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Anito-Cel punktet auch bei Patient:innen mit extramedullärer Erkrankung

Die gegen BCMA gerichtete CAR-T-Zell-Therapie Anitocabtagen-Autoleucel (Anito-Cel, s. Kasten) wird zurzeit in einer Phase-1-Studie bei Patient:innen mit rezidiviertem/refraktärem Multiplem Myelom (RRMM) geprüft. Forschende evaluieren darin zwei Dosislevel: 100 x 106 (DL1)und 300 x 106 CAR-T-Zellen (DL2). 40 Erkrankte nahmen teil, wobei 38 nach einer Lymphodepletion die CAR-T-Zellen erhielten, erläuterte Prof. Dr. Binod Dhakal, Medical College of Wisconsin, Milwaukee.1 Von ihnen bekamen
- 32 das DL1 (sechs Personen in der Dosiseskalations- und 26 in der Expansionsphase); mediane applizierte Dosis: 115 Millionen Zellen
- Sechs das DL2
Die Patient:innen im medianen Alter von 66 Jahren waren zuvor mit einer immunmodulatorischen Substanz, einem Proteasominhibitor sowie einer gegen CD38 gerichteten Therapie behandelt worden. Insgesamt hatten sie mindestens drei Therapielinien erhalten oder waren triple-refraktär. 63 % wiesen mindestens eine Hochrisikoeigenschaft auf.
„Die Gesamtansprechrate betrug 100 %“, berichtete Prof. Dhakal. 76 % erzielten eine stringente CR oder CR. Diese Raten fielen in Subgruppen von Personen mit Hochrisikofaktoren, extramedullärer Erkrankung, Hochrisikozytogenetik mit oder ohne Zugewinn von 1q und einem Alter ≥ 65 Jahre ähnlich aus wie in der Gesamtpopulation.
Nach median 26,5 Monaten war das mediane PFS nicht erreicht; das progressionsfreie Überleben nach 24 Monaten betrug 56 %. Von den auswertbaren Teilnehmenden erzielten 89 % eine MRD-Negativität (10-5).
Die Prognose von Patient:innen mit extramedullärer Erkrankung gestaltet sich normalerweise besonders schlecht. „Das wohl beeindruckendste Ergebnis der Studie ist, dass nach einem medianen Follow-up von 33 Monaten das mediane PFS in dieser Gruppe nicht erreicht war“, betonte der Referent. Die PFS-Rate nach 24 Monaten belief sich hier auf 57,5 % und sei damit eine der höchsten, die je für eine solch schwierig zu behandelnde Hochrisikogruppe beobachtet wurde, so Prof. Dhakal.
Neue Sicherheitssignale traten seit der letzten Analyse aus 2023 nicht auf. Das Risiko für CRS und Neurotoxizitäten schien mit höherer Dosierung zu steigen:
- Mit dem DL1 erlitten 94 % der Erkrankten ein CRS vom Grad 1/2 (keine Grad-3-Ereignisse); unter DL2 kam es in 83 % der Fälle zu Grad 1/2- und bei 17 % zu Grad-3-CRS.
- ICANS vom Grad 1/2 entwickelten 16 % in der DL1-Gruppe (3 % Grad 3). Mit DL2 traten bei 17 % ICANS vom Grad 3 auf.
Verzögerte Neurotoxizitäten, Hirnnervenparesen oder parkinsonartige Symptome gab es nicht.
Forschende prüfen Anito-Cel nun in der Phase-2-Studie iMMagine-1. Eingeschlossen sind Personen nach mindestens drei vorangegangenen Therapien. An den Start geht auch die Phase-3-Studie iMMagine-3, in der die CAR-T-Zell-Therapie mit dem Standard bei Patient:innen mit RRMM nach einer bis drei Behandlungslinien verglichen wird.
Bereits zugelassen für Erkrankte mit RRMM ist das ebenfalls gegen BCMA gerichtete Idecabtagen-Vicleucel (Ide-Cel). In der KarMMa-3-Studie verlängerte die CAR-T-Zell-Therapie das PFS von triple-class-exponierten Patient:innen, erinnerte Prof. Dr. Xavier Leleu, Université de Poitiers.2 In der Phase-2-Studie KarMMa-2 wiederum wird Ide-Cel bei RRMM-Erkrankten mit funktionellem Hochrisiko-Myelom untersucht.
Prof. Leleu präsentierte die Ergebnisse aus der Kohorte 2b, in die Personen mit klinischem Hochrisiko-Myelom und frühem Rezidiv (< 18 Monate) nach einer Frontlinetherapie ohne Transplantation eingeschlossen waren. „Es handelte sich dabei um ältere, potenziell gebrechliche Patient:innen“, so der Vortragende. 38,7 % hatten frontline VRd/VTd erhalten. 31 Erkrankte wurden mit Ide-Cel behandelt, das mediane Follow-up betrug 30,1 Monate. Neun Personen waren über 70 Jahre alt. 87,1 % benötigten eine Bridgingtherapie zwischen Apherese und Lymphodepletion.
Struktur von Anito-Cel
Anito-Cel ist eine CAR-T-Zell-Therapie der zweiten Generation mit einer neuartigen Bindedomäne, einem synthetischen Protein namens D-Domäne. Aufgrund ihrer geringen Größe und kompakten Struktur haben D-Domänen-CARs ein geringes Risiko für eine tonische Signalübertragung und sind potenziell effizienter im Abtöten von Myelomzellen.
Hohes Ansprechen und günstiges Risiko-Nutzen-Profil
71 % sprachen komplett auf Ide-Cel an, berichtete Prof. Leleu – und das trotz der hohen Tumorlast und der Hochrisikozytogenetik. Zum Vergleich: Die CR-Rate unter der Frontlinetherapie belief sich auf gerade einmal 3,2 %. „Die Verbesserung mit der CAR-T-Zell-Therapie in der Zweitlinie ist ziemlich beeindruckend“, betonte der Experte. Von den Patient:innen mit ≥ CR waren 75 % nach 36 Monaten MRD-negativ. Das Ansprechen vertiefte sich über die Zeit und 51,6 % konnten eine CR oder besser zum Zeitpunkt der Datenanalyse erhalten. Die mediane Dauer des Ansprechens wurde nicht erreicht. Gleiches galt für das mediane PFS und das mediane OS. Die Raten nach 24 Monaten beliefen sich auf 63,3 % und 78,9 %.
93,5 % der Teilnehmenden entwickelten eine Neutropenie vom Grad 3/4, von der sie sich nach median 1,5 Monaten wieder erholten. Ein CRS erlitten 83,9 % nach median einem Tag; in allen Fällen erreichte es lediglich den Grad 1 oder 2. Zu Neurotoxizitäten kam es bei 9,7 % (kein Grad 3). Indikatoren für die Lebensqualität stiegen im Anschluss an die Therapie kontinuierlich, wobei mindestens 85 % nach drei Monaten eine klinisch bedeutsame Verbesserung oder eine Stabilisierung erzielten.
Damit weise Ide-Cel ein günstiges Risiko-Nutzen-Profil auf, resümierte Prof. Leleu. Die CAR-T-Zell-Therapie habe das Potenzial, in früheren Behandlungslinien zum Einsatz zu kommen.
Quellen:
1. Dhakal B. EHA 2024; Abstract S207
2. Leleu X. EHA 2024; Abstract S208
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