Biopsie beim Pankreaskrebs – verzichtbar?
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Die S3-Leitlinie1 empfiehlt bei Vorliegen einer potenziell resektablen karzinomverdächtigen Raumforderung im Pankreas primär die Operation. In etwa 5 % der Fälle wird im Resektat kein Malignom gefunden, die perioperative Mortalität ist mit ebenfalls etwa 5 % nicht zu vernachlässigen. „In vielen Kliniken liegt diese noch deutlich höher“, betonte Professor Dr. Hanno Riess, Ärztlicher Leiter der Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Charité Berlin.
Unbedingt benötigt wird nach seinen Worten eine gute Bildgebung, um die Resektabilität vorab zu prüfen: „Das kann sicher mehr sein als MRT, CT und Endosonographie.“ Jedes dieser Verfahren hat seine Limitationen. Per Endosonographie etwa lässt sich der Pankreaskopf gut darstellen; den Körper und den Schwanz zu beurteilen, wird deutlich schwieriger.
Neuere Verfahren können die Biopsie partiell ersetzen
Fernmetastasen und – soweit möglich – nicht-maligne Prozesse wie eine IgG4-assoziierte Pankreatitis sollten ausgeschlossen werden. Wichtig sind auch die Laborwerte, vor allem CA19-9, aber auch CEA, LDH, Leberwerte und IgG4.
Für verzichtbar hält der internistische Onkologe dagegen die histologische Sicherung, auch in der Leitlinie steht sie nur als vage formulierte Kann-Empfehlung. Prof. Riess zitierte dazu eine Studie an 150 operierten Patienten.2 Davon waren 102 vorher nicht histologisch untersucht worden. Insgesamt fand sich bei der Hälfte ein Malignom. Drei Faktoren erwiesen sich als aussagekräftig: ungewollter Gewichtsverlust von 10 kg, CA19-9 über 37 U/ml und Bilirubin über 3 mg/dl.
Bei Vorliegen aller drei Faktoren betrug der positive prädiktive Wert 100 %, bei zwei von drei immerhin noch fast 90 %. Ein einziger Faktor reichte aus, wenn eine Pankreas-Raumforderung vorlag, um die Vorhersagewahrscheinlichkeit wieder nahe 100 % zu bringen. Für Prof. Riess ist damit klar: „In der Regel brauchen wir die Histologie vor der Resektion nicht.“
Vor die spezifische palliative Therapie setzt die Leitlinie die Biopsie wörtlich als obligat. „Die Evidenz dafür ist praktisch null“, kommentierte er. „Ich persönlich finde, dass der Begriff obligat in einer Leitlinie nichts zu suchen hat. Er bringt einen nicht gerechtfertigten Druck.“
Auswirkung des Biopsiezwangs auf Therapiestudien
Vorgang der Diagnosesicherung ist nicht deutlich
Ungeklärt sei zudem, wie die bioptische Diagnosesicherung erfolgen soll, wie die Erfolgsraten stehen und welche Risiken damit einhergehen, z.B. Blutung und Dissemination. Es gibt entsprechende Fallberichte, vor allem für transgastral entnommene Biopsien aus dem Pankreasschwanz, dass nachfolgend Magenwand-Metastasen entstanden sind.Individuell die Vor- und Nachteile abwägen
Was spricht nun für, was gegen die Biopsie? Bei metastasierten Patienten kann sie die Diagnose sichern und seltenere alternative Histologien wie Lymphome oder neuroendokrine Tumoren ausschließen. Prof. Riess ist zwar für eine Diagnosesicherung, aber gegen eine obligate Biopsie: „Bei einer eindeutigen Bildgebung und einem hohen CA19-9 kann man darauf auch verzichten.“ Das gilt vor allem, wenn die Biopsie voraussichtlich technisch schwierig oder komplikationsträchtig ist. Beim lokal fortgeschrittenen Tumor ohne Metastasen kommt das Disseminationsrisiko dazu.1. leitlinienprogramm-onkologie.de/Leitlinien.7.0.html
2. Tessler DA et al. Am J Surg 2006; 191: 191-197
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