
Antikonvulsiva sind bei Rückenschmerz für die Katz

Antikonvulsiva wie Gabapentin und Pregabalin zeigen gute Erfolge gegen neuropathische Schmerzen z.B. bei Diabetikern. Zunehmend kommen sie aber auch bei chronischem Rückenschmerz und radikulären Beschwerden zum Einsatz, obwohl die Leitlinien sie hierfür nicht als Therapie der Wahl empfehlen. So hat in Australien z.B. die Verschreibung von Antikonvulsiva bei Rücken- und Nackenpein durch Hausärzte in den letzten 10 Jahren um mehr als 500 % zugenommen.
Oliver Enke von der Universität Sydney und seine Arbeitsgruppe sind daher im Rahmen einer Literaturrecherche der Frage nachgegangen, ob dies tatsächlich gerechtfertigt ist. Dazu werteten sie neun Studien mit insgesamt 859 Teilnehmern (im Mittel 51 Jahre) aus, in denen die Antikonvulsiva gegen eine Kontrollgruppe getestet wurden. Vier Arbeiten hatten chronische Rückenschmerzen mit oder ohne radikuläre Begleitsymptome zum Inhalt, fünf beschäftigten sich mit lumbalen radikulären Schmerzen. Nur eine Studie schloss auch Patienten mit akuten Beschwerden (< 3 Monate) ein.
Benommenheit, Schläfrigkeit, Schwindel und Übelkeit
Auf den Prüfstand kamen als Medikamente die Gabapentinoide Gabapentin und Pregabalin sowie Topiramat. Die Behandlungsdauer lag zwischen zehn Tagen und zwölf Wochen (im Mittel 6,7 Wochen). Die meisten Untersuchungen erfassten die Beschwerden anhand einer numerischen Rating-Skala und die körperlichen Beeinträchtigungen über verschiedene Indizes.
Das magere Ergebnis: In 14 von insgesamt 15 Vergleichen zeigte sich keine bessere Wirksamkeit in Bezug auf Schmerzlinderung oder Behinderungsgrad – sowohl bei Rückenschmerz als auch bei Ischialgie. Und es ließ sich mit hoch qualitativer Evidenz belegen, dass die Gabapentinoide keine rasche Analgesie bringen. Topiramat zeigte kurzfristig einen gewissen Effekt auf die Schmerzen – nicht aber auf die körperlichen Einschränkungen.
Negative Bewertungen bekamen die Antikonvulsiva auch in puncto Verträglichkeit: In sieben Studien mit insgesamt 754 Teilnehmern gab es Auswertungen der unerwünschten Ereignisse. Darin ermittelte man unter den Gabapentinoiden im Vergleich zu Placebo ein 40 % höheres Risiko für Nebenwirkungen. Am häufigsten klagten die Patienten über Benommenheit oder Schläfrigkeit, Schwindel und Übelkeit.
In einer der beiden Studien zu Topiramat war die Nebenwirkungsrate nicht erhöht – hier hatte die Kontrollgruppe allerdings auch das H1-Antihistaminikum Diphenhydramin als „Placebo“ erhalten, das ebenfalls sedierend wirkt.
Das Fazit der australischen Kollegen: Die Therapie von Rückenschmerzen oder Ischialgien mit Antikonvulsiva lässt sich nicht durch die Evidenz stützen – weder in Bezug auf die Schmerzlinderung noch auf den Behinderungsgrad. Was die Gabapentinoide angeht, schadet man durch die höhere Nebenwirkungsrate sogar mehr, als man nützt.
Quelle: Enke O et al. CMAJ 2018; 190: E786-793
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).