Autoimmunthyreoiditis patientenorientiert behandeln

Elke Engels

In der Schilddrüse eines Hashimotopatienten hat sich ein Keimzentrum (rechts) gebildet. Die dort produzierten Lymphozyten greifen das körpereigene Gewebe an. In der Schilddrüse eines Hashimotopatienten hat sich ein Keimzentrum (rechts) gebildet. Die dort produzierten Lymphozyten greifen das körpereigene Gewebe an. © Science Photo Library/Walker, Dr. E.

Die Autoimmunthyreoiditis ist weit verbreitet, doch sind einige ätiologische und therapeutische Fragen nach wie vor ungeklärt. In jedem Fall sollte die Behandlung stark an der individuellen Situation des Patienten ausgerichtet werden.

Häufigste Ursache einer Schilddrüsenunterfunktion ist die chronische Autoimmunthyreoiditis (AIT). Deren Prävalenz liegt einer epidemiologischen Studie zufolge beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern bei 1 %, berichten Dr. Viktoria Köhler und Professor Dr. Jörg Bojunga vom Uniklinikum Frankfurt am Main. Frauen seien deutlich häufiger betroffen. Als Auslöser einer AIT kommen verschiedene Faktoren in Betracht, darunter genetische Prädisposition, epigenetische Mechanismen und Umwelteinflüsse.

Kontrovers diskutiert wird immer wieder ein kausaler Zusammenhang zwischen Jod und AIT, insbesondere da in vielen Ländern die Jodierung von Speisesalz als wichtige Präven­tionsmaßnahme propagiert wird.

Wie eine aktuelle dänische Studie zeigt, kam es in diesem Land nach Einführung von jodiertem Speisesalz (13 mg/g) zwar zu einem signifikanten Rückgang der nodösen Strumen. Einen nennenswerten Effekt auf die Inzidenzrate der Hypothyreose (mutmaßlich autoimmun) hatte sie aber nicht. Im Gegensatz dazu stehen die Ergebnisse einer Querschnittsstudie aus China, die sowohl Mangel- als auch Überschusszustände als Risikofaktoren für eine AIT nahelegen. Angesichts der hiesigen Essensgewohnheiten raten Dr. Köhler und Professor Bojunga AIT-Patienten, nicht auf jodiertes Salz, wohl aber auf stark jodhaltige Speisen (z.B. Algen) zu verzichten. Die Jodsupplementierung bei Schwangeren mit AIT empfehlen die Autoren uneingeschränkt.

Wechseljahresbeschwerden oder Hypothyreose-Zeichen?

Auch eine Dysbalance der natürlichen Darmflora kann offenbar Einfluss auf die Prognose der AIT nehmen – ein Faktum, das ebenso für andere Autoimmunerkrankungen postuliert wird. So zeigte sich bei Studienteilnehmern mit AIT eine Korrelation zwischen entsprechenden Veränderungen und klinischen Parametern.

Zur Diagnose einer Hypothy­reose kommt es oft erst spät, denn zu Beginn sind die Anzeichen unspezifisch: Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, depressive Verstimmung, Gewichtszunahme, Kälteintoleranz, Haarausfall etc. Diese Veränderungen können auch bei peri- und postmenopausalen Frauen vorkommen, was die Diagnose in dieser Zielgruppe erschwert. Klarheit bringen hier Laborparameter. Relevant ist die Bestimmung des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH) sowie der beiden freien Schilddrüsenhormone freies Thyroxin (fT4) und freies Trijodthyronin (fT3). Eine subklinische Hypothyreose liegt vor, wenn TSH erhöht ist, die fT4/fT3-Werte sich aber im Normbereich bewegen. Hingegen spricht man von einer manifesten Hypothyreose, wenn zum erhöhten TSH-Wert gleichzeitig verminderte fT4/fT3-Werte kommen.

Diese Unterscheidung ist therapeutisch relevant, denn während die Substitutionstherapie mit LT4 bei manifester Hypothyreose Goldstandard ist, wird sie bei subklinischer Ausprägung derzeit international kontrovers diskutiert: Die European Thyroid Association empfiehlt, bei einem TSH-Wert < 10 mU/l altersadaptiert unter Berücksichtigung von Symptomen und Komorbiditäten zu handeln.

In US-amerikanischen Leitlinien spielt dagegen das Alter nur eine nachrangige Rolle. Sie sprechen sich bei TSH-Werten ≤ 10 mU/l dafür aus, neben Hypothyreosesymptomen bevorzugt kardiovaskuläre Risikofaktoren bzw. Komorbiditäten sowie den Nachweis schilddrüsenspezifischer Autoantikörper (TPO-AK und Tg-AK*) zu berücksichtigen – und daraus die individuelle Therapie abzuleiten. Dr. Köhler und Professor Bojunga sehen insbesondere bei jüngeren Patienten Anzeichen für einen Benefit aus der LT4-Gabe. Ein direkter Einfluss auf Körpergewicht, Leistungsfähigkeit, Kognition, sexuelle Aktivität etc. sei jedoch bislang nicht belegt.

Klarheit herrscht hingegen bei der manifesten Hypothyreose, hier ist die LT4-Monotherapie unumstritten. Zu beachten ist jedoch, dass das Präparat nicht gewechselt werden sollte, da die Bioverfügbarkeit sehr unterschiedlich sein kann. Um eine gute Resorption zu erreichen, sollte die Einnahme eine halbe Stunde vor dem Frühstück ohne Begleitmedikation erfolgen. Alternativ kann LT4 auch drei Stunden nach dem Abendessen genommen werden.

Der Nutzen einer LT4/T3-Kombinationstherapie gilt derzeit aufgrund fehlender Langzeitdaten als nicht ausreichend belegt, weshalb eine LT4-Monotherapie leitlinienkonform zu bevorzugen ist.

Fixkombis mit Wirkstoffen in unphysiologischem Verhältnis

Einzige Ausnahme sind Patienten, die trotz laborchemisch belegbarer Euthyreose unter LT4-Monotherapie weiterhin klassische Hypothyreose­symptome zeigen. In diesen Fällen beginnt man mit einer LT4/T3-Dosierung zwischen 13:1 und 20:1, was in etwa den physiologischen Verhältnissen entspricht. Wichtig zu wissen ist, dass fixe Kombinationspräparate ein unphysiologisches Verhältnis von 5:1 oder 10:1 enthalten. Die Autoren raten, LT4 als tägliche Einmaldosis und T3 auf morgens und abends zu verteilen.

* Thyreoid-Peroxidase, Thyreoglobulin- Antikörper

Quelle: Köhler VF, Bojunga J. Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 1329-1336; DOI: 10.1055/a-1258-5674

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In der Schilddrüse eines Hashimotopatienten hat sich ein Keimzentrum (rechts) gebildet. Die dort produzierten Lymphozyten greifen das körpereigene Gewebe an. In der Schilddrüse eines Hashimotopatienten hat sich ein Keimzentrum (rechts) gebildet. Die dort produzierten Lymphozyten greifen das körpereigene Gewebe an. © Science Photo Library/Walker, Dr. E.