Asthmatherapie: GINA legt sich auf ICS/LABA fest

Manuela Arand

Die Behandlung des Asthma bronchiale wurde von der Global Initiative for Asthma vorzugsweise mit ICS/Formoterol festgelegt. Die Behandlung des Asthma bronchiale wurde von der Global Initiative for Asthma vorzugsweise mit ICS/Formoterol festgelegt. © New Africa – stock.adobe.com

Geht es nach GINA, wird es eine Asthmatherapie ohne inhalatives Steroid künftig nicht mehr geben. Außerdem möchte sie kurz wirksame Beta-2-Agonisten als Monopräparate möglichst verbannen. 

Den Strategiereport der Global Initiative for Asthma jährlich zu aktualisieren ist essenziell. „Denn sonst wird die Lücke zwischen der Einführung neuer Produkte und Leitlinien-Updates statt durch Wissenschaft durch Werbung gefüllt“, betonte Prof. Dr. Helen Reddel von der Universität Sydney, Chairfrau des Wissenschaftlichen GINA-Komitees. GINA veröffent­licht nicht nur jedes Jahr einen neuen Report, sondern sichtet und bewertet zweimal pro Jahr neue Studien sowohl auf Methodik und Ergebnisse hin, als auch insbesondere auf klinische Relevanz. 

Ein Device für Akut- und Dauertherapie

Wie beim letzten Mal führt der Report für die medikamentöse Basistherapie zwei Tracks auf, die sich vor allem durch die Wahl des Relievers definieren. Track 1 sieht die Fixkombination aus ICS und Formoterol vor, dem LABA mit schneller Anflutung und langer Wirkdauer. Damit ist dasselbe Medikament automatisch auch als Dauermedikation ab Stufe 3 festgelegt, sodass der Patient nur einen Inhalator benötigt.

GINA nicht überbewerten!

Der GINA-Report ist zweifellos das wichtigste Dokument fürs Asthmamanagement weltweit. Dennoch muss man sich klarmachen, dass es sich nicht um eine Leitlinie handelt, sondern um evidenzbasierte Empfehlungen, die den State of the Art definieren und weltweit als Basis für nationale Strategien dienen können. Je nach Struktur der Gesundheitsversorgung und Verfügbarkeit medizinischer Ressourcen sollen daraus nationale Leitlinien entwickelt werden. Die Empfehlung für ICS/SABA beispielsweise ist auf deutsche und europäische Verhältnisse noch gar nicht übertragbar, weil es kein zugelassenes Präparat gibt.

Bei Track 2 besteht die Bedarfsmedikation in einem SABA, möglichst in Fixkombination mit einem ICS. Basis für diese Empfehlung legte im letzten Jahr eine Studie, welche die überlegene exazerbationspräventive Wirksamkeit der Fixkombi Budesonid/Salbutamol gegenüber SABA mono zeigte. Gibt es die Fixkombi nicht, soll der Patient unverzüglich einen Hub ICS nehmen, nachdem er das SABA inhaliert hat – und das jedes Mal. 

Track 1 mit ICS/Formoterol ist eindeutig die bevorzugte Strategie“, erklärte Prof. Reddel. Das Risiko schwerer Exazerbationen wird durch sie wesentlich effektiver reduziert als durch SABA-haltige Regimes und sie ist einfacher: Eskalation und Deeskalation erfordern nur eine Dosisänderung. Prof. Reddel hob außerdem den „eingebauten Asthmaaktionsplan“ hervor: Wenn die Symptome zunehmen, kann der Patient umgehend die Dosis beider Wirkstoffe anpassen. 

Studien zu ICS/Formoterol mit über 30.000 Teilnehmern

Es gibt inzwischen Studien und Reviews mit mehr als 30.000 Patienten, die belegen, dass die Maintenance and Reliever Therapy (MART) mit ICS/Formoterol anderen Regimen auf den Stufen 3 bis 5 überlegen ist, selbst wenn sie ein ICS in höherer Dosierung enthalten. Für die Stufen 1 und 2 liegen ebenfalls Daten von rund 10.000 Patienten vor, welche die bedarfsweise Applikation von ICS/Formoterol als effektivste Strategie stützen. 

Regime mit reinen SABA-Präparaten sind ausschließlich für jene Patienten in Erwägung zu ziehen, bei denen die Adhärenz zum separat gegebenen ICS gesichert ist. Schließlich hat man inzwischen sehr solide Evidenz, dass SABA mono sogar Patienten mit nur milden Asthmasymptomen gefährden kann. 

Vorsicht bei der COVID-19-Akuttherapie

Die in der COVID-19-Therapie verwendete antivirale Kombination Nirmatrelvir/Ritonavir, besser bekannt als Paxlovid®, ist mit dem warnende Hinweis versehen, dass bei gleichzeitiger Anwendung von Salmeterol oder Vilanterol ein erhöhtes Risiko kardiovaskulärer Nebenwirkungen besteht. Interaktions-Webseiten empfehlen, die LABA-Gabe für die Zeit der COVID-19-Akutbehandlung (fünf Tage) zu unterbrechen – allerdings ohne das daraus resultierende erhöhte Risiko einer schweren Asthmaexazerbation zu erwähnen. Da eine COVID-wirksame Alternative nicht verfügbar ist, rät GINA, für die Dauer der antiviralen Therapie plus weitere fünf Tage auf eine formoterolhaltige Therapie umzustellen (Schulung nicht vergessen, sofern dafür ein neues Device nötig wird!).

Sollte GINA den Einsatz von SABA als Monopräparat nicht ganz streichen?“, wollte eine Zuhörerin wissen. „Wir müssen realistisch bleiben, was sich erreichen lässt“, antwortet Prof. Reddel. GINA habe bereits 2019 gemeinsam mit der European Respiratory Society ein starkes Statement gegen die SABA-Monotherapie und pro ICS für jeden formuliert. Zudem hat sie immer wieder mit Hinweisen untermauert, mit welchen Strategien sich das erreichen lässt. Umgesetzt werden müsse das aber auf nationaler Ebene. 

Ein Extraabschnitt des neuen Reports formuliert praktische Hinweise, wie die Therapie gemäß Track 1 gestaltet werden sollte. Zur akuten Symptomlinderung, vor Belastung oder Allergenexposition sollte der Patient einen Hub ICS/LABA nehmen. Anders als bei SABA ist es nicht nötig, bis zum nächsten Bedarfshub einige Stunden zu warten. Aber pro 24 Stunden sollten nicht mehr als acht (Beclometason) bzw. zwölf Hübe (Budesonid) genommen werden, wobei die Basismedikation mitzählt. „Die meisten Patienten brauchen aber viel weniger Dosen“, so Prof. Reddel. „In meiner klinischen Praxis sehe ich, dass Patienten maximal drei, vier Extradosen pro Tag nehmen, wenn sie z. B. einen Virusinfekt haben.“ 

Umweltaspekte zählen

Auch an GINA geht die Diskussion um den Umwelt-Impact von Inhalatoren nicht spurlos vorüber. Der Report trägt dem Rechnung mit einer Grafik, die helfen soll, „den besten Inhalator für den individuellen Patienten und den Planeten“ auszuwählen. An vorderster Stelle stehen dabei Wirkstoffwahl und Fähigkeit des Patienten, das Device korrekt zu bedienen. Dann erst folgen Umweltüberlegungen zu Produktion, Treibgasen und Recycling bzw. Entsorgung der Devices. Nicht zu vergessen ist, dass auch Exazerbationen z.B. aufgrund von unzureichender Adhärenz und Anwendungsfehlern erhebliche Umweltnachteile erzeugen, betonte Prof. Reddel. Es gilt die Devise: Der grünste Inhalator ist der, den der Patient benutzen kann und wird.

Einen Asthmaaktionsplan sollten auch MART-Patienten bekommen. Darin ist festgelegt, was sie im Fall einer Symptomzunahme tun sollen, wann sie zum Arzt oder ins Krankenhaus müssen, was einen Asthma­notfall kennzeichnet und welche Maßnahmen dann zu treffen sind. 

Auf Stufe 5 drohen potenziell Probleme

Ein Haken bei der Festlegung auf ICS/Formoterol liegt darin, dass auf Stufe 5 des Asthmatherapieschemas optional die Zugabe eines LAMA vorgesehen ist – mehrere Dreifach-Fixkombis stehen dafür zur Verfügung. Da man nicht weiß, wie sich diese mit ICS/Formoterol bei Bedarf vertragen und welche Dosierungsempfehlungen für sie gelten müssten, ist eine Umstellung der Notfallmedikation oder sogar von Controller und Reliever erforderlich.

Quelle: Kongressbericht ERS/GINA-Webinar (ERS/GINA live advocacy panel discussion: World Asthma Day 2023 – Looking into a healthier future)

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Die Behandlung des Asthma bronchiale wurde von der Global Initiative for Asthma vorzugsweise mit ICS/Formoterol festgelegt. Die Behandlung des Asthma bronchiale wurde von der Global Initiative for Asthma vorzugsweise mit ICS/Formoterol festgelegt. © New Africa – stock.adobe.com