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Bei Epilepsie Folsäure supplementieren?
Unabhängig von einer Epilepsie senkt die Supplementation von Folsäure in der Frühschwangerschaft das Risiko für Neuralrohrdefekte um 20 bis 60 %. Dabei muss man sehr früh einsetzen, weil der Schluss des Neuralrohrs schon 28 Tage nach der Konzeption stattfindet. Zu diesem Zeitpunkt wissen viele Frauen noch gar nichts von ihrer Schwangerschaft und 50 % aller Schwangerschaften sind ungeplant, verdeutlichte Professor Dr. Bettina Schmitz von der Klinik für Neurologie am Vivantes Humboldt-Klinikum Berlin.
Weniger als 20 % aller Frauen zwischen 15 und 35 Jahren führen eine entsprechende Folsäureprophylaxe durch und auch bei den Patientinnen mit Epilepsie sind es nur 50 %. Diese Gruppe ist aber besonders gefährdet: Zahlreiche Antiepileptika, wie Carbamazepin, Gabapentin, Oxcarbazepin, Phenytoin, Primidon oder Valproat, sind mit erniedrigten Folsäurespiegeln assoziiert. Und man weiß ebenso, dass Frauen unter Antiepileptika ein 2–3-fach erhöhtes Missbildungsrisiko aufweisen, so die Neurologin.
Supplementation von bis zu 5 mg/Tag Folsäure
Der schützende Effekt von Folsäure für das ungeborene Kind ist zwar bei diesen Patientinnen noch nie in Studien nachgewiesen worden – solch eine Untersuchung wird es aber auch aus ethischen Gründen nie geben. In der DGN*-Leitlinie wird trotzdem eine Supplementation von bis zu 5 mg/Tag Folsäure bei jungen Frauen empfohlen – ebenso in den NICE**-Empfehlungen.
Auch Dr. Günter Krämer vom Neurozentrum Bellevue in Zürich räumte ein, dass die Einnahme von Folsäure-Antagonisten, wie Carbamazepin und Phenytoin, mit einem erhöhten Missbildungsrisiko einschließlich der Neuralrohrdefekte einhergehen. Allerdings gelte das auch für andere Antiepileptika ohne diesen Effekt auf die Folsäure.
In einer Studie aus dem Jahre 2000 wurde zudem gezeigt, dass die Zugabe von Folsäure zu antiepileptischen Medikamenten das Missbildungsrisiko eher erhöht – das galt zumindest für kardiovaskuläre Defekte, Gesichtsspalten und Missbildungen des Urogenitaltraktes. Auch Registerdaten zeigen eher ein erhöhtes Missbildungsrisiko unter Folsäuresupplementation. Aus seiner Sicht sollte man eine generelle Empfehlung für alle Frauen mit Epilepsie daher nochmals überdenken.
*Deutsche Gesellschaft für Neurologie **Guidelines des National Institute for Health and clinical Excellence
Quelle: 9. Dreiländertagung 2015 – Gemeinsame Jahrestagung der Deutschen und Österreichischen Gesellschaften für Epileptologie und der Schweizerischen Liga gegen Epilepsie
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