Achtung, Lebergefahr!

Kathrin Strobel

Die Leber führt zu vielen unterschiedlichen Medikamenten eine toxische Beziehung. Die Leber führt zu vielen unterschiedlichen Medikamenten eine toxische Beziehung. © iStock/Andrii Zastrozhnov

Bei der Suche nach der Ursache für eine Leberschädigung kann der Blick in den Medikamentenschrank helfen. Das gilt vor allem dann, wenn andere Auslöser ausgeschlossen sind.

Eine medikamenteninduzierte Leberschädigung (drug-induced liver injury, DILI) kann auf direkte Toxizität zurückgehen oder immunvermittelt-idiosynkratisch sein. Im Falle einer direkten toxischen Wirkung besteht eine klare Dosis­abhängigkeit, und die Schäden zeigen sich bereits kurz nach Exposition gegenüber der Substanz. Die idiosynkratische Form der Hepatotoxizität hingegen ist dosis­unabhängig. Sie manifestiert sich mitunter erst Wochen oder Monaten später und betrifft nur einzelne Patienten, erklärte Professor Dr. Andrea­ Tannapfel­ vom Institut für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum. Die Inzidenz der DILI steigt weltweit an. In China liegt sie mit einem durchschnittlichen Wert von 23,8 pro 100.000 Einwohner in den Jahren 2012–2014 besonders hoch. Bei genauerem Blick auf die auslösenden Medikamente wird klar, warum das so ist: Laut einer Studie an 25.927 Patienten mit gesicherter DILI lassen sich knapp 27 % aller dortigen Fälle auf Präparate der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) zurückführen. Um welche Inhaltsstoffe es dabei konkret geht, ist oft nicht klar, so die Referentin. Das erschwere die Interpretation natürlich.

Medikamente können die Leber auf verschiedene Weise belasten. Zu einer Schädigung der Hepatozyten und damit zur Hepatitis kann es beispielsweise durch Metamizol kommen – „ein Medikament, das man zunächst nicht auf dem Schirm hat“, betonte Prof. ­Tannapfel. Denn es ist ein Schmerzmittel, das sehr häufig genommen wird und bei vielen Patienten zu Hause im Schrank steht. Die Diagnose wird zudem dadurch erschwert, dass die (oft jungen) Patienten häufig einen auffälligen ANA-Titer und weitere Zeichen aufweisen, die für eine autoimmune Genese sprechen könnten.

Auch Cholangiozyten können Schaden nehmen

Auch bei Patienten unter Checkpointinhibitoren kommt es mitunter zur Leberschädigung. In solchen Fällen ist es wichtig, dem Pathologen von der laufenden Immuntherapie zu berichten, erklärte die Kollegin. Denn ansonsten denke man je nach Beschwerdebild ggf. zuerst an eine Autoimmunhepatitis oder eine primär biliäre Cholangitis – und weniger an eine DILI.

Nicht nur Hepatozyten, sondern auch Cholangiozyten können durch bestimmte Medikamente in Mitleidenschaft gezogen werden. Ganz oben auf der Liste der Übeltäter steht Azathioprin. Aber auch Amoxicillin-Clavulansäure, Erythromycin und andere Substanzen führen mitunter zu einer Cholangitis. Eine besondere Rolle nehmen Androgene ein. Denn als Arzt weiß man oftmals nicht, dass der Patient sie nimmt. Es kann daher lohnen, direkt danach zu fragen. 

Geschäftliche Beziehungen

Menschen, die z.B. in der Chemieindustrie, in Reinigungs- oder Entsorgungsfirmen oder an Arbeitsplätzen mit Lösungsmittelumgang arbeiten, haben ein erhöhtes Risiko für berufsbedingte Hepatopathien. Eine toxische Hepatitis kann verursacht werden durch:
  • aromatische Amine (Anilinderivate)
  • aromatische Kohlenwasserstoffe (Toluol, Kresole)
  • Halogenwasserstoffe (Chloroform, Trichlorethen, Tetrachlorethen)
  • Schwermetalle (Blei)
Diese Stoffe führen mitunter zu einer Fettleber:
  • Arsen
  • Dimethylformamid
  • Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT)
  • Hydrazin
  • Methanol
Steatose und Nekrose sind möglich nach Exposition gegenüber:
  • Phosphor
  • Dinitrobenzol
  • Arsen
  • Tetrachlormethan
Zu Fibrose und Zirrhose kommt es ggf. durch:
  • Arsen
  • Methanol
  • Vinylchlorid
Lebertumoren können auftreten nach Umgang mit:
  • Arsen
  • Vinylchlorid
  • Nitrosaminen

Erst ab relativ hohen Dosen der schädlichen Substanzen erleidet das Endothel Schäden. Die Folge können Vaskulitiden, Blutungen und (Mini-)Thromben sein. Eine Sondersituation stellt die nicht-zirrhotische idiopathische portale Hypertension (­NCIPH) dar. Meist sind Männer betroffen, das mittlere Erkrankungsalter liegt bei Ende dreißig bis Mitte vierzig. Ohne Diagnose ist die Prognose schlecht. Kriterien, die für eine ­NCIPH sprechen, sind:
  • mehr als ein klinisches Zeichen der portalen Hypertension
  • keine primäre Lebererkrankung
  • keine Zirrhose
  • Pfortader und Lebervenen sind perfundiert
  • alle anderen Ursachen können sicher ausgeschlossen werden
Aus histopathologischer Sicht ist vor allem wichtig, wie das Endothel aussieht: Liegen sinusoidale Ektasien vor? Finden sich Phlebosklerose, paraportale Shunts oder eine peri­sinusoidale Fibrose? Die Maximalform der nicht-zirrhotischen portalen Hypertension ist die noduläre regenerative Hyperplasie, die sich unter anderem durch Leberwerterhöhungen, portale Hypertension, Aszites und Thrombozyto­penie zeigen kann. Als Auslöser steht Azathioprin im Vordergrund. Aber auch bei Anabolika, bestimmten Chemotherapeutika und manchen Präparaten, die als Nahrungsergänzungsmittel dienen, sollte man daran denken. Auch TCM-Präparate kommen als Ursache infrage, erinnerte die ­Referentin.

Quelle: 10. Hepatologie-Update-Seminar*

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Die Leber führt zu vielen unterschiedlichen Medikamenten eine toxische Beziehung. Die Leber führt zu vielen unterschiedlichen Medikamenten eine toxische Beziehung. © iStock/Andrii Zastrozhnov