der niedergelassenen Ärzte gar nicht mehr am Notdienst teilnehmen. Dr. Düllings ist im Hauptberuf Hauptgeschäftsführer des St.-Vincenz-Krankenhauses in Paderborn.
Die Krankenhäuser sollten in der ambulanten Versorgung wieder eine größere Rolle spielen, meint auch der stellvertretende Vorsitzende der Techniker Krankenkasse, Thomas Ballast. Während der KV-Notdienst im „Niedergang“ sei, hätten die Krankenhäuser immer mehr Zulauf.
Diese Behauptungen treiben den Chef der KV Westfalen-Lippe, Dr. Gerd Nordmann, auf die Palme. „Das ist absoluter Quatsch und konnte auch noch nie nachgewiesen werden.“ Es sei unerträglich, wie Krankenhauslobbyisten immer wieder versuchten, von den eigenen Problemen abzulenken. Denn den Krankenhäusern „gehen mehr und mehr die Fachärzte aus; insbesondere Fachärzte, die der deutschen Sprache wirklich mächtig sind, sind in vielen Kliniken kaum noch anzutreffen“, konterte Dr. Nordmann.
Wer freihaben will, muss für einen Vertreter sorgen
Von „erschreckender Unkenntnis“ zeuge die Behauptung, 70 % der niedergelassenen Ärzte würden sich nicht am Notfalldienst beteiligten. Vertragsärzte seien nur dann befreit, wenn sie Vertreter stellten. Und das seien in der Regel erfahrene Hausärzte, erklärte Dr. Ulli Polenz, Leiter der KV-Bezirksstelle Paderborn.
Dr. Düllings würde wider besseres Wissen argumentieren. Gerade in Paderborn hätten sich KV, Kliniken und Krankenkassen mit der Kampagne „Notaufnahme in Not“ um die Entlastung der Kliniken bemüht. Mit Erfolg, die Patientenzahlen in den KV-Notfalldienstpraxen Paderborn und Büren würden steigen.