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Ab 60 beginnt die Gleitzeit der Wirbel

Mit dem Begriff der Spondylolisthese (SO) wird das Abgleiten eines Wirbels nach ventral im Vergleich zum kaudal angrenzenden Pendant bezeichnet, wobei eine Vielzahl von Pathologien als Ursache infrage kommt. Die Spondylolyse bezeichnet einen Defekt in der Pars interarticularis eines Wirbelbogens (ein- oder beidseitig). Klinisch stehen zwei Typen der SO im Vordergrund – die isthmische und die erworbene degenerative. Kongenitale Spondylolysen bei Neugeborenen sind eine Rarität, meist entwickeln sich die isthmischen Veränderungen erst in der Kindheit oder Jugend. Am häufigsten betroffen ist mit einem Anteil von über 80 % das Segment L5/S1.
Die pathogenetisch entscheidende Rolle spielt – neben der genetischen Disposition – eine erhöhte Belastung der kaudalen LWS (Torsion, Reklination). Deshalb entwickeln z.B. Turner oder Gewichtheber besonders häufig eine isthmische SO. Ob Symptome auftreten, lässt sich im Einzelfall nicht vorhersagen. Wenn ja, klagen Betroffene über tiefe lumbale Rückenschmerzen, teils mit (pseudo-)radikulärer Ausstrahlung, heißt es in der Leitlinie „Spezifischer Kreuzschmerz“, die unter Federführung der DGOOC* erstellt wurde.
Bandscheibendegeneration spielt eine Schlüsselrolle
Wesentlich häufiger als die isthmische SO ist mit einer geschätzten Prävalenz von bis zu 40 % die degenerative Spondylolisthese. Vornehmlich betroffen sind Frauen im Alter über 60 Jahre, wobei das Segment L4/5 dominiert. Unter den pathogenetischen Faktoren scheint die Bandscheibendegeneration eine Schlüsselrolle zu spielen. Auch hierbei lassen sich drohende Symptome nicht vorhersagen. Treten sie auf, dominieren tiefe lumbale Rückenschmerzen, eventuell mit pseudoradikulärer oder radikulärer (Wurzelirritation) Ausstrahlung. Die Folgen der Kompression reichen von sensiblen Defiziten bis zur Claudicatio spinalis, wobei es in der Regel nicht zu Blasen-Mastdarm-Beschwerden kommt.
Bei klinischem Verdacht ist eine neuro-orthopädische Untersuchung angezeigt (Rumpfstatik, Gangbild, Sensibilitätsstörungen, Paresen etc.). Typisch sind belastungsabhängige Schmerzen, die sich meist im Liegen, Sitzen und in lumbaler Flexion bessern. Als radiologische Basisuntersuchung werden Röntgenbilder der LWS im Stand und in zwei Ebenen empfohlen. Seitliche Ganzwirbelsäulen-Aufnahmen können wertvolle Zusatzinformationen zur sagittalen Balance liefern. Für die Operationsplanung wird eine MRT empfohlen, sie ist auch Methode der Wahl zur Darstellung einer SO-bedingten Spinalkanalstenose.
Keine Therapie und Verlaufskontrolle von Zufallsbefunden
Was die Therapie anbetrifft, besteht bei Erwachsenen mit zufällig diagnostizierter, asymptomatischer Spondylolyse oder isthmischen Spondylolisthese kein Behandlungsbedarf. Radiologische Kontrollen sind nur im Fall von Beschwerden bzw. relevanten Risikofaktoren für eine Progredienz gerechtfertigt.
Sofern keine alltagsrelevanten Paresen auftreten, sollte die symptomatische Spondylolyse ebenso wie die isthmische Spondylolisthese primär konservativ angegangen werden – so der Expertenkonsens. Dieses Vorgehen beinhaltet neben der Schmerzmedikation (ggf. einschließlich Infiltrationen) eine Reduktion der Belastung (z.B. Sportpause, Korsett, Arbeitsplatzoptimierung). Sinnvoll sind auch rumpfstabilisierende Übungen, die der Patient in Eigenregie durchführt. Psychische Begleiterkrankungen sollten gezielt behandelt werden.
Falls sich die Beschwerden unter der konservativen Behandlung nicht hinreichend bessern, kann eine operative Therapie sinnvoll sein, so das Statement der Leitlinienautoren. Bei Kindern genügt eventuell eine „Reparatur“ des Defektes in der Pars interarticularis (sog. Pars Repair). Erwachsene benötigen dagegen wegen der bereits geschädigten Bandscheibe meist eine operative Stabilisierung des betroffenen Segments.
Auch die symptomatische degenerative Spondylolisthese ohne alltagsrelevante Paresen sollte zunächst konservativ behandelt werden (mindestens drei Monate). Erst wenn sich damit keine zufriedenstellende Lebensqualität erzielen lässt, kommt eine Operation infrage. Die chirurgische Therapie umfasst in der Regel ein dekomprimierendes Verfahren, ggf. ergänzt durch eine zusätzliche Segmentstabilisierung. Postoperativ kann eine muskuläre Kräftigung das Rezidivrisiko für Rückenschmerzen reduzieren.
* Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
Quelle: S2k-Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz, AWMF- Register-Nr. 033-051, www.awmf.org
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