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Hypothyreose trotz Thyroxintabletten?

Eine 40-jährige Frau kommt in Ihre Sprechstunde und klagt über anhaltende Müdigkeit, die seit mehreren Wochen besteht. Konkrete Gründe dafür sind zunächst nicht auszumachen. Aber vor drei Jahren war bei ihr eine thyreotoxische Krise aufgetreten, woraufhin die totale Thyreoidektomie erfolgte. Seitdem nimmt die Patientin, bei einem Körpergewicht von 80 kg, jeden Tag 150 µg Levothyroxin ein. Daher ordnen Sie eine TSH-Bestimmung an – und siehe da: Die Konzentration des Thyreoidea-stimulierenden Hormons ist stark erhöht. Das spricht für eine Hypothyreose, trotz der T4-Substitution. Was ist da los?
Carbamazepin und Rifampicin beschleunigen den Abbau
Bevor es an die Therapie geht, sollte man vier wichtige Punkte mit der Patientin besprechen, raten Dr. Laura J. McNally vom Peterborough City Hospital und ihre Kollegen. Vor allem müssen Sie klären, ob die Hypothyreose tatsächlich trotz der Therapie besteht – oder ob die Therapie möglicherweise nicht ankommt.
1. Weiß Ihre Patientin, wie sie die Tabletten einnehmen soll – morgens, nüchtern, eine Stunde vor dem Frühstück?
Das kann bei einem hektischen morgendlichen Zeitplan schwierig sein. Oder vielleicht vergisst sie gelegentlich die Einnahme, weil sie Stress hat? Falls sie das Hormon direkt zum Frühstück schluckt: Was gibt es zu essen und zu trinken? Kaffee oder Grapefruitsaft beispielsweise können die Aufnahme des Thyroxins im Darm hemmen.
2. Oder schluckt sie vielleicht weitere Medikamente – die Sie nicht einmal verschrieben haben müssen und von denen Sie daher auch nichts wissen?
Frei verkäufliche Protonenpumpeninhibitoren können ebenso für eine mangelhafte Resorption sorgen wie einige Nahrungsergänzungsmittel wie Kalziumsupplemente oder Multivitaminpräparate.
3. Auch manche Darmerkrankungen beeinträchtigen die Resorption.
Entwickelt sich gerade eine chronisch entzündliche Darmerkrankung oder hat die Betroffene kürzlich eine Auslandsreise unternommen und sich dabei z.B. mit Giardien infiziert? Fragen Sie also nach Begleitbeschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall.
4. Der Bedarf an Thyroxin kann höher sein als erwartet.
Ist die Patientin schwanger? Nimmt sie Medikamente ein, die dafür sorgen, dass das Hormon schneller abgebaut wird, z.B. Carbamazepin oder Rifampicin? Dann können Sie eine Dosissteigerung um 25–50 µg erwägen.
Wenn Sie gemeinsam mit Ihrer Patientin keine Ursache für die hypothyreote Lage, die sich schließlich auch bei einer Kontrolluntersuchung nach etwa sechs Wochen bestätigt, finden können: Überweisen Sie an den Endokrinologen, raten die Experten. Der Kollege kann Spezialuntersuchungen anordnen und z.B. das TSH mit einer anderen Methode bestimmen lassen. Ebenso kann er klären, ob eine Malabsorption vorliegt.
Quelle: McNally LJ et al. BMJ 2019; 364: I579
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