Hepatitis A

Definition

Die Hepatitis A (HA) wird durch das Hepatitis-A-Virus (HAV) verursacht. Es handelt sich um ein einzelsträngiges RNA-Virus aus der Familie der Picornaviridae (Genus Hepatovirus).

Der Erreger wird über den Darm ausgeschieden. Charakteristisch für das HAV sind seine ausgeprägte Umweltstabilität, hohe Thermostabilität und hohe Desinfektionsmittelresistenz. Bei Kälte kann das HAV unbegrenzt überleben, im Meerwasser bleibt es 3 Monate infektiös, bei Trockenheit etwa ein Monat. Normale Seifen können den Viren nichts anhaben. HAV ist weltweit verbreitet.

Die Infektionen können sporadisch, endemisch oder in Form von Epidemien auftreten. In Entwicklungsländern mit geringem Hygienestandard machen nahezu alle Menschen die Infektion bereits im Kindes- und Jugendalter durch. In den industriell entwickelten Ländern Europas und Nordamerikas mit hohem Hygienestandard kam es in den letzten Jahrzehnten zu einem erheblichen Rückgang der Erkrankungshäufigkeit. Dies hat dazu geführt, dass hier immer mehr Jugendliche und Erwachsene keine natürliche Immunität gegen HAV aufweisen. Diese Personen sind ohne Impfschutz bei Reisen in Länder mit starker HAV-Verbreitung infektionsgefährdet. Der Anteil der "Reisehepatitis" lag in den letzten Jahren bei etwa 40-50 % aller in Deutschland gemeldeten Hepatitis-A-Fälle.

Der Übertragungsweg ist meist fäkal-oral (z.B. verunreinigtes Wasser, Nahrungsmittel, rohe Meeresfrüchte, mit Fäkalien gedüngte Gemüse und Salate, Schmierinfektion bei engen Kontakten mit Infizierten). Selten wird die Erkrankung auch parenteral (i.v.-Drogengebraucher) oder durch anal-orale Sexualkontakte übertragen.

Die Inkubationszeit beträgt 15 bis 50 Tage. Die Infektiosität entspricht der Dauer der Ausscheidung von HAV im Stuhl (i.d.R. 2 Wochen vor und 2 Wochen nach Erkrankungsbeginn mit Ikterus und Transaminasenerhöhung).

Die Prognose ist gut – es kommt praktisch immer zu einer Ausheilung und chronische Formen sind nicht bekannt. Die Erkrankung hinterlässt eine lebenslange Immunität.

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Symptomatik

Der Verlauf einer HAV-Infektion ist vor allem bei Kindern häufig subklinisch oder asymptomatisch („Schnupfen der Leber“). Prodromalerscheinungen treten in Form von unspezifischen gastrointestinalen Symptomen sowie allgemeinem Krankheitsgefühl auf. Gelegentlich bestehen auch Temperaturerhöhungen.

Ikterischer Verlauf:

  • Risiko bei Kindern unter 6 Jahre < 10%, bei 6-14-jähirgen Kindern ca. 45%, bei Erwachsenen ca. 75%
  • Dauer wenige Tage bis mehrere Wochen
  • Lebervergrößerung (mit Druckempfindlichkeit)
  • Milzvergrößerung (25% der Patienten)
  • Zeichen einer Cholestase
  • häufig Hautjucken (durch intrahepatische Cholestase)
  • gelegentlich flüchtige scarlatiniforme Exantheme
  • bei bis zu 10% der Erkrankten protrahierte Verlaufsformen, die über Monate anhalten, aber folgenlos ausheilen.

Fulminanter Verlauf:

  • bei 0,01-0,1 % der Patienten (bei Hepatitis-B-Virus (HBV)-Trägern bis zu 10%)
  • hohe Letalität, die mit dem Alter ansteigt
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Untersuchung

Untersuchungsbefunde:

  • Vergrößerte und druckempfindliche Leber
  • z.T. Splenomegalie
  • Ikterus (zuerst an den Skleren, dann an der Haut)
  • Dunkelfärbung des Urins und Entfärbung des Stuhls
  • gelegentlich flüchtiges scarlatiniformes Exanthem
Labor

Neben der typischen Klinik kommt es zu folgenden Laborveränderungen:

  • meist deutlich Erhöhung der Transaminasen
  • direktes und indirektes Bilirubin im Serum ↑
  • Urobilinogen im Harn ↑

Bestätigung:

  • Nachweis von anti-HAV-IgM im Serum ist beweisend für eine frische HAV-Infektion (Auftreten bereits bei ersten Krankheitssymptomen – Nachweisdauer etwa 3-4 Monate)
  • Auch anti-HAV-IgG kann schon zu Beginn der Symptomatik bereits positiv sein; ansonsten zeigt der Nachweis von anti-HAV-IgG eine früher abgelaufene Infektion bzw. Impfung und somit Immunität an.
  • Der Nachweis von HAV-Antigen mittels ELISA im Stuhl oder von HAV-RNA (z.B. mittels PCR) im Stuhl oder Blut ist ebenfalls möglich und beweist eine frische HAV-Infektion
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Differenzialdiagnostik

Da sich die Symptomatik der Infektionen durch die verschiedenen Hepatitisvirusarten grundsätzlich nicht unterscheidet, muss auch an Hepatitis B, C und E gedacht werden. werden.

Weitere Differenzialdiagnosen:

  • Infektionen mit Epstein-Barr-Virus, humanen Zytomegalieviren sowie (bei Immundefizienten) mit Herpes-simplex-Viren und Varizella-Zoster-Virus
  • bakterielle Infektionen (z.B. Brucellose, Q-Fieber, Leptospirose oder Echinokokkose)
  • bei Reisen in tropische Länder auch Viral-Hämorrhagisches-Fieber, Malaria und Amöben-Infektion
  • toxische Hepatitis (z.B. durch Alkohol oder Medikamente)
  • Autoimmunhepatitis
Pharmakotherapie und nichtinvasive Therapie

 Eine spezifische Therapie der Hepatitis A existiert nicht.

Symptomatische Maßnahmen:

  • Bettruhe (abhängig vom Zustand) und Behandlung der Allgemeinsymptome (Erbrechen, grippeähnliche Symptome)
  • keine Gabe potenziell lebertoxischer Medikamente
  • absolute Alkoholkarenz
  • in der ersten Zeit kohlenhydratreiche und fettarme Kost
  • Krankenhauseinweisung meist nicht erforderlich, wenn zuhause eine ausreichende Versorgung gewährleistet ist.

Meldepflicht:

Dem Gesundheitsamt muss der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an akuter Virushepatitis sowie der direkte oder indirekte Nachweis von Hepatitis-A-Virus (soweit er auf eine akute Infektion hinweist) namentlich gemeldet werden.

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Prävention

Die beste präventive Maßnahme ist die Hepatitis-A-Impfung.

Als Reiseimpfung wird sie empfohlen für alle Reisen in Länder mit hoher Hepatitis-A-Prävalenz (die meisten tropischen Gebieten, der gesamte Mittelmeerraum, Osteuropa).

Außerdem empfiehlt die STIKO die Impfung für folgende Personenkreise als Indikationsimpfung:

  • Personen mit einem Sexualverhalten mit hoher Infektionsgefährdung (z.B. MSM)
  • Personen mit substitutionspflichtiger Hämophilie
  • Personen in psychiatrischen Einrichtungen oder vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen für Zerebralgeschädigte oder Verhaltensgestörte
  • Personen mit chronischen Leberkrankheiten (einschließlich chronischer Krankheiten mit Leberbeteiligung), die keine HAV-Antikörper besitzen

Impfung bei beruflicher Gefährdung oder aus hygienischer Indikation:

-HA-gefährdetes Personal im Gesundheitsdienst (z.B. in der Pädiatrie und Infektionsmedizin)

  • HA-gefährdetes Personal in Laboratorien (z.B. Stuhluntersuchungen)
  • Personal in Kindertagesstätten, Kinderheimen u.ä.
  • Personal in psychiatrischen Einrichtungen oder vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen für Zerebralgeschädigte oder Verhaltensgestörte
  • Kanalisations- und Klärwerksarbeiter mit direktem Kontakt zu Abwasser

Postexpositionelle Prophylaxe/Riegelungsimpfungen:

  • alle Personen mit Kontakt zu an Hepatitis-A-Erkrankten (vor allem in Gemeinschaftseinrichtungen und Schulen)
  • Impfschutz nach 12 bis 15 Tage

Auch durch Isolationsmaßnahmen soll die weitere Verbreitung der Erkrankung verhindert werden:

  • im Krankenhaus Benutzung einer eigenen Toilette
  • Belehrung über eine sorgfältige Händehygiene
  • Isolierung ist bis zu 2 Wochen nach Auftreten der ersten klinischen Symptome bzw. eine Woche nach Auftreten des Ikterus angezeigt
  • Im Ãœbrigen gelten die Regeln der Standardhygiene.

Personen, die an Hepatitis A erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen in Gemeinschaftseinrichtungen keine Lehr-, Erziehungs-, Pflege-, Aufsichts- oder sonstigen Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben (bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit nicht mehr zu befürchten ist). Das gleiche gilt für Personen, die mit Herstellung, Behandlung oder Verkauf von Lebensmittel zu tun haben (wenn sie dabei mit diesen in Berührung kommen) oder in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung arbeiten.

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Leitlinien

Leitlinien der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE):

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