Hepatitis E
Die Hepatitis E wird durch eine Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) verursacht – ein einzelsträngiges RNA-Virus aus der Familie Hepeviridae. Man unterscheidet die Genotypen 1-4 mit verschiedenen Subtypen.
Hepatitis E kommen weltweit vor. In Deutschland sowie mehreren Ländern Europas und Nordamerikas tritt vor allem die durch HEV Genotyp 3 verursachte Hepatitis E endemisch auf. In Deutschland sind vor allem Personen über 40 Jahre und zu zwei Dritteln Männer betroffen. Todesfälle im Zusammenhang mit Hepatitis E-Infektionen sind hierzulande sehr selten – die Letalität unter den gemeldeten Fällen liegt deutlich unter 1%.
Die Prävalenz von Antikörpern gegen HEV in der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands liegt bei 16,8% (etwa 5% bei unter 30-Jährigen bis zu 25% bei den über 60-Jährigen). Angesichts der gemeldeten Infektionen deutet dies auf einen hohen Anteil asymptomatisch oder subklinisch verlaufender Infektionen hin.
Wichtigstes tierisches Reservoir für den bei uns vorherrschenden Genotyp 3 (HEV-3) ist wahrscheinlich das Hausschwein und möglicherweise auch Wildschweine und selten andere Wildtiere. Die Übertragung findet in Deutschland daher überwiegend über den Verzehr von unzureichend gegartem Schweine- oder Wildfleisch statt. Muscheln können das im Wasser befindliche HEV anreichern und damit auch eine Infektionsquelle darstellen.
Für die in Asien und Afrika hauptsächlich anzutreffenden Genotypen 1 und 2 ist der Mensch das einzige bekannte Reservoir – hier erfolgt die Übertragung vor allem über die Aufnahme von fäkal verunreinigtem Wasser oder Lebensmitteln.
Die Inkubationszeit liegt zwischen 15 und 64 Tagen. Antikörper können mehrere Jahre nach einer Hepatitis E-Infektion persistieren. Es ist jedoch unklar, ob eine lebenslange Immunität nach der Infektion bestehen bleibt.
Die Infektion mit dem in Deutschland vorkommenden HEV-3 verläuft überwiegend asymptomatisch. Symptomatische Infektionen verlaufen in der Regel akut, selbstlimitierend und häufig ohne Ikterus mit milden gastrointestinalen oder Allgemeinsymptomen.
Prinzipiell ist jedoch ein breites Spektrum der klinischen Symptome zu beobachten:
- typische Symptomatik infektiöser Hepatitiden mit Ikterus, Dunkelfärbung des Urins, Entfärbung des Stuhls, Fieber, Oberbauchbeschwerden, Müdigkeit und Appetitlosigkeit
- fulminate Hepatitis (insbesondere bei Vorschädigung der Leber oder unter Immunsuppression)
- neurologischer Manifestationen (z.B. Guillain-Barré-Syndrom, periphere Neuralgien, Meningitis, Pseudotumor cerebri)
- bei immunsupprimierten Personen (z.B. Transplantatempfänger, Patienten mit HIV/AIDS oder während und nach Chemotherapie) auch chronische Hepatitis-E-Infektionen (meist asymptomatisch, aber Leberzirrhose möglich)
Bei ikterischen Verläufen zeigen sich die typischen Untersuchungsbefunde wie Ikterus, Dunkelfärbung des Urins, Entfärbung des Stuhls und Fieber
Labordiagnostik:
- Erhöhung der Transaminasen (überproportional zur Erhöhung der alkalischen Phosphatase und Gamma-GT)
- bei ikterischen Verläufen deutlich erhöhtes Gesamt-Bilirubin im Serum und erhöhtes Urobilinogen im Urin
Bestätigung:
Der Nachweis von Anti-HEV-IgM ist in der Regel beweisend für die frische Infektion. Die Antikörper sind beim immunkompetenten Patienten bereits bei Auftreten der ersten Symptome nachweisbar (insgesamt etwa 3-6 Monate).
Positive IgM-Befunde bei nicht eindeutiger oder fehlender Symptomatik (z.B. im Rahmen von Umgebungsuntersuchungen) sollten durch den direkten Erregernachweis im Blut oder Stuhl mittels z.B. mittels PCR verifiziert werden.
Bei Patienten unter Immunsuppression ist die serologische Diagnostik der Hepatitis E unzuverlässig – hier sollte immer ein direkter Erregernachweis angestrebt werden.
- Virushepatitis (z.B. verursacht durch HAV, HBV, HCV, HDV, aber auch durch die Herpesviren EBV, CMV, HSV und VZV)
- Medikamente (z.B. Paracetamol)
- Alkohol
- andere Gifte (z.B. Pilzgifte)
- Speicherkrankheiten (z.B. Morbus Wilson, Hämochromatose)
- Alpha-1-Antitrypsinmangel
- Autoimmunhepatitis
Die akute Hepatitis E bedarf bei immunkompetenten Personen in der Regel keiner oder allenfalls symptomatischer Behandlung (z.B. körperliche Schonung, Alkoholverzicht)
Ist bei immunkomprimierten Patienten eine Reduzierung der Immunsuppression nicht möglich oder erfolgreich, kommt eine antivirale Behandlung (z.B. mit Ribavirin oder pegyliertem Interferon alpha) in Frage.
Bei chronischer HEV-Infektion sollte ebenfalls eine Viruselimination angestrebt werden, um eine verlängerte Ausscheidungsdauer und weitere Zerstörung des Leberparenchyms zu verhindern.
Bei fulminantem Verlauf ist die Lebertransplantation zurzeit die einzige Therapieoption.
Ein Impfstoff gegen die Hepatitis E ist in China zugelassen und verfügbar, steht in Europa aber nicht zur Verfügung.
Bei Reisen in Gebiete mit endemischer Verbreitung des Genotyps 1 oder 2 sollten die allgemeinen Regeln zur Vermeidung von lebensmittelbedingten Infektionen beachtet werden:
- nicht abgekochtes Leitungswasser und damit hergestelltes Eis für Getränke nach Möglichkeit meiden
- kein Verzehr von rohen oder nicht ausreichend erhitzten Speisen. („Peel it, cook it, or forget it!“)
In Deutschland und anderen Ländern mit Vorkommen des Genotyps 3 und 4 sollten Produkte von Schwein und Wild (z.B. Wildschwein, Reh und Hirsch (insbesondere Innereien) nur gut durchgegart verzehrt und bei der Zubereitung auf eine gute Küchenhygiene geachtet werden.
Quellen:
Leitlinien der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE):
Hepatitis E
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_HepatitisE.html
https://www.leberhilfe.org/lebererkrankungen/hepatitis-e-hev/
Mirko S. Faber, Jürgen J. Wenzel, Wolfgang Jilg, Michael Thamm, Michael Höhle: Hepatitis E Virus Seroprevalence among Adults, Germany. In: Emerging Infectious Diseases. Band 18, Nr. 10, S. 1654–1657
Faber MS, Wenzel JJ, Jilg W, Thamm M, Höhle M, Stark K: Hepatitis E Virus Seroprevalence among Adults, Germany. Emerg Infect Dis. 2012 Oct;18(10):1654-7
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