Böses Blut: Was die Thromboseprophylaxe bei Krebspatienten besonders macht
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Oft werden venöse Thromboembolien (VTE) als Zufallsbefund bei Staging-Untersuchungen oder Remmissionskontrollen entdeckt. Sie zählen bei Tumorpatienten zu den häufigsten Todesursachen, weshalb eine adäquate Prophylaxe erforderlich ist. Doch diese erweist sich als zweischneidiges Schwert. Zwar senkt sie einerseits das Thromboserisiko, steigert dafür aber andererseits die Blutungsneigung und die Thrombose-Rezidivrate.
Unterschiedliche Faktoren beeinflussen die paraneoplastische VTE (s. Kasten). Deshalb gilt es, alle individuellen Aspekte für eine adäquate Antikoagulation zu berücksichtigen, schreiben Dr. Sabine Struve vom Klinikum Schwabing in München und Professor Dr. Jürgen Ringwald, Institut für Transfusionsmedizin Lütjensee.
Primärprohylaxe stationär: Die Autoren raten bei größeren chirurgischen Eingriffen (≥ 30 Minuten) zu einer an den Hochrisikobereich angepassten Antikoagulation mit unfraktioniertem Heparin (UFH) oder niedermolekularem Heparin (NMH; z.B. Enoxaparin oder Dalteparin). Ebenso bei Eingriffen unter 30 Minuten, wenn zusätzliche Risikofaktoren vorliegen. Im Alltag hat sich laut den Experten NMH durchgesetzt, das jedoch keine Zulassung für die Primärprophylaxe bei Tumorpatienten besitzt.
Prolongierte Therapie nach Bauch- und Becken-OP
In der Regel beginnt die Prophylaxe präoperativ und geht über den gesamten Klinkaufenthalt. Patienten mit tumorchirurgischen Eingriffen im Bauch- und Beckenraum scheinen von einer prolongierten Prophylaxe über 28–35 Tage zu profitieren. In Studien konnte gezeigt werden, dass diese Variante bei normaler Blutungsneigung das VTE-Risiko signifikant senkt, ohne gleichzeitig die Blutungsrate zu erhöhen.
Risikofaktoren für eine venöse Thromboembolie
- Tumorentität (z.B. Bronchial-, Magen-, Pankreas-, Nierenzell-, Ovarialkarzinom, Lymphom), -lokalisation, -stadium
- Chemotherapie (z.B. Platinderivate)
- Angiogeneseinhibitoren und Immunmodulatoren kombiniert mit Steroiden und/oder Chemotherapie
- Hormontherapie (z.B. Tamoxifen)
- supportive Therapie mit Steroiden oder erythropoesestimulierenden Substanzen
- Operationen
- zentrale Venenkatheter
- Adipositas, hohes Alter, Immobilisation
- Infektionen
Primärprohylaxe ambulant: Eine schützende Antikoagulation für Patienten, die eine ambulante, systemische antineoplastische Therapie erhalten, kommt in Einzelfällen bei besonders hoher thrombophiler Gefahr infrage, so die Autoren.
Aktuelle Studien zur Behandlung des Pankreaskarzinoms konnten beispielsweise belegen, dass eine therapiebegleitende NMH-Prophylaxe das VTE-Risiko signifikant senkt, ohne gleichzeitig die Blutungsneigung zu erhöhten. Die Ergebnisse veranlassten kürzlich die International Initiative on Thrombosis and Cancer dazu, ihre Konsensus-Empfehlung um diese Option zu erweitern. Und Patienten mit einem multiplen Myelom unter Imid in Kombination mit Dexamethason und/oder Chemotherapie profitieren von der zusätzlichen Acetylsalicylsäure- oder NMH-Gabe.
Primärtherapie und Sekundärprophylaxe: Die Primärtherapie einer manifesten VTE erfolgt bevorzugt mit der gewichtsadaptierten Dosierung von NMH – alternativ mit UFH oder Fondaparinux – über ein bis zwei Wochen. Daran schließt nahtlos die frühe Sekundärprophylaxe (i.d.R. bis zu drei Monate) an, ggf. gefolgt von der langfristigen Sekundärprophylaxe.
Einen Monat nach der Thrombose die Dosis senken
In der sogenannten CLOT-Studie ließ sich unter der alleinigen Antikoagulation mit NMH weder eine erhöhte Blutungs- noch eine Rezidivneigung bei den Tumorpatienten feststellen. Folgende NMH haben sich als Standard etabliert:- Dalteparin (200 IE/kg KG 1 x/d oder 100 IE/kg KG 2 x/d)
- Tinzaparin (175 IE/kg KG 1 x/d)
Quelle: Struve S, Ringwald S. NOTSET klinikarzt 2017; 46: 180-186
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