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Bei Thrombose, Fehlgeburt und Nekrose nach Antiphospholipid-Syndrom suchen

Nach den Sydney-Klassifikationskriterien kann von einem Antiphospholipid-Syndrom (APS) ausgegangen werden, wenn persistierend Antiphospholipid-Antikörper (Lupus-Antikoagulanz, Anti-Cardiolipin-IgG oder -IgM, Anti-β2-Glykoprotein-I-IgG oder -IgM) nachgewiesen wurden und mindestens eine klinische Manifestation vorliegt. Dies können vaskuläre Thrombosen und/oder eine Schwangerschaftskomplikation wie wiederholte Fehl-, Tot- oder Frühgeburten sein. Zwischen dem ersten positiven Antikörpertest und dem klinischen Ereignis sollten dabei nicht mehr als fünf Jahre liegen.
Am besten untersucht ist das APS bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE), da schätzungsweise 15 % der Betroffenen ein APS entwickeln. Genaue Zahlen zur generellen Häufigkeit gibt es nicht, schreiben Dr. Elisabet Svenungsson und Dr. Aleksandra Antovic von der Abteilung für Rheumatologie am Karolinska-Institut in Stockholm. Insbesondere bei Thrombosen wird häufig nicht auf Antiphospholipid-Antikörper getestet. Nach einer Metaanalyse beträgt die Prävalenz eines APS bei Patienten mit venösen Thromboembolien etwa 10 %, bei ischämischen Schlaganfällen sind es 14 %, bei Myokardinfarkten 11 % und bei Schwangerschaftsereignissen 6 %. Trotzdem gehört der Antiphospholipid-Antikörper-Test nicht zum allgemeinen Screening auf kardiovaskuläre Risikofaktoren.
Venöse Thromboembolien (VTE)
Die häufigsten Manifestationen bei APS und oft das erste Symptom sind VTE einschließlich tiefer Beinvenenthrombosen und Lungenembolien. Das Risiko für die Thrombosen steigt, wenn mehrere Antiphospholipid-Antikörper positiv sind und insbesondere wenn es sich um Lupus-Antikoagulanzien handelt.Arterielle Thrombosen
Schlaganfälle sind die häufigste Form von arteriellen Verschlüssen, wobei man die Assoziation vor allem bei jüngeren Patienten und bei Vorliegen eines SLE findet. Dabei darf nicht vergessen werden, dass auch Herzklappenerkrankungen mit positivem Antiphospholipid-Antikörper-Testergebnis assoziiert sind. Zwar sind sie keine „offizielle“ APS-Manifestation, dennoch tragen sie mitunter zu thromboembolischen Schlaganfällen bei. Herzinfarkte sind deutlich seltener. Bei jüngeren Patienten mit Myokardinfarkt (< 45 Jahre) findet man gehäuft Anti-Cardiolipin-IgG, was auch ein Risikofaktor für weitere kardiovaskuläre Ereignisse zu sein scheint. Die PAVK ist als APS-Manifestation weniger untersucht, auch hier scheint es aber vor allem bei jüngeren Patienten einen Zusammenhang zu geben.Mikrovaskuläre Thrombosen
Okklusionen kleiner Gefäße findet man meist im Rahmen der rasch fortschreitenden schwersten – „katastrophalen“ – Form des APS (CAPS). Sie können aber auch isoliert auftreten mit einem eher chronischen Verlauf. In den meisten Fällen sind Haut und Nieren betroffen. Die Abklärung erfolgt gewöhnlich über eine Biopsie, so lässt sich z.B. auch die Differenzialdiagnose systemischer Lupus ausschließen. Die mit Antiphospholipid-Antikörpern assoziierte Nephropathie wird mit einer thrombotischen Mikroangiopathie, chronischen Läsionen und Gefäßschäden in Zusammenhang gebracht. Im Bereich der Haut können Verschlüsse der kleinen Gefäße zu Ulzera, Gangrän, Splinter-Hämorrhagie und Thrombophlebitis führen. Weitere Manifestationen, die oft nicht erkannt oder nicht dem APS zugeordnet werden, u.a. weil eine Biopsie in diesen Fällen schwierig ist, sind Osteonekrosen, Hörverlust und ZNS-Symptome.Catastrophic Antiphospholipid Syndrome (CAPS)
Bei dieser schwersten Verlaufsform kommt es zu einem dramatischem „thrombotischem Sturm“ mit thrombotischen Verschlüssen in mindestens drei Organsystemen innerhalb einer Woche. Das Krankheitsbild, das weniger als 1 % der APS-Patienten betrifft, hat eine 37%ige Mortalität. Am häufigsten sind Nieren, Lungen, Gehirn, Herz und Haut betroffen. Zusätzlich wurde beobachtet, dass meistens Infektionen, Operationen, Malignome, die Einnahme von Kontrazeptiva oder Schwangerschaftskomplikationen der CAPS vorangehen. SLE-Patienten sind besonders oft betroffen und haben auch die schlechtere Prognose.Komplikationen in der Schwangerschaft
Hierzu gehören wiederholte frühe Aborte, Totgeburten oder Frühgeburten vor der 34. Gestationswoche durch Präeklampsie, Eklampsie oder Plazentainsuffizienz. Das Risiko ist am größten bei Frauen mit isolierten positiven Lupus-Antikoagulanzien oder dreifach positivem Antiphospholipid-Antikörper-Nachweis (Anti-Cardiolipin, Anti-β2-Glykoprotein I, Lupus-Antikoagulanzien). Auch SLE und vorangegangene Gefäßthrombosen stellen Risikofaktoren dar. Bei chirurgischen Eingriffen oder Hospitalisierung kann prophylaktisch niedrig dosiertes ASS oder niedermolekulares Heparin erwogen werden. Für Patienten mit einem Hochrisiko-Antiphospholipid-Antikörper-Profil wird von der europäischen Leitlinie generell die Gabe von niedrig dosiertem ASS als Primärprophylaxe empfohlen. Orale Kontrazeptiva und Rauchen sollten die Patienten in jedem Fall vermeiden. Zur Sekundärprophylaxe nach der ersten mit Antiphospholipid-Antikörpern assoziierten VTE oder arteriellen Thrombose sind orale Vitamin-K-Antagonisten zur Antikoagulation indiziert. Kommt es zu weiteren Ereignissen kann die Therapie um niedrig dosiertes ASS erweitert oder auf niedermolekulares Heparin gewechselt werden. Zum Einsatz von NOAK fehlt derzeit noch die Evidenz. In therapierefraktären Fällen sind auch Immunsuppressiva denkbar. Ein CAPS wird interdisziplinär ggf. auf der Intensivstation behandelt.Quelle: Svenungsson E, Antovic A. J Intern Med 2020; DOI: 10.1111/joim.13022
Manifestationen außerhalb der Klassifikationskriterien
- Klappenerkrankungen inklusive Libman-Sacks-Endokarditis, vor allem bei systemischem Lupus erythematodes
- neurologische Symptome: z.B. kognitive Störungen, Migräne, Krampfanfälle, Querschnittsmyelitis, Chorea)
- charakteristische aber unspezifische Hautmanifestationen: Livedo reticularis/racemosa, Ulzera (0,5–3 cm) aufgrund begrenzter Hautnekrosen, Fingergangrän
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