Tun wir etwas gegen die Angst unserer Patienten!

Kolumnen Autor: Dr. Günter Gerhardt

Bei all den Schreckensmeldungen ist medizinischer Sachverstand wichtiger denn je. Bei all den Schreckensmeldungen ist medizinischer Sachverstand wichtiger denn je. © iStock/zubada

In diesen Zeiten ist medizinischer Sachverstand gefragt. Nicht nur im konkreten Behandlungsfall, sondern bei der öffentlichen Aufklärung der Patienten über die Coronapandemie. Unser Kolumnist empfiehlt, damit im Wartezimmer zu beginnen.

Jetzt, in der Corona-Zeit, versuchen einige mit medizinischem Halbwissen versehene Politiker, mit Stellungnahmen zu punkten, die viele Bürger hören wollen, um sich in Position für höhere Weihen zu bringen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zeigte allerdings in der ARD-Talkrunde von Anne Will am 26. April so sehr, dass er Kanzler werden will, dass er es vermutlich am Ende nicht werden wird. Dagegen versucht Professor Dr. Karl Lauterbach (SPD) seit Wochen, in Talkrunden das komplexe Thema SARS-CoV-2 zu erklären – und zwar als Arzt die medizinischen Aspekte und als Politiker den Umgang mit der Pandemie.

Warum schreibe ich das? Weil ich der Meinung bin, dass wir Ärzte uns mehr einbringen müssen. Gerade jetzt ist unser medizinischer Sachverstand gefragt. Dazu gehört auch die Virologie – wie viele von uns im Studium schmerzlich erfahren mussten.

Das Statement eines Assistenzarztes im Forum Aerztliche_Berufspolitik hat mich in meiner Meinung bestätigt. Den jungen Kollegen B.D. stört das übertriebene Erzeugen von Angst durch Politik und Medien vor einem angeblich so gefährlichen Virus mit unwissenschaftlichen Maßnahmen und Aussagen. Er hält Demos auf der Straße für ein geeignetes Mittel der Gegenwehr.

Mag sein – aber leider nur mit zu kurzer Halbwertszeit. Jetzt ist der ideale Zeitpunkt für das politische Wartezimmer-TV gekommen, was neuerdings vom „Ärztlichen Nachrichtendienst“ angeboten wird. Das Interesse an Corona wird bleiben, es wird uns noch bis 2022 und länger beschäftigen, was uns den Einstieg ins Wartezimmerfernsehen und desen Akzeptanz durch die Patienten und kritische Kolleginnen/Kollegen erleichtert.

Den Horrorbildern aus Italien und New York können wir etwas entgegensetzen, nämlich unsere Sorge, dass Patienten mit Non-Corona-Beschwerden die Praxis gar nicht oder zu spät aufsuchen. Eine breite Front von Experten, von Kolleginnen und Kollegen aus den Versorgerpraxen und Patienten mit ihren Beschwerden und Sorgen könnten wir zu Wort kommen lassen. Die Fragen würden wir stellen, so wie sie in der täglichen Praxis anfallen.

Wir könnten auch Experten mit ganz anderer Sichtweise einladen, etwa den emeritierten Professor Dr. Sucharit Bhakdi, der bis 2012 das Institut für Medizinische Mikrobio­logie und Hygiene an der Universität Mainz 22 Jahre lang geleitet und 12.000 Ärzte ausgebildet hat (einige von ihnen haben mich auf seine Videos aufmerksam gemacht). In einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin und per Video stellt er kritische Fragen, z.B. zu den Maßnahmen unserer Regierung. Er bemängelt auch den statistischen und politischen Geburtsfehler, Infizierte mit Erkrankten gleichzusetzen.

Einer seiner Kritiker, der Virologe Professor Dr. Alexander Kekulé aus Halle, räumt in einem Radiointerview ein, dass „der Kollege Bhakdi hier den Finger in die Wunde legt“, zumal ja dann die Schlussfolgerung, dass 5 % der Infizierten ein Intensivbett benötigen, auch nicht korrekt ist, sondern nur Panik verbreitet.

Wenn solche Interviews oder Diskussionsrunden von fachkundigen Kolleginnen und Kollegen geführt werden, erübrigen sich auch Zweifel, Beschimpfungen und Kränkungen im Netz, die letztlich nur zur Verunsicherung der Bevölkerung führen.

Ein weiterer Experte, der den Finger in die Wunde legt, ist der Hamburger Rechtsmediziner Professor Dr. Klaus Püschel. Er untersucht mit seinem Team die Corona-Opfer und hält die Angst vor dem Virus für überzogen. Seine Aussage, in Hamburg wären die sog. Corona-Toten auch ohne das Virus gestorben, zeigt, dass er unterscheidet zwischen verstorben „mit“ und „an“ dem Virus.

Dass, wie am 25. April in Kassel geschehen, Corona-Skeptiker demonstrieren, weil sie die Einschränkungen ihrer Grundrechte befürchten, hängt auch damit zusammen, dass Experten mit anderer Sichtweise in den öffentlich-rechtlichen Medien zu wenig Gehör geschenkt wird.

Unsere Aufgabe als Ärztinnen und Ärzte ist es, dafür zu sorgen, dass sich die Angst nicht verselbstständigt. Funktionieren kann das nur mit einer breiten transparenten Information unserer Patienten.