ADHS - Passionsblume statt Ritalin für das unkonzentrierte Kind?

Wie wirksam bestimmte Heilpflanzen bei der Therapie von Kindern mit ADHS sind, prüften Essener Forscher auf der Basis einer Literaturrecherche. Ausgewertet wurden neun randomisierte kontrollierte Studien mit 464 Patienten, in denen sieben Pflanzen bzw. deren Inhaltsstoffe getestet wurden:
- Nachtkerzenöl
- Melisse (Melissa officinalis)
- Baldrian (Valeriana officinalis)
- Ginkgo biloba
- Pinienrindenextrakt
- Johanniskraut (Hypericum perforatum)
- Passionsblume (Passiflora incarnata)
Um es vorwegzunehmen: Für Melisse, Baldrian und Passionsblume er-gab sich jeweils eine niedrige, für Pinienrindenextrakt und Ginkgo eine limitierte Evidenz dafür, dass sie wirksam sind, so die Autoren. Schwerwiegende Nebenwirkungen unter der Therapie wurden nicht beobachtet. Die anderen Phyto-Zubereitungen zeigten keinen positiven Effekt auf ADHS-Symptome.
Melissa officinalis: Bei der Behandlung von 120 Kindern mit ADHS wurde eine Mischung pflanzlicher Zubereitungen (Hauptbestandteil Melissa officinalis) im Vergleich zu Placebo geprüft.1 In der Verumgruppe konnten signifikante Verbesserungen der Aufmerksamkeit und Selbstkontrolle im Vergleich zur Kontrollgruppe gemessen werden.
Valeriana officinalis: Verglichen wurde der Einsatz einer Baldrian-Urtinktur mit Placebo bei der Behandlung von 30 ADHS-Kindern.2 Kinder, die zwei Wochen mit Urtink-tur behandelt worden waren, zeigten gegenüber jenen aus der Placebogruppe eine signifikante Verbesserung der Symptome.
Passiflora incarnata: Eine weitere Studie prüfte die Effekte einer pflanzlichen Zubereitung der Passionsblume (0,04 mg Passiflora incarnata/kgKG pro Tag) im Vergleich zur Standardmedikation Methylphenidat (täglich 1 mg/kgKG).3 34 Kinder zwischen sechs und dreizehn Jahren nahmen an der Studie teil. Im Untersuchungszeitraum zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der ADHS Rating Scale zwischen den Therapiegruppen, wobei die Bewertung durch Eltern und Lehrer erfolgte.
Die klinische Symptomatik besserte sich sowohl durch die Behandlung mit Passionsblume als auch durch Methylphenidat signifikant. Schwerwiegende Nebenwirkungen traten in keiner der beiden Gruppen auf. Angstzustände und verminderter Appetit traten signifikant häufiger in der Methylphenidat-Gruppe auf.
Melisse, Baldrian und Passionsblume haben eine mäßige Wirksamkeit in der Therapie von ADHS-Symptomen, lautet das Fazit der Autoren. Die Datenlage reiche zwar nicht für eine konkrete Empfehlung aus, aufgrund des bisher gezeigten positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses könnten die Pflanzen aber im Einzelfall durchaus eingesetzt werden.
1. Katz M et al. J Atten Disord 2010; 14: 281-291
2. Razlog R et al. Health SA Gesondheid 2012; 17: 1-7
3. Akhondzadeh S et al. Therapy 2005; 2: 609-614
Quelle: Anheyer D et al. Complement Ther Med 2017; 30: 14-23
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